Wasser für die Elefanten, ein Liebesdrama mit Robert Pattinson jenseits von seiner Paraderolle als Edward im Vampirfilm „Twighlight“. Noch dazu an der Seite von Hollywood-Schönheit Reese Witherspoon, die uns schon aus zahlreichen Liebestragödien oder -komödien bekannt ist. Bei dieser Besetzung schwingt das Wort „Liebesschmonzette“ automatisch mit. Ein Publikumsmagnet für alle Robert-Fans, insbesondere pubertierender Mädchen, klar. Aber für wen noch? Ist Wasser für die Elefanten bloß eine weitere Schnulze mit einem attraktiven Schauspielerduo, oder steckt mehr dahinter? webMoritz wollte es wissen.

Wie erwartet füllte sich der Kinosaal nur mit jungen Frauen sowie Paaren jeglichen Alters. Während die Frauen mit leuchtenden Augen aufgeregt miteinander tuschelten, schauten die Herren leicht gequält aus der Wäsche. Sobald sie aber vom Blick ihrer Liebsten gestreift wurden, bemühten sich die meisten eine Miene aufzusetzen, als ob es schon immer ihr sehnlichster Wunsch gewesen sei, Robert Pattinson in Großformat 114 Minuten lang auf der Leinwand zu betrachten. Während eine junge Frau in höchster Vorfreude ihre Freundin fragte, wie lange der Film denn ginge, erwiderte ihre bessere Hälfte mürrisch: „Viel zu lange.“ Doch nach dem vorwurfsvollen Hinweis der Liebsten, dass er freiwillig mitgekommen sei, riss er sich zusammen und wartete brav und ohne weitere Kommentare, bis die Lichter ausgingen.

Whiskey für die Elefantin

Der Titel „Wasser für die Elefanten“ lässt vermuten, dass sich ein leicht bekleideter Pattinson in der Savanne Afrikas gemeinsam mit einer noch leichter bekleideten Witherspoon für die friedlichen Dickhäuter einsetzt, wobei sie sich natürlich unsterblich ineinander verlieben. So ist man als Kinozuschauer ersteinmal ein wenig verwirrt, als der Film nicht mit unter der Sonne Afrikas, sondern mit einem älteren Mann beginnt, der im Regen vor einem Zirkus steht. Als der senil wirkende Greis von den Mitarbeitern entdeckt wird, erzählt er, dass er bei einer der größten Tragödien in der Geschichtes des Zirkus dabei gewesen war. So beginnt er, seine Lebensgeschichte zu erzählen und schon steht Robert Pattinson im Bilde.

An dieser Stelle würden alle 14 bis 16-jährigen Mädchen kreischend von ihrem Sitz hüpfend und alle männlichen Kinobesucher genervt die Augen verdrehen. Glücklicherweise glänzte dieser Teil der Bevölkerung an jenem Abend im CineStar Greifswald mit Abwesenheit. Somit lernten die Kinobesucher ohne Hörsturz den polnischen Medizinstudenten Jacob Jancowski kennen, der 1931 kurz vor seinem Abschluss in Tiermedizin an einer Eliteuniversität steht. Doch der plötzliche Unfalltod seiner Eltern zur Zeit der Wirtschaftskrise macht all seine Pläne zu Nichte und so steht der junge Mann, der vorher alles hatte, plötzlich allein vor dem Nichts. Hoffnunglos verlässt er seine Heimat auf der Suche nach Arbeit. Auf seiner Reise trifft er per Zufall auf den Wanderzirkus Benzini Brothers. Als er bei einer Vorstellung die Artistin Marlena (Reese Witherspoon) sieht, ist er sofort hin und weg. Doch seine Angebete ist leider bereits an Zirkusdirektor August Rosenbluth (Christoph Waltz) vergeben, welcher Jacob als Tierarzt einstellt. Als Jacob sich aber den direkten Anordnung seines Chefes wiedersetzt und ein Pferd erschießt, anstatt es zu heilen, steht er mit einem Bein schon wieder auf der Straße, hätte das Glück dem Zirkus nicht die neue Hauptattraktion, Elefantenkuh Rosie, in die Hände gespielt.

Elefantenkuh Rosie stiehlt Twighlight-Star Pattinson die Show.

Doch trotzdem werden durch sie nicht die Erwartungen, die der Titel im Zuschauer erweckt, erfüllt, denn sie ist nur einElefant und bevorzugt Whiskey. Jacob hat von Anfang an einen Draht zu dem als undressierbar geltenden Tier und kommt als Elefantenpfleger der Benzini Brothers seiner angebetenen Marlena näher. Allerdings leidet er sehr darunter, dass sie sich nicht von ihrem brutalen Gatten trennen kann, dem im Zorn gern mal die Hand gegen Tier sowie Mensch gleichermaßen ausrutscht. Es beginnt ein dramatischer Seiltanz der Gefühle.

Aus Alt macht Neu – ein Erfolgsrezept?

Wie man es bereits aus Twilight gewöhnt ist, legt Robert Pattinson seinen tiefverletzten Blick so überzeugend an den Tag, dass man ihn am liebsten in den Arm nehmen möchte. Jedoch stellt der Zuschauer in diesem Film überrascht fest, dass der Twilight-Schönling nicht nur als Vampir Edward melancholisch leiden kann, sondern tatsächlich dazu in der Lage ist, seine Mundwinkel zu einem Lachen nach oben zu bewegen. Reese Witherspoons Rolle der Frau, die nicht von einem gestörten Mann loskommt, erinnert an ihre oscarprämierte Hauptrolle der June Carter in Walk the Line (2005) . Wie schon in seiner Paraderolle als Nazi-Oberst Hans Landa in Inglourious Basterds von 2009, für die auch er einen Oscar absahnte, besticht Christoph Waltz mit seinem österreichischen Akzent und seinem Charme. Auch hier sind wieder einmal Parallelen zu erkennen, wenn der unberechenbare Rosenbluth in einer Sekunde noch freundlich lächelt, in der nächsten sich einem brutalen Wutanfall hingibt. Die Story eines alten Menschen, der einem jüngeren sein dramatisches Leben und natürlich seiner großen Liebe schildert ist keineswegs neu und kommt uns unter anderem durch „Der seltsame Fall des Benjamin Button“ (2008) verdächtig bekannt vor. Die Dreiecksgeschichte ist wohl so alt wie der Liebesfilm selbst, doch funktioniert immer wieder. So leidet der Zuschauer gemeinsam mit dem jungen Jacob, der immer wieder zusehen muss, wie seine große Liebe trotz Zuneigung zu ihm ihren Mann einfach nicht verlassen kann. Als heimlicher Star des Films drängt Elefantendame Rosie Robert Pattinson allerdings gnadenlos in den Schatten, wenn sie sich heimlich an ihrem Pfleger vorbeischleicht um etwas von ihrem geliebten Whiskey zu stibitzen und sich hinterher selbst wieder anzubinden. Die Darstellung der Dressur des Elefanten rutscht jedoch gänzlich an der Realität vorbei, wenn der Regisseur versucht, seinem Publikum glaubhaft zu machen, dass ein Student ohne Abschluss ein 4.000 Kilo schweres Tier nur durch gutes Zureden dazu bringt, völlig unnatürliche Kunstücke zu vollführen. Die Szenen, in denen Rosie oder andere Zirkustiere misshandelt werden, sind grausam und besonders für die Nerven von Tierfreunden eine echte Herausforderung und lassen erahnen, wie die Dressur und die Haltung von Zirkustieren auf diese wirkt. Daher liefert der Film einen guten Einblick hinter die Kulissen des wahren Zirkuslebens. Nicht ganz so gut umgesetzt wurde das Zeitkonzept: Die Kostümbildner gaben sich zwar größte Mühe, jedoch bedarf es eindeutig mehr, den Zuschauer in die Zeit der 30er Jahre zu versetzen als ein Pünktchentop und ein paar Perlenketten. Genauso lässt die visuelle Umgebung zwischen den prunkvollen Festen der Zirkusleute und besonders bei der Kleidung der Hauptakteure schnell vergessen, dass der Film zur Zeit der Großen Depression spielen soll. Dieser Umstand wird einzig durch die Handlungen und Dialoge der Personen deutlich.

Christoph Waltz als unberechenbarer Schurke, wie auch schon in Inglourius Basterds.

Regisseur Francis Lawrence, der bereits bei „I Am Legend“ Regie führte, versucht mit seinem dritten Film schon tausendmal Dagewesenes neu darzustellen.  Es scheint, als habe er sich eines Rezeptes bedient, um bereits Verbrauchtes wieder im neuem Glanz erstrahlen zu lassen: Man nehme eine Hand voll erfolgreicher Schauspieler aus ihren glanzhaftesten Paraderollen, füge sie in Drama ein und würze das Ganze mit einer Prise Dreiecksbeziehung. Anschließend nehme man ein wenig unverbrauchte Rahmenhandlung sowie einen Eyecatcher, der dem ganzen den erhofften Pepp verleiht und rühre kräftig um. Zum Schluss versehe man das ganze mit einem schmalzigem Hollywood-Ende vom Feinsten- et voila, fertig ist das Erfolgsrezept, das einfach funktionieren muss. So versucht der Film nahezu jeden Zuschauer anzusprechen. Liebe und Drama mit Pattinson für die Mädchen, Reese Witherspoon und den coolen Inglourious Basterds Held Waltz, sowie Schlägerreien und Action für die Jungs, einen Elefanten für die Tierfreunde und eine gehörige Portion Gags für alle. Der Film, der auf einer gleichnamigen Romanvorlage basiert, versucht krampfhaft es allen recht zu machen. Dadurch büßt er einiges an Originalität ein und plätschert ein wenig zu sehr an der Oberfläche vor sich hin. Dennoch gelang es Lawrence im Großen und Ganzen etwas Altes neu zu verkaufen. Allerdings muss man dafür nicht unbedingt ins Kino rennen – die heimische Couch und der DVD-Player tun’s auch.

Bilder: 20th Century Fox