Ein intensiver Wahlkampf, organisatorische Verbesserungen bei  der Wahl und nicht zuletzt der Streit um den Namen der Greifswalder Universität haben der Studierendenschaft eine Rekordwahlbeteiligung beschert.

Bei den Senatswahlen errangen die Mediziner und Naturwissenschaftler einen Erdrutschsieg unter den Studenten, auch bei den Professoren verschiebt sich die Sitzverteilung zu Gunsten dieser beiden Fakultäten. Zu den weiteren Plätzen (wissenschaftliche und weitere Mitarbeiter) können wir derzeit noch keine Aussagen treffen. Die Wahlergebnisse sollten laut Aussage des Wahlleiters Mike Naujock am Freitag veröffentlicht werden, dies ist jedoch bisher nicht geschehen.

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Thomas Schattschneider im Interview

Thomas Schattschneider (Liste „Pro Geistes- und Sozialwissenschaften sowie Lehramt“), der seinen Sitz im Senat verteidigen konnte, sagte gegenüber dem webMoritz: „Traurig ist, dass unsere Liste das Wählerpotential der Philosophischen, der Theologischen und der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät nicht mobilisieren konnte. Diese drei Fakultäten machen zwei Drittel der Greifswalder Studenten aus. Die Listenwahl hat sich aber bewährt, so haben wir zumindest fünf der Mediziner und Naturwissenschaftler draußen gelassen.“

Schattschneider erklärte, er sehe sich zwar als Vertreter der gesamten Universität, dennoch sollten sich die Mehrheitsverhältnisse unter den Studenten auch im Senat widerspiegeln. Er habe sich erhofft, seine Liste könne sieben oder acht Sitze erringen, sechs seien aber immer noch ein  respektables Ergebnis. Zu den Auswirkungen des Ergebnisses sagte er: „Man muss im Auge behalten welche Entscheidungen im Senat anstehen, zum Beispiel die Wahl der Prorektoren, die Zielvereinbarung mit dem Land oder die Weiterführung der Lehramtsausbildung. Durch die überproportionale Vertretung von zwei Fakultäten seien einige Entscheidungen bereits absehbar.“ Die Liste „Volluniversität“, so Schattschneider müsse noch zeigen, ob sie ihrem Namen auch gerecht werde.

Die Auslegung der StuPa-Wahlen ist jedes Jahr erneut ein Kabinettstück politischer Spielereien. Zwar werden lediglich Einzelpersonen gewählt, dennoch streiten sich die hochschulpolitischen Gruppen gerne um den Wahlsieg. Der ging jedoch in diesem Jahr eindeutig an die Grünen. Alle fünf Kandidaten erreichten hervorragende Ergebnisse und landeten unter den zehn Bestplatzierten. Der grüne StuPa-Veteran Alexander Schulz-Klingauf erklärte den Wahlsieg als Ergebnis der guten Arbeit im gesamten letzten Jahr inklusive des Wahlkampfs 2009. In der Pressemitteilung erklärte die Hochschulgruppe, dies sei auch ein Signal an das gesamte Parlament „Gegen Bildungsabbau! Für mehr Nachhaltigkeit! Mehr Bio-Essen in der Mensa“.

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Sitzen im kommenden StuPa: Sandro Teuber, Tatjana Kennedy, Alexander Schulz-Klingauf, Grischka Nissen, Christina Stobwasser

Auch der stellvertretende StuPa-Präsdient Erik von Malottki (Jusos) gab sich zufrieden mit dem Ergebnis seiner Hochschulgruppe. Dank der guten Ergebnisse für Grüne, SDS und Jusos sei er guter Hoffnung die gute Zusammenarbeit im StuPa fortzusetzen und linke Themen auf die Agenda zu setzen.

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Selber nur Nachrücker: Ivo Sieder

Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten brachte sechs seiner Kandidaten ins Parlament und zeigte sich damit durchaus zufrieden. „Mit zwölf RCDSlern hatten wir mit Abstand die größte Kandidatengruppe gestellt. Das nicht alle direkt ins StuPa einziehen, war uns klar. Jetzt stellen wir aber dennoch die größte Fraktion im StuPa mit einer guten Mischung aus erfahrenen und neuen Leuten.“, sagte uns Ivo Sieder, Vorsitzender des Greifswalder RCDS. Man wolle in der kommenden Legislatur allerdings vor allem das Thema Uni-Card angreifen, das im Wahlkampf auf großes Interesse bei den Studierenden gestoßen sei. Auch am Thema Nahverkehr wolle man „dran bleiben“, die Vollversammlung habe zwar das Semesterticket abgelehnt, dennoch wäre ein verbessertes Busnetz in Greifswald wünschenswert.

Wahlleiter Michael Seifert zeigte sich erleichtert und froh über den Ablauf der Wahl. Auf die Schwierigkeiten in der Organisation angesprochen sagte er: „Ich hätte mich natürlich gefreut, wenn wir eine blitzsaubere Wahl hingelegt hätten. Das irgendwo Fehler passieren war aber klar. Vor allem leid tut mir, dass wir Christian Lohse in der Wahlbroschüre vergessen haben.“ Er bedankte sich bei den Mitgliedern des Wahlausschusses und den freiwilligen Helfern, die viel Freizeit geopfert hätten.

Enttäuschung bei „Uni ohne Arndt“

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Noch leicht konsterniert: Sebastian Jabbusch

Am heißesten diskutiert wurde jedoch das Ergebnis der Urabstimmung über den Universitätsnamen. Sichtlich enttäuscht zeige sich Sebastian Jabbusch, Sprecher der Initiative Uni ohne Arndt: „Wir freuen uns über die hohe Wahlbeteiligung und akzeptieren das Ergebnis. Es ist aber gut zu sehen, dass viele Studenten unsere Bedenken gegenüber dem Namenspatron teilen. Der Grund warum wir keine Mehrheit bekommen haben war wohl die Fragestellung. Viele Studenten wollen offenbar nicht nur Universität Greifswald heißen, sondern einen anderen Namenspatron. Die Aufgabe des Senats ist es aus unserer Sicht nach einem neuen Patron zu suchen mit dem sich mehr Studenten identifizieren können.“

In dem Ergebnis sieht Jabbusch aber noch nicht das Ende der Initiative. Man wolle weiter versuchen auf den Senat einzuwirken. Auch eine Wiederaufnahme des Namens durch Studierendenparlament und AStA sieht er kritisch. Die abgestimmte Frage habe sich auf die Gesamtuniversität bezogen, nicht auf die Organe der Studierendenschaft. Ob die Studenten den Namen auch dort wieder verwendet sehen wollten, könne man aus der Urabstimmung nicht ersehen.

Thorben Vierkant, Vorsitzender der Arndt-AG, sieht dies naturgemäß anders. Der Senat müsse Schlussfolgerungen aus der klaren Befürwortung des Namenspatrons durch die Studierendenschaft ziehen. Es sei nun klar, dass „Uni ohne Arndt“ die Studierendenschaft nicht mehr voll hinter sich habe. Das vielfältige Informationsangebot in den letzten Wochen habe dazu geführt, dass viele Studenten sich vor der Wahl zu Gunsten einer Namensbeibehaltung entschieden haben. Jabbuschs Interpretation des Ergebnisses wollte er nicht teilen.

Schafmeister: „Senatoren lassen sich von Urabstimmung nicht beeinflussen“

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Senatsvorsitzende Prof. Schafmeister

Zur Verkündung des Wahlergebnisses war auch die Senatsvorsitzende Prof. Maria-Theresia Schafmeister anwesend. Gegenüber dem webMoritz erklärte sie: „Ich habe mehrfach deutlich gesagt, dass sich die Senatoren nicht grundsätzlich von der Urabstimmung beeinflussen lassen werden, sondern unabhängig entscheiden werden. Das 50:50 Ergebnis zeigt, dass das Thema viele in Greifswald bewegt, aber das Ergebnis auch von der Tagesform abhängt. Kontrovers ist sicher die Person Arndts aber auch die Art und Weise wie die Debatte geführt wird fand ich teilweise entsetzlich.“ Zu der Stellungnahme des Greifswalder CDU-Bürgerschaftsfraktionsvorsitzenden Axel Hochschild sagte Prof.Schafmeister: „Die Aussagen von Herrn Hochschild haben mich sehr wütend gemacht. Die Art und Weise wie er den Senatoren unterstellt hat, sie seien nicht unabhängig fand ich beleidigend.“ Die Debatte sei aber trotz des knappen Ergebnisses nicht umsonst gewesen. Die Studenten hätten ein demokratisches Lehrstück gezeigt, mit all seinen Facetten. Auch wenn das Ergebnis niemandem weiter helfe, bleibe das Thema Arndt wichtig.

Bilder:

Schattschneider, Jabbusch – Sandro Teuber

 Teuber, Kennedy, Schulz-Klingauf, Nissen, Stobwasser, Sieder – privat

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