Wie bereits gemeldet, fand  am Montag die Podiumsdiskussion zur Zukunft des Lehramtsstudiums in Greifswald statt. Die Veranstaltung wurde von Korbinian Geiger, dem Präsidenten des Studierendenparlaments moderiert und war gut besucht. Etwa 150 Besucher verfolgten die bildungspolitische Debatte. Bildungsminister Tesch wurde durch seinen Staatssekretär Udo Michallik vertreten. „Entweder dem Minister ist etwas Wichtiges dazwischen gekommen oder Herr Tesch mag Hochschulpolitik nicht“, bemerkte der Präsident dazu ironisch.

Michallik bleibt in der Defensive

Das Podium

Michallik bremste dieses Späßchen jedoch schnell aus, indem er erklärte, dass Tesch genau so wie Westermann zur Hochschulrektorenkonferenz gefahren sei. Anschließend sprach er darüber, dass man vor habe, die Lehrerbildung in Rostock zu konzentrieren. Niemand wolle „ad hoc die Lehrerbildung abschaffen“ so der Sekretär weiter. Detaillierter wollte sich Michallik zu dieser Angelegenheit nicht äußern, da ihm die von Korbinian Geiger gestellten Fragen offensichtlich unangenehm waren. Stattdessen erzählte er sehr viel darüber, dass die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern in der Zukunft modernisiert werden müsse. Immerhin waren in diesem speziellen Punkt alle Redner d’accord.

Die Debatte um die Zukunft der Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern ist nicht neu. Bereits 1996, 2001 und 2006 wurde diese Studienrichtung an der Greifswalder Alma Mater von der Politik in Frage gestellt, sagte Christian Pegel auf dem Podium. „Hätten die jungen Leute schon früher solche Vorschläge gehabt, dann müssten wir heute nicht so heftig diskutieren“, merkte Michallik daher auch nach der Debatte in Gesprächen kritisch an.

Professor Wolfgang Methling, bildungspolitischer Sprecher der Linken stellte sich ebenfalls ausdrücklich hinter die von ihm mitgetragenen Landtagsbeschlüsse aus den Jahren 2006 und 2007. Die für die Universitäten in Greifswald und Rostock betreffende Passage des entsprechenden Landtagsbeschlusses besagt, dass die Lehrerbildung des Landes Mecklenburg-Vorpommern in Rostock konzentriert werde. Teil der Konzentrierung und Modernisierung der Ausbildung sei die Schaffung eines Lehrerbildungszentrums in Rostock. Von einer Schließung der Lehramtsstudiengänge ist in dem Papier hingegen nicht die Rede. Im Gegensatz zum Bildungsministerium sprach sich Methling eindeutig für den Erhalt der Lehrerbildung in Greifswald aus. Er begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass auch Greifswald über hervorragende Kompetenzen verfüge.

Des Weiteren formulierte Methling drei Leitgedanken, die für die zukünftige Ausgestaltung des Lehramtsstudiums entscheidend sein sollten. So müsse zuerst festgestellt werden, wie viele Plätze in den entsprechenden Hochschulen für die Ausbildung von Lehrkräften vorgehalten werden müssten. Des Weiteren müssten die vorhandenen Kapazitäten bewertet werden. Gegebenenfalls wäre dann eine Nachsteuerung bei der Bereitstellung der Finanzmittel nötig. Im Gespräch mit dem webMoritz präzisierte er später seine Ausführungen. So könne beispielsweise die Lehre in den Erziehungswissenschaften zentral von Rostock aus koordiniert werden. Zwei eigenständige Lehrerbildungszentren seien für die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern hingegen nicht notwendig, um eine qualitativ hochwertige pädagogische Ausbildung sicher zu stellen. Wie er sich die Umsetzung dieser Überlegung genau vorstellt, ließ er allerdings offen.

„Vorpommern braucht besonders viel Strahlung.“

Sebastian Ratjen, Landespolitiker der FDP, bezog sich in seiner Argumentation schwerpunktmäßig auf die Strukturschwäche des Landes Mecklenburg-Vorpommern, speziell auf die des östlichen Landesteiles.

„Je schmalspuriger ich eine Uni ausbaue, desto weniger Ausstrahlung hat sie. Und wenn man sich einmal diese Region hier ansieht, so meine ich, dass Vorpommern noch besonders viel Strahlung braucht.“

Die akademische Ausbildung junger Menschen sei eines der ganz wenigen Potentiale, die das Land habe, sagte Ratjen weiter. Zudem hob der Liberale hervor, dass mit einer Schließung der Lehramtsstudiengänge vor allem die Germanistik und Anglistik bedroht seien. Es gäbe andere Haushaltsposten, wo man wesentlich besser sparen könne als im Lehramt, so Ratjen weiter.

Auf die Ressourcenschwäche des Landes Mecklenburg-Vorpommern bezog sich auch Thomas Schattschneider, Vorsitzender der Landeskonferenz für Studierendendenschaften. Es gäbe keine nachvollziehbaren Gründe für die Abschaffung des Lehramtes in Greifswald. Die Bildungsministerin Anette Schavan verlange außerdem von den Ländern, den Anteil der Bildungsausgaben auf 7% des Bruttoinlandsproduktes zu erhöhen. Mecklenburg-Vorpommern gebe derzeit jedoch nur 4,6% des Bruttoinlandsproduktes für Bildung aus- und sei damit bundesweit Schlusslicht. Angesichts des derzeitigen hohen Durchschnittsalters der Lehrerinnen und Lehrer, sei in naher Zukunft mit einem massiven Bedarf an Lehrkräften zu rechnen, sagte Schattschneider. Dieser könne in Rostock weder durch die dort vorhandenen Kapazitäten, noch durch die dortigen Fächer gedeckt werden.

Philosophische Fakultät beschließt einstimmig Erhalt der Lehramtsstudiengänge

Auch Alexander Wöll, Dekan der Philosophischen Fakultät, stellte sich hinter die Beibehaltung des gegenwärtigen Lehramtes und sprach sich für eine stärkere Vernetzung der betroffenen Fakultäten der beiden Universitäten aus. Die Lehramtsstudiengänge seien ein entscheidendes Rückgrat der Fakultät, weshalb sich die Vertreter derselben für den Erhalt dieser Studiengänge ausgesprochen hat. Die Fakultät könne den Verlust von 2.500 Studenten nicht ohne weiteres kompensieren. Darüber hinaus untermauerte er seine Argumentation durch den Verweis auf die „exzellenten Ergebnisse“ der Fächer Deutsch und Englisch in der CHE-Studie.

Die Kosten für den Aufbau neuer Kapazitäten und den Ausbau der vorhandenen in Rostock seien zudem 3-4 mal höher als wenn der Status quo beibehalten würde. Des Weiteren kritisierte Wöll das Land aufgrund fehlender Planungssicherheit durch ein fehlendes Lehrerbildungsgesetz, das es in anderen Bundesländern gäbe. Zudem zweifelt der Dekan an den Aussagen Michalliks, dass niemand vorhabe, dass Lehramt in Greifswald abzuschaffen. Schließlich sei mit dem ersatzlosen Wegfall einer Professur in der Erziehungswissenschaft bereits ein erster „Warnschuss“ in diese Richtung gefallen.

Auch sein Kollege und Prorektor Professor Michael Herbst hält an dem Erhalt der Lehramtsstudiengänge fest. Unter der Konzentration der Lehrerbildung in Rostock verstehe die Universität nicht, das Lehramt in Gänze nach Rostock zu verlagern. Konzentration bedeute, dass es einen großen und einen kleinen Partner gäbe. Und Greifswald sei in Punkto Lehrerausbildung der kleinere Partner. Des Weiteren könne Rostock im Falle einer kompletten Konzentration nicht genügend Plätze für Schulpraktische Übungen (SPÜ) zur Verfügung stellen. Zudem müsse der „Mythos Rostock“ endlich beerdigt werden. Nur weil Rostock in der Vergangenheit habe bluten müssen, bedeute dies im Umkehrschluss nicht, dass es auch Greifswald treffen müsse.

Christian Pegel (SPD) bemängelte das fehlende Konzept, in welchem eine Schließung der Lehramtsstudiengänge in Greifswald nachvollziehbar begründet werden könne. Er warf dem Bildungsministerium vor, dass es nicht ergebnisoffen, sondern mit dem Ziel, die Lehrerausbildung in Greifswald auslaufen zu lassen, in die Diskussion gehe.

Kommentar von Marco Wagner:

Das Podium brachte keine neuen Informationen zur Zukunft des Lehramtes zu Tage. Die Diskussion am Dienstag lässt sich auf einen kurzen, im webMoritz bereits formulierten Satz reduzieren: Es bleibt nebulös. Im Laufe der Diskussion wurde oft am eigentlichen Thema vorbei geredet. Insbesondere Staatssekretär Michallik merkte man an, dass er nicht bereit war, das Podium zum gegenwärtigen Stand der Dinge zu informieren. Stattdessen wiederholte er sich mehrmals.

Eines wurde in der Diskussion jedoch deutlich: Die Begründung des Bildungsministeriums für eine Abschaffung der Lehramtsstudiengänge ist besonders schwach. Zwar sagt Michallik, dass niemand vorhabe, das Lehramt in Greifswald „ad hoc abzuschaffen“. Allerdings lässt diese Formulierung nach wie vor den Schluss einer langsamen Abwicklung der Lehramtsstudiengänge in Greifswald zu.

Der Minister und sein Sekretär behaupten immer wieder, dass sie mit ihrem Vorhaben nichts weiter machen würden, als die Beschlüsse des Landtages umzusetzen. Doch auch das darf angesichts der Faktenlage stark bezweifelt werden. Ein Landtagsbeschluss, der besagt, dass die Lehramtsstudiengänge bis auf die „Unikatfächer“ nach Rostock umziehen sollen, existiert nicht.

Daher ist es zunächst sehr lobenswert, dass etwa 150 Gäste, darunter fast ausschließlich Studentinnen und Studenten sowie Vertreter der Philosophischen Fakultät an der Veranstaltung teilnahmen. Doch das alleine reicht nicht aus. Erst durch einen dauerhaften Protest, Demonstrationen, Unterschriftensammlungen usw. dürfte eine ernsthafte Chance bestehen, die vom Bildungsministerium geschaffenen vollendeten Tatsachen zu kippen.

Bilder: Luisa Wetzel, Gabriel Kords