„Es wird so sein, wie mit den Akkuschraubern: Immer wenn du sie brauchst, ist der Akku leer!“ So lautete ein anonymer Kommentar bei einer Umfrage zum Potenzial von Elektroautos in der Region Greifswald.
Mit diesem Thema beschäftigte sich Oliver Reif im Rahmen seiner Diplomarbeit am Geographischen Institut der Universität Greifswald. Seine inzwischen erfolgreich verteidigte Diplomarbeit trägt den Titel „Potenziale der Elektromobilität in peripheren Räumen am Beispiel der Region Greifswald: PKW-Nutzung und CO2-Minderungsszenarien“.
Im August 2009 hatte die damalige Bundesregierung den Nationalen Entwicklungsplan Elektromobilität beschlossen. Bis 2020 sollen 1 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen rollen. In den Städten und Stadtregionen Hamburg, Bremen/Oldenburg, Rhein-Ruhr, Rhein-Main, Stuttgart, München, Dresden/ Leipzig und Berlin/Potsdam wurden zur Erprobung der Elektromobilität Modellregionen eingerichtet. In diesen sollen Technik, Infrastruktur, Nutzverhalten und Ansprüche an Elektroautos unter die Lupe genommen werden. Finanziert wird die Erprobung aus Mitteln des Konjunkturpakets II.
Die Modellregionen gehören ausschließlich zu den Verdichtungsräumen in Deutschland und zählen zugleich zu den europäischen Metropolregionen. Der ländliche Raum wird überhaupt nicht betrachtet. Hier setzte Reif mit seiner Arbeit an und fragt: Wie sehen die Marktentwicklungschancen der automobilen Elektromobilität in peripheren Räumen im Gegensatz zu Metropolregionen aus?
Nutzung im ländlichen Raum möglich
Um diese Frage zu klären, hatte Reif im Juni 2010 per Online-Umfrage die Bevölkerung von Greifswald und dem Umland, genauer aus den Ämtern Landhagen und Lubmin, zu Kfz-Bestand, Nutzung und gefahrene Kilometer, sowie die Einstellung der lokalen Bevölkerung zu Elektroautos befragt. 367 Haushalte mit 528 PKW nahmen an der Befragung teil.
Wichtig ist dabei die Strecke der täglichen Fahrtwege. Zur Arbeit und zurück nach Hause legen die Befragten zu über 90 Prozent unter 100 Kilometer zurück. Die Reichweite einer Akkuladung heutiger Elektrofahrzeuge liegt knapp über 100 Kilometer.
Auch die Parkraumsituation interessierte Reif. Drei Viertel der Fahrzeuge parken zu Hause auf privaten Stellflächen, bei denen die Mehrzahl über einen Stromanschluss verfügt. 71 Prozent der Fahrzeuge werden während der Arbeit durchschnittlich für achteinhalb Stunden auf einem Firmenparkplatz abgestellt. Damit besteht die Möglichkeit die Akkus der Elektrofahrzeuge zu Hause und auf der Arbeit zu laden.
37,5 Prozent der Befragten gaben an, sich den Kauf eines Elektroautos vorstellen zu können. Die Kaufbereitschaft ist also da, auch wenn die Mehrzahl bei der Neuanschaffung eines PKW Gebrauchtfahrzeuge oder günstige Neufahrzeuge bevorzugt. Reif schliesst aus den Ergebnissen, dass der von Bundesregierung für das Jahr 2020 angestrebte Elektrofahrzeug-Marktanteil von circa 2,3 Prozent im Raum Greifswald erreicht werden kann. Elektrofahrzeuge ließen sich sehr gut in die PKW-Nutzungssituation der Region Greifswald, die im übrigen nur wenig von der bundesdeutschen Fahrzeugnutzung abweicht, integrieren.
Nur langfristig hohes CO2-Minderungspotential
Die zweite Frage, die Reif in der Diplomarbeit stellt und beantwortet, lautet: In welchem Maße kann der Einsatz von Elektrofahrzeugen zu Minderungen der CO2-Emissionen in der Region Greifswald beitragen?
Anhand der amtlichen Zulassungsstatistik und der selber erhobenen durchschnittlichen Jahresfahrleistung rechnete Reif aus, dass ein durchschnittliches Auto aus der Region Greifswald einen CO2-Ausstoss von 193 g/km hat. Der Durchschnitt in Deutschland ist mit 179 g/km niedriger. Für die Zukunft geht er von einem Anstieg des Elektrofahrzeuganteils am Gesamtfuhrpark aus und berechnet damit das CO2-Minderungspotenzial.
Kurzfristig betrachtet wird es nur eine geringe CO2-Reduktion geben, da die Marktdurchdringung der Elektroautos vorerst niedrig sein wird. Mit einem steigenden Anteil von Elektroaustos besteht aber langfristig ein großes Reduktionspotential. Die CO2-Gesamtemissionen der Stadt Greifswald würden durch den Einsatz von Elektroautos innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte nur um -0,4 bis -3,8 Prozent zurückgehen. Bis 2050 wäre aber eine Reduktion um 19,5 Prozent möglich. Es zeigt sich auch, dass der Einsatz von Ökostrom für die Elektroautos sich bei steigendem Marktanteil der Fahrzeuge langfristig auszahlt; es wird deutlich weniger CO2 emittiert als beim Strommix der Stadtwerke. Seine Diplomarbeit wird Oliver Reif demnächst online verfügbar stellen.
Am Ende kommt es also drauf an, welchen Strom das Elektroauto tankt. Nur sollte man immer wieder an das Aufladen denken. Sonst ist es tatsächlich so wie mit dem Akkuschrauber, der die Schraube langsam, nur bis zur Hälfte reinschraubt und dann ausgeht.
Fotos: nyuhuhuu // CC BY (Aufmacher), Karte: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Diagramme: Oliver Reif
Interessante Arbeit. Leider wird bei der Ököbilanz von Elektroautos z.Zt. nur betrachtet wie es mit den CO²-Emissionen steht. Die in den E-Autos verwendeten Batterien müssten jedoch ebenfalls in die Berechnung der Ökobilanz eingehen. Ich bin nicht gegen E-Mobilität – sehe aber große Fragezeichen hinter verschiedenen Problemen.
Umweltverbände sehen E-Mobilität auch nicht ungeteilt positiv. Verbrauchsarme Verbrennungsmotoren haben einen hohen Wirkungsgrad. Das Problem sind Menschen die unbedingt ein 200 PS Auto haben wollen. Die deutschen PKW sind übemotorisiert, ein Tempolimit müsste durchgesetzt werden und mehr Verkehr auf die Schiene gebracht werden. So könnten riesige Mengen an CO² eingespart werden.
In dieser Studie: http://pubs.acs.org/doi/pdf/10.1021/es903729a wird ein Elektroauto mit einem modernen Kleinwagen (Euronorm 5, 5.2 l/100km) verglichen. Raus kommt dabei, dass je nach Ökoindex und Strommix das Elektroauto "nur" 40-60% besser ist. Oder umgekehrt, ein Verbrennungswagen, der 4l braucht, ist (wäre) genauso Umweltfreundlich wie ein Elektroauto.
Mit der Batterie sprichst du einen zur Zeit wunden Punkt an. Die Ökobilanz ist wohl noch das kleinste Problem. Viel gravierender ist der Mangel an Rohstoffen. Lithium-Ionen-Akkus sind heute in Mobiltelefonen, Laptops und sollen nun noch in Autos eingebaut werden. Artikel bei SPon dazu: http://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/0,1518…
Solange der Strom, den ich in das Auto reinsauge, auch aus CO2 armen Quellen kommt, macht das Sinn. Der ist zurzeit aber leider deutlich teurer, und Elektroautos erst recht. Prinzipiell würd ich mir auch ein E-Auto zulegen – zumindest für kurze Strecken – sofern ich es eben bezahlen kann. JEdenfalls sollte da deutlich mehr geforscht werden.
Kannst du eine Quelle angeben, dass Strom aus CO2-armen Quellen deutlich teurer ist? Habe da nämlich auch viel gegenteiliges gehört…
Kannst du eine Quelle angeben, dass Strom aus CO2-armen QUellen nicht erheblich teurer ist? Habe da nämlich auch viel gegenteiliges gehört. Hättest meine Aussage einfach mit entsprechenden Quellen widerlegen können.
Aber ich hatte keine Lust. "Gültig bis zum Beweis des Gegenteils" gilt nicht. Ergo: Du und ich, wir haben beide keine sinnvollen Argumente, da wir sie nicht belegen können.
Als Brückentechnologie (kurzes Grinsen) eignen sich sicher auch Erdgas-Autos, da hier bereits eine recht gute Infrastruktur existiert. In Verbindung mit der Produktion von Bio-SNG, wofür in M-V wirkliche gute Potentiale liegen, hätte man dann auch eine CO2 arme Fortbewegungsmethode. Ein vernünftiger -der geringen Bevölkerungsdichte angepasster- ÖPNV tut dann sein übriges.
"der geringen Bevölkerungsdichte angepasster"
ein Bus pro Tag und Richtung..? 😉
Die Diplomarbeit ist in voller Länge unter: http://www.egreifswald.de/ abrufbar.