Nachdem wir gestern über den versehentlichen Versand von über 500 E-Mail-Adressen berichtet hatten, wurde heute bereits die nächste Datenpanne mit Bezug auf die E-Mail-Adressen aller Studierenden bekannt. Sebastian Jabbusch machte uns auf eine Funktion auf der Uni-Homepage aufmerksam, mit deren Hilfe es möglich war, die E-Mail-Adressen sämtlicher Uni-Angehöriger abzufragen. Dabei war es sowohl möglich, den Nutzernamen (bestehend aus den Initialen, den letzten beiden Ziffern des Jahres der Immatrikulation und vier weiteren Ziffern) einem echten Namen zuzuordnen als auch umgekehrt den Namen eine Adresse. Das Verzeichnis enthielt offenbar sämtliche E-Mail-Adressen, die unter „uni-greifswald.de“ registriert sind.

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So sah die Seite vor ihrer Abschaltung aus.

Nachdem Sebastian Jabbusch einige Greifswalder Blogger und auch die Pressestelle der Universität auf diesen Sachverhalt hingewiesen hatte, dauerte es nicht mal eine Stunde, bis die Funktion vom Netz ging. Zuvor hatten wir sie aber ausführlich getestet und zumindest zahlreiche Mitarbeiter aus der webMoritz-Redaktion in den Daten gefunden. Sebastian Jabbusch weist zudem darauf hin, dass es auch möglich war, eine Abfrage über den bloßen Vornamen zu machen. So habe etwa die Suche nach „Katja“, „Martin“ und „Anne“ jeweils über 100 E-Mail-Adressen zu Tage gefördert.

Piraten: War der Vorfall „symptomatisch“?

Sebastian Jabbusch, der zugleich auch Landesvorsitzender der Piratenpartei ist,  teilte weiter mit:

„Als Senator und Vorsitzender der Piratenpartei MV bin ich entsetzt, dass diese Funktion immer noch online ist: Die Funktion öffnet Mail-Adressen-Verkäufern und Spam-Kriminellen eine offene Einladung. Aber auch die ganz persönliche Privatsphäre ist so angegriffen. Stalker könnten so MitstudentInnen belästigen. Dies ist besonders schlimm, da die Universität bis heute keine Möglichkeit bietet, die E-Mail Adresse zu ändern.“

Auch Jabbuschs Parteifreund Tristan Varbelow, der bei den StuPa-Wahlen das zweitbeste Ergebnis einfuhr, zeigte sich gegenüber dem webMoritz verwundert:  „Ich finde es bedenklich, wie da mit den studentischen Daten umgegangen wird.“ Zudem stelle sich die Frage, ob der Vorfall symptomatisch für die Sensibilität der Uni zu dem Thema sei. Varbelow bemerkte, dass es immerhin positiv sei, wie schnell seitens der Uni reagiert worden sei.

Der Pressesprecher der Uni, Jan Meßerschmidt, bestätigte uns auf Nachfrage lediglich, dass er die vorerst vorübergehende Abschaltung der Funktion erwirkt habe. Er lasse nun prüfen, ob die Datenabfrage rechtswidrig gewesen sei und ob und wie man sie in Zukunft realisieren könne. Die Abschaltung sei zunächst aber nur eine Sicherheitsmaßnahme aufgrund der gegen die Uni erhobenen „bösartigen Vorwürfe“.

Datenschutzbeauftragter: „Werden ganze Website prüfen.“

Der Datenschutzbeauftragte der Uni-Verwaltung, Mike Naujok, wurde erst durch uns auf den Vorfall aufmerksam und wollte sich daher nicht dazu äußern, ob die Datenbank-Abfrage rechtswidrig gewesen sei. Spontan stelle sich ihm allerdings die Frage, ob die Uni einfach so die E-Mail-Adressen der Kommilitonen veröffentlichen könne. Er wisse nicht, ob es dafür eine Rechtsgrundlage gebe. Ihm sei diese lediglich für die Veröffentlichung der Adressen von Mitarbeiter geläufig.

Naujok äußerte im Licht des heutigen und des gestern bekannt gewordenen Datenschutz-Problems die Vermutung, dass in diesem Punkt in den kommenden Monaten „noch einiges getan werden muss“. Er kündigte an, die gesamte Uni-Homepage datenschutzrechtlich unter die Lupe zu nehmen. Insgesamt gelte es, die Mitarbeiter mehr für das Thema zu sensibilisieren. Auch der Versand der gestrigen E-Mail dürfe sich nicht wiederholen. Dass der webMoritz dem Datenschutzbeauftragten dabei erstmal erklären musste, worin der Unterschied der „Cc-“ und der „Bcc“-Versandmethode bei E-Mails besteht, wirft allerdings nicht gerade ein gutes Licht auf dieses Ansinnen.

Bilder: Screenshot, Motivbild Startseite: „Bleicher“ via flickr