Die Hochschulverwaltung plant die Einführung einer Rückmeldegebühr von voraussichtlich 6 Euro pro Semester. Die Immatrikulationsgebühr für die Einschreibung soll gleichzeitig von 10 auf 11 Euro angehoben werden. Damit würden sich die Kosten für den Einschreibung von 50,50 Euro auf 51,50 Euro erhöhen, die Rückmeldungen würden jeweils mit 46,50 Euro (bisher 40,50 Euro) zu Buche schlagen. Bisher ist die Rückmeldung an sich kostenlos: Die 40,50 Euro Semesterbeitrag fließen größtenteils an das Studentenwerk (32,50 Euro), der Rest geht an die Studierendenschaft (8 Euro).

Die Verwaltung hat für die Neuregelung eine Vorlage entwickelt, die nun von der Satzungskomission des Senats auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft wird. Anschließend entscheidet der Senat, ob die Gebühren eingeführt werden oder nicht. Wenn alles problemlos läuft, könnte die Erhöhung bereits ab dem nächsten Wintersemester (2010/11) wirksam werden.

10euroEine Rückmeldegebühr von 10 Euro pro Semester gab es bereits bis zum Jahr 2008. Die damalige Gebühr war jedoch wegen einer fehlenden rechtlichen Grundlage für rechtswidrig erklärt worden, die Uni musste die erhobenen Beiträge zurückzahlen. Die Einschreibegebühr blieb hingegen bis heute bestehen. Inzwischen hat sich die Rechtslage geändert, sodass die Universität die Gebühren nun einführen kann – theoretisch sogar bis zu 50 Euro pro Semester. Der jetzt zum Beschluss stehende Vorschlag hat gute Chancen, verwirklicht zu werden, auch wenn der AStA bereits erklärt hat, die Gebühren grundsätzlich abzulehnen. Nachdem am Freitag ein Bericht über das Vorhaben in der Ostsee-Zeitung erschienen war, gab der AStA noch am selben Tag  eine entsprechende Pressemitteilung heraus. Darin heißt es unter anderem: „Der AStA sieht in der Gebühr einen Versuch, Studierende mit schrittweise steigenden Beiträgen an höhere Kosten zu gewöhnen, um langfristig Studiengebühren in Mecklenburg-Vorpommern einzuführen.“

Christian Wuntke hat sich für den webMoritz mit der geplanten Gebühr auseinandergesetzt und gibt in seiner Analyse einen Überblick über die politischen sowie rechtlichen Hintergründe und die Haltung von Studierendenschaft und Hochschulleitung:

„Verwaltungsgebühr, Studiengebühr – oder was?“

Ein Beitrag zum Beitrags-ABC

Wenn der Kommilitone aus Trier davon spricht, er müsse nächstes Semester wieder die schlappe Summe von 849,39 Euro zahlen, dann ist er der Realität in der so oft ausgerufenen Bildungsrepublik Deutschland ein ganzes Stück näher als die Universitäts- und Hansestadt Greifswald es bislang tapfer ist. Er ist dort angekommen, wo die Mehrzahl der Bundesländer sich inzwischen wohnlich eingerichtet hat, an der Station Studienbeitrag.

275 Euro in Münster, 500 Euro in Bayreuth und ggf. sogar 650 Euro in Trier. Der Student soll sich damit an den Kosten seines Studiums beteiligen. Eine tatsächliche Nutzung des Beitrags ist nicht erforderlich.

Ganz anders verhält es sich dagegen mit dem Verwaltungskostenbeitrag. Er ist Teil des Semesterbeitrags und bezeichnet die Höhe konkret anfallender Kosten für eine konkrete Leistung der Verwaltung. Zu dieser Gebühr kommen vielerorts Sozialbeiträge, Semesterticket und sonstige leistungsbezogene Kosten hinzu, die von jedem Studenten pro Semester zu entrichten sind.

An der Universität Greifswald betrug der Semesterbeitrag bis zur Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald vom 19. März 2008 50,50 Euro (8 Euro Studierendenschaftsbeitrag, 32,50 Euro Studentenwerksbeitrag, 10 Euro Rückmeldegebühr). Mit Unterstützung von Studierendenparlament und Allgemeinem Studierendenausschuss hatte ein Student erfolgreich gegen die bis dahin bestehende Verwaltungsgebühr für die Rückmeldung geklagt. Im Kern wurde durch das Gericht dann auch die fehlende Ermächtigungsgrundlage gerügt, die Erhebung eines Verwaltungskostenbeitrags an sich jedoch nicht.

Neues Gesetz nach Gerichtsurteil gegen die Gebühr

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Die Landesregierung in Schwerin änderte das Landeshochschulgesetz (LHG)

Und so war es eine Frage der Zeit, bis die der Verwaltung für Immatrikulation und Rückmeldung entstehenden Kosten wieder auf die Studierendenschaft umgelegt werden würden. Just in dieser Phase entschieden sich die Koalitionsparteien in Schwerin zu einer Novellierung des Hochschulgesetzes (Drucksache (Ds. 5/1589 und 5/1796)). Man wollte Rechtssicherheit schaffen und den Einnahmeverlusten der Hochschulen seit dem Gerichtsurteil ein Ende setzen. Andere sahen darin den Einstieg zum Studienbeitrag.

Eine der Folgen daraus ist der neue § 16 Abs. 6 Landeshochschulgesetz M-V (LHG), der jeder Hochschule das Recht gibt, bis zu 50 Euro etwa für Verwaltungsdienstleistungen  im Zusammenhang mit Immatrikulation, Rückmeldung, Beurlaubung, Exmatrikulation, Hochschulzulassung, Ausstellung von Ausweisen und Beglaubigungen und die Organisation der Prüfungen zu erheben.

Der Wortlaut stellt die Erhebung solcher Gebühren in den Verantwortungsbereich der jeweiligen Hochschule. Ebenso großzügig war man bei der Bezeichnung der Höhe eines solchen möglichen Verwaltungskostenbeitrags. So heißt es sinngemäß, wenn man solche Gebühren denn erhebe, dann darf die Summe einen Betrag von 50 Euro nicht übersteigen.

Die Formulierung ist ebenso geschickt wie ehrenrührig. Das Land stellt den Universitäten damit im Grunde einen Scheck aus, der im Falle Greifswalds bei voller Ausschöpfung Finanzmittel in Höhe von rund 610.000 Euro pro Semester, also 1,3 Mio. Euro/Jahr, verspricht. Daneben schmückt man sich mit dem Antlitz der Demut, immerhin habe das LHG vorher zwar Verwaltungskostenbeiträge gekannt, aber keine Begrenzung enthalten. Nicht auszudenken also, was passiert wäre, hätte das Land hier nicht regulierend und Maß haltend eingegriffen.

Einem zweiten Blick hält ein solcher Vortrag indes nicht stand. Viel wird getan in dieser Zeit, um den Wettbewerb zwischen den Universitäten zu forcieren. Wie (kleinere und größere) privatwirtschaftliche Unternehmen buhlen sie um Studenten und Professoren, um Geld. Letzteres ist in all zu vielen Fällen der Schlüssel zum Erfolg auf diesem hart umkämpften Markt. Kaum Platz also für Edelmut oder Großzügigkeit, den genannten Scheck kurzerhand auszuschlagen. Und der Zaudernde fragt sich, was einem das Land wohl erwidern würde, stünde man vor dem Schloss in Schwerin und bäte um Geld, ohne den Scheck benutzt zu haben.

Die Hochschule Neubrandenburg nimmt 50 Euro pro Semester

Keine ganz einfache Situation in der sich die so beschenkten Hochschulen des Landes ohne ihr zumindest aktives Zutun nunmehr wieder finden. Die Frage ist nichtsdestotrotz, was man daraus macht. Und da verwundert es nicht- es gibt wie immer solche und solche. Einer nutzt die Gelegenheit und schöpft den vollen Betrag prompt aus (Neubrandenburg). Andere, und soviel muss man der Greifswalder Hochschulleitung zugestehen, kalkulieren die Kosten für Immatrikulation (ca. 11 Euro) und Rückmeldung (ca. 6 Euro), die in jedem Semester entstehen und stellen bei der Erhebung auf die dafür bestehende Ermächtigungsgrundlage ab. Die frühere Ausführung wurde durch das Gericht gerügt, ob die nunmehr geschaffene Regelung einer eventuellen Überprüfung standhalten wird, bleibt abzuwarten. Fest steht indes, dass diese Kosten anfallen und das eine Berechtigung besteht, für diese konkreten Leistungen eine ebenso konkrete Gebühr zu erheben. Es ist insofern lediglich fraglich, auf welchen rechtlichen Sockel man sie stellt.

Folgerichtig liegt und lag der Schwerpunkt der Arbeit innerhalb der Satzungskommission des Senats beim Umgang mit der Immatrikulations- und Rückmeldegebühr darauf, die von der Verwaltung erstellte Kalkulation zu überprüfen. Diese Vorgehensweise hat bisher dazu geführt, dass sich der veranschlagte Betrag verringert hat und im Sommersemester einmal mehr die Universität die Kosten dafür übernehmen wird. Anfang Februar wird eine neue Kalkulation zu besprechen und zu überprüfen sein. Sollten rechtliche Bedenken hiergegen nicht vorliegen, so wird sich im Anschluss an die Kommission der Senat selbst damit befassen. Vor dem Hintergrund des oben Gesagten wird sich die Frage dabei maßgeblich darum drehen, wie die Kalkulation der Kosten und die Verweisung auf die Ermächtigungsgrundlage im LHG zu bewerten ist.

Was nun aber, so fragt man sich, machen die soeben gewählten Vertreter der Studierendenschaft, deren noch amtierende Vorgänger und der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA), der doch ebenfalls für die studentischen Belange Einzustehen hat. War es nicht erklärter Wille der Mehrheit der Studierendenschaft, Verwaltungskostenbeiträge ebenso wie Studienbeiträge abzulehnen?

AStA lehnt die Gebühren grundsätzlich ab

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Die AStA-Vorsitzende Solvejg Jenssen will weiter gegen Gebühren kämpfen.

Neben der oben skizzierten Arbeit der studentischen Kommissionsmitglieder hat vor allem der AStA gegenüber der Landesregierung wie aber auch gegenüber der Hochschulleitung, deutlich gemacht, dass insbesondere das Vorgehen im Zusammenhang mit der Novellierung des LHG M-V und das daraus resultierende Verfahren absolut zu missbilligen sind und die Erhebung der genannten Gebühren grundsätzlich abgelehnt wird. Erstgenannte Auffassung teilt die Hochschulleitung in Person unseres Rektors Herr Prof. Westermann, der seine Kritik bereits mehrfach und durchaus nachdrücklich gegenüber der Regierung zum Ausdruck gebracht hat.

Der Standpunkt der Studierendenschaft wie in Teilen auch der Hochschulleitung wurde durch die Landesregierung zur Kenntnis genommen. Durch die Erhebung einer Rückmeldegebühr über 6 Euro, deren grundsätzliche Umlegung gerichtlich legitimiert ist, hat sich die Universität für die kleinstmögliche Option entschieden, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Folgten alle Hochschulen diesem Beispiel, wäre von einem Erfolg des nun dualen „Finanzierungssystems made by Landesregierung“ nicht zu reden, der Anreiz zu einem Ausbau entsprechend gering. Dennoch behielten die Universitäten ihre Verhandlungsfähigkeit in Bezug auf die Hochschulfinanzierung insbesondere gegenüber der Landesregierung.

Langfristig ist daher wohl auf Landesebene dafür einzutreten, das derzeitige Verfahren zu beenden und im Zuge dessen deutlich zu machen, dass man die Mutlosigkeit der Landesregierung erkannt hat, selbst solche Entscheidungen zu treffen und sie entsprechend begründen zu müssen, statt den schwarzen Peter an die Hochschulen weiterzureichen, die im bundesweiten Wettstreit ohnehin jede Münze dreimal drehen. Im Übrigen ein Grund mehr dagegen kurzfristig in Don Quijote- Manier wider die Hochschule anzureiten.

Ebenso wird eine Hauptaufgabe der nächsten Zeit darin bestehen müssen, jede Form von Kosten auf ihre Existenzberechtigung und ihren Zusammenhang mit der Studierendenschaft hin zu überprüfen. Jeder erhobene Beitrag ohne konkrete Kostenzuweisung ist Studienbeitrag. Zu einem Verzicht auf dessen Erhebung hat sich die Landesregierung im Koalitionsvertrag verpflichtet.

Diese durchaus große Herausforderung mit gebotener Sorgfalt und Ausdauer zu begegnen und im Falle des Erfordernisses geschlossen und entschieden gegen die Einführung eines Studienbeitrages vorzugehen, wird der Lackmustest für eine glaubwürdige und starke studentische Stimme sein.

Bilder: webMoritz-Archiv (Motivbild), User „saturn ♄“ via Flickr (Landtag Schwerin), Marco Herzog (Solvejg Jenssen)