Eine Woche vor Beginn der Urabstimmung war Ernst Moritz Arndt erneut Thema einer öffentlichen Diskussionsrunde.
Die Evangelische Studentengemeinde (ESG) hatte den Kirchenhistoriker und Arndt-Befürworter Dr. Irmfried Garbe und den Studenten Jan Steyer als Vertreter der Initiative „Uni ohne Arndt“ eingeladen. Über den Ablauf und die Erkenntnisse der Diskussionsrunde diskutierten unsere Leser (mehr oder minder konstruktiv) bereits unter diesem Artikel.
Im Anschluss an die Veranstaltung sprach der webMoritz mit Jan Steyer und Arndt-Befürworter Marco Wagner.
[podcast]http://webmoritz.de/wp-content/uploads/2010/01/arndt_debatte_esg.mp3[/podcast]
Weitere Informationen:
Dr. Garbe hatte sich bereits auf der wissenschaftlichen Anhörung der Senatskomission für die Beibehaltung des Namens ausgesprochen. Seinen Vortrag findet ihr hier als PDF-Datei. Weitere verschriftlichte Vorträge und auch Tondokumente der Anhörung findet ihr auf der Uni-Homepage.
Bilder:
Logo ESG – Evangelische Studentengemeinde
Arndt Büste – Alexander Kendzia
Doktor Garbe – Eric Schümann
Ein kleiner Aufruf an alle Anwesenden des Abends. Schildert bitte Euren persönlichen Eindruck. Wie hat Euch der Abend gefallen, wie bewertet Ihr die Wichtigkeit der Argumente beider Seiten. Ich würde mich freuen wenn hier ein kleines Meinungsbild entsteht. Getreu dem Motto die Gedanken sind frei unter Würdigung des GG bitte ich darum die Meinungen einfach zu akzeptieren. Es ist nicht nötig etwas zu wiederlegen oder wegzudiskutieren. Es sind und bleiben persönliche Meinungen.
Wie hat Euch der Abend gefallen?
Ich fand den Abend durchaus gelungen.
Da Herr Garbe, zurecht, nicht noch einmal das erzählen wollte, was er bereits vor dem Senat erzählte, hat er sich vor allem auf den Christen Arndt gestützt. Das ist, angesichts der Tatsache, dass die Veranstaltung in der ESG stattfand durchaus angemessen und passend.
Er hat vor allem auf die Schrift "Von dem Wort und dem Kirchenliede" verwiesen und dem Zuhörer den Christen Arndt näher gebracht. Er hat unter anderem das "Friedensgebet" vorgetragen und auf die von unserem (;)) Namenspatron angestrebte Reform des Kirchenliedes verwiesen, also dass Arndts Ziel darin bestand, ein gemeinsames Kirchenbuch für alle zu erstellen. Er verwies darauf, dass es seit einigen Jahren ein solches Kirchenbuch gibt und damit Arndts Idee in die Realität umgesetzt wurde. Zudem sind im Anschluss noch zahlreiche Argumente für Arndt bekräftigt worden. So zum Beispiel die Bestrebungen nach einem Einheitsdeutschland oder aber sein Einsatz gegen die Napoleonische Fremdherrschaft, die nach Ansicht der Initiative "Uni-ohne-Arndt" zu keinem Zeitpunkt ihrer Geschichte eine Fremdherrschaft war, sondern ausschließlich positiv und fortschrittlich gewesen sei.
Im Mittelpunkt der Rhetorik des Vortrags stand erneut eine (langwierige) Rechtfertigung Arndts. Zu der von Namenspatronats-Verteidigern stets hoch gehaltenen Wissenschaftlichkeit bei der Untersuchung einer Fragestellung fehlte wieder einmal eines der wichtigsten Elemente:
Die Herausstellung definierter Anforderungen an einen Namenspatron unserer Universität; die Definition persönlicher und akademischer Voraussetzungen, um als Namenspatron geeignet zu sein. Das vom Senat beschlossene Leitbild der Universität Greifswald hätte hier schon einige Anhaltspunkte liefern können, das Garbe auch durch eigene Merkmale hätte ergänzen können.
An solch eine Definition der Voraussetzungen hätte sich ein Vortrag von Garbe dann mühelos anschließen können, in welchem er zu den einzelnen Merkmalen und Arndts Verhältnis gegenüber diesen hätte Stellung nehmen können, um schließlich seinen Schluss darzulegen.
Das hat er aber nicht getan. Sondern er hat in den "luftleeren Raum" fehlender Prämissen hinein ein Plädoyer für Arndt gehalten. So kann niemand zu einem gültigen Schluss kommen. Die Frage, ob Arndt der geeignete Namenspatron ist, konnte mangels einer eindeutigen und für die Teilnehmer verständlichen Klarstellung, was Voraussetzung für eine Eignung ist, von Garbe nicht beantwortet werden.
Mein einziger Schluss an diesem Abend war, dass Garbe sehr gekonnt, mit viel Leidenschaft und sogar unter Bezugnahme auf christliche Moralvorstellungen sein fast liebevolles und auf jeden Fall weitestgehendes Verständnis für die von Arndt-Kritikern angegriffenen Punkte herausgestellt hat und für solch ein Verständnis geworben hat.
Der Abend hat mir daher mäßig gefallen. Der Vortrag von Imfried Garbe ging auch leider in keinster Weise auf die Wünsche der Studierenden ein, deren Schilderung er zu Beginn noch erbeten hatte. Im Übrigen war der Vortrag lang, ohne jedoch Aspekte hervorzuheben, die nicht im Vorfeld vielfach zu lesen waren.
Vielmehr als die Beiträge der Diskutanten haben die Wortmeldungen aus dem Publikum mal wieder gezeigt, worum es eigentlich geht. Abseits der akademischen Debatte ist Arndt die Gallionsfigur für revanchistische pommersche Holzköpfe (sorry) wie z.B. Herrn Wächter, denen es schlicht nicht passt, dass junge aufgeklärte Menschen ihr Heiligtum angetastet haben. Diesen Leuten geht es nicht um die Außenwirkung der Greifswalder Uni, nicht um die Belastung, die die Studierendenschaft mit einem antisemitischen, nationalistischen Namenspatron ertragen muss – denen geht es nur darum, dass alles fein bleiben soll, wie es war, keine Auseinandersetzung mit der Vergangenheit, Augen und Ohren zu.
Dass zudem noch zwei Faschos da waren, von denen sich einer kurz in Begriffsunterminierung versucht hat, spricht ebenfalls Bände.
Holzkopf ist ne Beleidigung?? Ok, dann sorry dafür
"Dass zudem noch zwei Faschos da waren, von denen sich einer kurz in Begriffsunterminierung versucht hat, spricht ebenfalls Bände."
Woher willst du wissen, dass dieser eine, der angemerkt hat, dass der Begriff des Antisemitismus erst nach Arndts Tod aufkam und Arndt aus diesem Grund noch nicht als Antisemit bezeichnet werden könne, ein Faschist war? Kennst du ihn persönlich, dass du das genau weißt? Oder ist es ein stadtbekannter Nazi?
Wie gesagt, ich studiere hier erst seit 4 Semestern, da kann es ja sein, dass ich etwas noch nicht weiß.
Ich hoffe, du ziehst diese Schlussfolgerung nicht bloß daraus, weil er sehr kurze Haare hatte…
Es ging in diesem Beitrag explizit um die Akzeptanz von Meinungsäußerungen, siehe Beitrag 1. Das heißt, dass Beiträge diesmal widerspruchsfrei stehen gelassen werden dürfen. Es wäre ganz reizend, wenn du ausnahmsweise mal nicht nur Lesekompetenz, sondern auch Textverständnis zeigen würdest. Danke.
Der Abend war sehr spannend. Es haben Menschen allen Alters (ok, von Säuglingen und Kleinkindern abgesehen…) die Beiträge beider Redner zu Kenntnis genommen und sich an der anschließenden Debatte beteiligt. Schon während des Vortrages zeigte sich die fehlerhafte Vorbereitung von Uoa, die bereits während des Vortrages wegen inhaltlicher Fehler korrigiert werden mussten. Ich an ihrer Stelle hätte mich geschämt. Noch peinlicher wurde es für UoA gegen Ende der Debatte. Herr Alvermann zeigte eindrücklich zahlreiche Fehler in ihren Beiträgen auf. Ein Höhepunkt war die Tatsache, dass ein Zitat über Hass bei Arndt von Seiten der UoA so verkürzt wurde, dass einem bei Betrachtung dieses Zitats allein die Haare zu Berge stehen konnten. Glücklicherweise wurde es zufällig noch um seinen weiteren Kontext ergänzt, was es in gänzlich anderem Licht erscheinen lies. Dies war ein Paradebeispiel für den unseriösen, verkürzenden Umgang mit Arndtzitaten von Seiten der UoA-Initiative und lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass sie dieses Zitat nicht aus einer Originalquelle hatten, die sie angeblich doch so reichlich rezipiert haben.
Alles in allem konnte man mit dem Abend zufrieden sein, wenn man sich von ihm eine Darstellung der zahlreichen Schwächen von UoA gewünscht hat. Ich habe vollstes Verständnis für jeden UoA-ler, der diesen Abend nicht mochte, da sie eindrücklich ihr niedriges Niveau gezeigt bekamen.
Ich an deiner Stelle würde mich schämen, so zu sprechen, wenn – wie bereits an anderer Stelle erwähnt – du dir ne ehrliche und faire Debatte wünschst, es dir aber nicht verkneifen kannst, Leute der UoA- Initiative zu verhöhnen.
Lass stecken Steffen, über deine Ausfälle in gewissen StudiVZ- Gruppen müssen wir gar nicht erst reden. Lässt sich das alles mit deinem christlichen Glauben vereinbaren? "Du sollst deinen nächsten lieben wie dich selbst" Schonma gehört? Dein Gefasel hier zeugt von tief sitzender Verbitterung. Woher kommt die nur?
Also Z_wie_Zorro, da ihn nach einmaliger Lektüre nicht zur Kenntnis genommen hast oder nicht danach handeln wolltest (wie dein Beitrag gezeigt hat), wiederhole ich einen Satz aus dem Beginn dieser Beiträge, in der Hoffnung, dass du ihn dann wahrnimmst und beherzigst( eine mögliche Entwicklung zum Positiven will ich dir ja nicht absprechen): "Getreu dem Motto die Gedanken sind frei unter Würdigung des GG bitte ich darum die Meinungen einfach zu akzeptieren". Ich habe deine Meinungsäußerung nicht kommentiert und somit die eingangs erwähnten Regeln akzeptiert, das erwarte ich dann auch von dir in Hinblick auf meine Äußerungen. Du kannst sie falsch finden, das ist dein Recht als freier Mensch und auch kein Problem für mich.
Auch wenn ich mich vor dir für mein Handeln und Glauben in keiner Weise rechtfertigen muss, will ich auf deine Frage an mich antworten, auch wenn sie hier eigentlich nichts zu suchen hat.
Wenn ich mein Handeln nicht mit meinem Glauben in Einklang bringen könnte, würde ich es entweder unterlassen oder (da ich nicht in Anspruch nehme, unfehlbar zu sein ;)) nach Erkennen von falschem Verhalten meinerseits um Entschuldigung bitten, wie ich es getan habe, als du auf meine unpassenden Gesten bei der Anhörung hingewiesen hast.
Nächstenliebe schließt nicht aus, dass man sagt, wenn man Verhalten für falsch oder bedenklich hält.
*offtopic (jedoch nicht mehr als andere Beiträge auch)
Um meinen Gemütszustand brauchst du dir übrigens keine Sorgen machen, der ist bestens, trotz deiner andauernden persönlichen Angriffe aus dem feigen Schutz der Anonymität heraus. Ich habe kein Problem damit, wenn sich jemand anonym äußert und dabei sachlich und höflich bleibt (wie z. B. ret_marut) . Ich finde es jedoch schwach, jemanden aus der Anonymität heraus anzugreifen. Ich stehe zu dem, was ich sage, mit meinem Namen. Wenn du schon meinst, andauernd beleidigend werden zu müssen, dann habe wenigstens den Mut, unter deinem richtigen Namen zu agieren oder änder deinen Tonfall. Das würde übrigens auch den Moderatoren viel Arbeit ersparen.
Herr Garbe hat auf der Veranstaltung mehrfach betont, bei Arndt fände sich nicht der Hauch von Rassismus, mensch könne den Terminus Rassismus für Arndts Lebzeiten sowieso nicht nutzen. Hätte Herr Garbe vielleicht nur einmal kurz in den Text von Herrn Tietz ("Für die Beibehaltung des Namens Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald", in: Garbe: "Wortmeldungen") gelesen, hätte er recht schnell erkennen können, daß seine (Garbes) Position wissenschaftlich nicht haltbar und selbst unter den ArndtbewahrerInnen keinesfalls akzeptiert sind. Tietz schreibt in seinem Aufsatz (S. 2): "Selbstverständlich [!!!] wissen wir, weiß ich um Arndts nationalistisches, chauvinistisches und rassistisches [!!!] Gedankengut, das man im kaiserlichen Deutschland nur zu gern gebraucht und im NS-Deutschland mißbraucht hat. Seine in bestimmten Themenbereichen wenig tolerante Geisteshaltung will niemand beschönigen." [Anm. von mir.] – Niemand? Nun, Prof. Garbe jedenfalls hat sich an dem Abend ganz gerne in die Pose des Beschönigers begeben, obwohl er es besser wissen könnte und sollte. Im Redebeitrag von Uni-ohne-Arndt wurde übrigens diese Beschönigungsthese Garbes hinsichtlich des Rassismus durch zwei konkrete Zitate Arndts demontiert; in den Zitaten spricht Arndt über zu praktizierende biologistische Auslese im Volk ("[…] jedes Volk wird nur dadurch das Beste und Edelste hervorbringen können, daß es immer das Kräftigste und Schönste seines Stammes ausliest und mit einander zeugen läßt.") sowie über eine Selektion aufgrund von Blut und Herkunft.
Ich möchte allen anempfehlen, nicht zuletzt Prof. Garbe selbst, wirklich einmal den Tietz-Text in den Wortmeldungen eingehend zu lesen. Im Gegensatz zu Prof. Garbe verschließt Tietz, obgleich er als Vertreter der EMA-Gesellschaft verständlicherweise auch nicht über den eigenen Schatten springen kann, eben NICHT die Augen vor Arndts ideologischer Grundlage. Wie sagte Herr Tietz so treffend: "Ohne kritische Betrachtung des Gestern gibt es keinen inneren Gewinn, keine Erkenntnis für das Heute und das Morgen." – Möge sich Herr Garbe diese Position doch bitte auch einmal zu Herzen nehmen, statt sich nach eigenem Gutdünken "seinen Arndt" zurechtzubiegen.
Nachfrage an Steffen::
Wo wurden in der ESG-Runde denn Zitate seitens Uni ohne Arndt verkürzt?
Wofür hätte sich der Vertreter der Uni ohne Arndt "schämen" sollen?
Wo sollen "schon während des Vortrags" der Uni ohne Arndt "inhaltliche Fehler" korrigiert worden sein?
Auf vernünftig gestellte Fragen gehe ich gerne ein (auch wenn sie eigentlich nicht hierher gehören, siehe allerersten Beitrag, Stichwort: Gedanken sind frei ;))
Reicht dir als Antwort für die 1. Frage die Mail, die ich dir geschrieben habe? (Sofern sie dich erreicht hat)
Ich weiß leider nicht mehr die genauen Korrekturen. Dafür passierte an diesem Abend zuviel und ist er schon zu lange her. Ich weiß jedoch, dass sich immerhin selbst einige Tage danach noch Teilnehmer dieser Runde an die Existenz der Korrekturen erinnern. Da der Vortrag von Karteikärtchen abgelesen wurde, kann ich leider auch nicht mehr herausfinden, welche Punkte im Vortrag es waren, da ja nicht klar ist, was von den Karteikärtchen und was aus dem Gedächtnis des Referenten stammt. Sollten die Karteikärtchen nochmal zur Verfügung gestellt werden, könnte sich da vielleicht nochmal was belegen lassen, sofern die Fakten, um die es ging, nicht dem Gedächtnis des Referenten entsprangen.
Diese Korrekturen wären das erste, dessen ich mich schämen würde.
Es steht euch frei, die Existenz der Korrekturen zu glauben oder nicht. Doch selbst wenn ihr sie nicht glaubt, bleibt noch immer der Beweis dafür, dass ihr mindestens ein Zitat unzulässig gekürzt habt, was ich dir ja bereits in der Mail schrieb. Wenn sie dich nicht erreicht haben sollte, sage Bescheid, dann kann ich diesen Beleg gerne noch hier reinstellen, auch wenn es dann noch mehr offtopic-Beiträge gibt als ohnehin schon 😉 Diese offenkundige Verkürzung eines Zitates und damit der Nachweis eines wissenschaftlichen Mangels wäre das zweite, wofür ich mich schämen würde. Wie Ihr dazu steht, ist eure Sache.
Sollte sich jetzt jemand angegriffen fühlen, weil ich erneut sagte, wofür sich die UoA-Vertreter meiner Meinung nach schämen sollten: Dies geschah aufgrund der berechtigten Nachfrage von ret_marut.
Der Abend war meiner Meinung nach ganz in Ordnung. Er hätte gerne 1h kürzer ausfallen können aber was soll man machen. Ich werde mal vor allem das was ich als negativ empfand darstellen:
– Dr. Garbe hat mMn ein wenig zu lang erzählt (hätte man auch in 45min darstellen können)
– teilweise Verkürzung von Zitaten durch UoA
+ Unterbrechungen des UoA-Vortrages durch Dr. Garbe waren mMn gerechtfertigt, hätte man jedoch besser im Anschluss richtig stellen können als zu unterbrechen
– gegen Ende der Debatte mangelnde Diskussionskultur
+ sehr negativ fielen mir einige (insbesonders) Arndtgegner auf (auch wenn einem Argumente (z.B. von Herrn Wächter) gegen den Strich gehen (oder unpassend sind) so sollte man die Leute erstmal ausreden lassen…)
– das Aufgreifen des Elefantenbildes durch Jan Steyer wirkte auf mich wenig überzeugend, hätte sich lieber ein anderes Gleichnis einfallen lassen sollen, wobei die Grundintention klar war
Argumentativ haben mich Dr. Garbe sowie die Beiträge der beiden Arndt AG Mitglieder stärker überzeugt. Ich fand den Blickwinkel von UoA (wie so oft) etwas kurzsichtig.
Gruß
@ Marco: Die beiden Freien Kameraden waren auch für Außenstehende eigentlich gut erkennbar, sowohl am Auftreten als auch an der "Frage"stellung. Die "Frage" des Nazis bestand lediglich darin, "darzulegen", daß der Begriff Antisemitismus ja "alle semitischen Völker" beinhalte und Arndt sich nie gegen Araber und Palästinenser negativ geäußert habe, also der Begriff Antisemitismus sowieso grundsätzlich abzulehnen sei. Bei der Sache ging es weder wirklich um Arndt, noch um die beiden vorhergehenden Redebeitrage, sondern einzig um den Versuch, den Begriff Antisemitismus aus Nazi-Sicht zu dekronstruieren. – In neonazistischen Blättern wie "Fahnenträger" und Seiten des "Nationalen Widerstands" läßt sich diese Art der Wortergreifung am Beispiel Antisemitismus recht gut nachlesen, das haben die Kameradschaften aus Vorpommern auch schon häufiger bei öffentlichen Veranstaltungen ausprobiert. Die beiden anwesenden Nazis waren halt ein bißchen ungeübt in der Methode, sonst hätte der auch nicht so schnell wieder geendet.
Sei Dir versichert, daß es Freie Kameraden des SNBP waren, wenn auch nicht die hellsten. Mensch kennt halt seine Pappenheimer in Vorpommern, so groß ist der Landstrich ja nicht.
SNBP? (wofür steht die Abkürzung)
Wie gesagt, mir sind solche Pappenheimer – obwohl es eigentlich schon viele Nazis hier gibt – bisher noch nicht so sehr aufgefallen.
Aber hast Recht. Er hat ja Arndt nur als Einstieg genommen, um dann zu argumentieren, dass der Begriff Antisemitismus unzulässig sei. Da es hier nur um Arndt ging, hat er es womöglich vermieden, den Antisemitismus der Nazis zu negieren. Schließlich wäre das, mal ganz davon abgesehen, dass es Geschichtsfälschung wäre, ziemlich fehl am Platz gewesen, da ja Arndt selbst mit den Nazis nix zu tun hatte.
Am Auftreten selbst habe ich zumindest einen der beiden (sie saßen hinter mir, deshalb habe ich mehr den Redner fokussiert, als ich mich umdrehte und die beiden ansonsten nicht weiter beachtet) nicht eindeutig als Nazi zuordnen können. Wie viele haben heutzutage sehr kurze Haare und tragen beige-braune Tarnhosen (also das ist mir aufgefallen)!
Da wo ich herkomme sind Nazis in der gesellschaftlichen Mitte eben nicht so fest verankert, weshalb ich das wohl momentan noch nicht so sehr wahrnehme.
dem schliesse ich mich ausnahmlos an 🙂
1. Irgendwelche Mails von Dir haben ich nicht erhalten.
2. Konkretes kannst Du zwar nicht benennen, aber schön, daß wir drüber gesprochen haben.
3. Wo ein Zitat "unzulässig gekürzt" wurde, hast Du bisher auch nicht belegen können. Das würde mich ja doch brennend interessieren.
Zu 1: Das ist schade, aber kein Problem. Ich dachte, sie erreichen dich, wenn ich einfach auf "antworten" klicke.
zu 2: Deine Kritik unter 2 ist berechtigt, wenn ich die Möglichkeit bekommen sollte, es zu präzisieren, wird es erfolgen. Ich habe wie gesagt auch nicht verlangt, dass ihr diesen Punkt
als Argument für meine Aussage des Schämens gelten lasst.
Zu 3. Ihr habt ein Zitat begonnen (Ich will diesen Hass gegen die Franzosen etc) und es exakt an der Stelle abgebrochen, ab der ein Ton angeschlagen wird, der völkerverbindend ist. Dort ist dann davon die Rede, dass es völkerübergreifende Geistesgrößen und völkerübergreifend Gutes gibt, bei denen und dem jeder Volkshass aufhören muss, da man sonst ein Barbar und ein Tier ist. Wenn du bei dem ESG-Abend dabei gewesen bist, erinnerst du dich vielleicht daran.
@ 3. Hast Du Dir den Text mal in Gänze durchgelesen? Ich glaube nicht, sonst kämst Du a) nicht auf den Trichter, hier sei ein Zitat entstellt worden, und b) der Kontext sei sinnentstellt und die nachfolgenden Absätze Arndts seien ganz anders. Deswegen habe ich mir mal die Mühe gemacht, die Seiten 15-17 aus "Über den Volkshaß" hier abzutippen. Den Gesamttext findest Du unter: http://books.google.com/books?id=CnsHAAAAQAAJ&…
Das in der ESG gebrachte Zitat begann bei "Wir wollen die Franzosen nicht allein wegen dessen hasse…"; hier mal die gesamten drei Absätze – ohne Auslassungen:
"So muß bei den Teutschen jetzt der Haß brennen gegen die Franzosen, denn sie haben sich der Kühnheit erfrecht, ein Volk unterjochen zu wollen, das stärker und mächtiger wäre, als sie, wenn ihre Hinterlist nicht lange schon verstanden hätte, es zu entzweien und zu zerreißen. Wir wollen die Franzosen nicht allein wegen dessen hassen, was sie uns in den letzten zwanzig Jahren Uebels gethan haben, nicht wegen der Gräuel und Schanden allein, wodurch sie die letzten acht Jahre unsre heilige Erde entheiligt haben und noch jede Stunde entheiligen; nein, wir wollen sie hassen, weil sie schon über drei Jahrhunderte unsre Freiheit hinterlistig belauert haben, weil sie von Geschlecht zu Geschlecht rastlos und planmäßig gearbeitet haben, diese Freiheit zu untergraben, bis sie unter ihren letzten Banditenstreichen hingefallen ist. Die Franzosen sind unsre mächtigsten und gefährlichsten Nachbarn, und sie werden es bleiben, auch wenn die Hand des Verhängnis den Giganten Napoleon und alle seine stolzen Entwürfe hingestreckt hat: sie können nie aufhören, unruhig, eitel, herrschsüchtig, und treulos zu seyn. Gottlob, die Zeit ist erschienen, wo der Widerwille, den das brave teutsche Volk immer noch gegen die Wälschen und ihre Sitten empfunden hat, zu einem brennenden Haß werden kann, wo er in die Seelen der Kinder so eingepflanzt werden kann, daß er aus teutschen Brüsten künftig nicht mehr auszurotten ist; die Zeit ist erschienen, wo die allmächtige Meinung der Menschen der französischen Aefferei und Ziererei, und aller der eitlen Nichtigkeit, wodurch die sogenannten gebildeten Teutschen entmenscht waren, das Todesurtheil spricht, wo das ehrliche Teutschtum oben schwimmen wird und nicht das lügnerische Wälsche.
Bis in den innersten Kern vergiftet war das Teutsche von dem Fremden, die erste MMännlichkeit zu Ziererei, die hohe Wahrheit zu Schmeichelei, der große Verstand zu schieder Albernheit verdreht. Das ist das unvermeidliche Schicksal eines Volkes, das dem Fremden bis zur Vergessenheit des Eigenen nachgebuhlt hat. Dahin waren wir Teutsche gekommen, daß wir nicht wußten, wieviel unsre Väter werth waren und wieviel wir werth seyn konnten. Das Unglück, worunter wir fast erliegen, hat uns zur Besinnung gebracht: wir fangen wenigstens an, nach den Wurzeln unsers Uebels zu fragen. Wann der Haß gegen die bösen Nachbarn besfestigt ist für lange Zeiten, dann erst wird uns recht klar werden, wie tief wir von den alten teutschen Ehren und Tugenden herabgesunken waren. Dieser Haß wird uns wie ein heller Spiegel seyn, worin wir unsre Herrlichkeit und unser Verderben werden sehen können; dieser Haß wird uns und unsern Enkeln und Urenkeln nach uns immer ein Aufschüttler seyn, daß wir im Glück und in der Seicherheit des Friedens nicht einschlafen können; dieser Haß wird uns grade durch die Verschiedenheit zeigen, was uns und unserm Gemüthe gleich und gerecht ist; am hellsten wird er uns immer die Gefahr zeigen, wie sehr das Französische uns verderben und wie gar nichts es uns geben kann, weil wir die allerunfähigsten sind, was in demselben etwas Gutes ist, in uns aufzunehmen und anzueignen.
'Also doch möglich, daß die Franzosen etwas Gutes hätten; sonst klingt es bey dir, als wären sie ein durchaus verwerfliches und verächtliches Volk.' – Nein, ich bin wohl zornig, aber verrückt bin ich nicht. Ich weiß recht gut, daß die meisten menschlichen Vorzüge und Mängel zeitlich und örtlich, kurz beziehlich sind; ich habe, was ich sage, auch nicht anders als in einer bestimmten und nothwendigen Beziehung ausgesprochen. Jedes Volk hat seine Tugenden und seine Gebrechen, ja, wie der Zustand der menschlichen Dinge ist, liegen gewisse Tugenden desselben sogar nothwendig gewissen Mängeln ganz nahe. Aber es gibt Stufen und Grade, und ich schäme mich nicht, den Glauben zu bekennen, daß das teutsche Volk in der Weltgeschichte mehr bedeutet hat und mehr bedeuten wird, als das französische."
Hier breche ich das haßerfüllte Traktat Arndts mal ab. Wer die Haßpredigt ganz lesen will, soll entsprechend den Googlebookslink nutzen.
Ich wollte ja nur aufzeigen, daß a) das Zitat bei der ESG-Veranstaltung nicht verkürzt oder gar entstellt wurde und b) auch in den nachfolgenden Absätzen Arndt mit Schaum im Munde gegen die Franzosen bzw. "das Französische" wettert.
Ich bitte doch, bei altklugen Kommentaren vorher die Originalquelle zu lesen – das gilt auch für Herrn Alvermann, der die Quellen eigentlich kennen sollte.
Bald ist es soweit und die lange Debatte ist vorbei! Ole ole
Vielleicht noch kurz zu den christlichen Moralvorstellungen Arndts, die sicher nicht mit denen der ESG (und hoffentlich auch nicht mit denen von Prof. Garbe) vereinbar sind. Da ich (s.o.) den verbalen Müll von Arndt gerade noch einmal durchlesen mußte, hier mal etwas zur "christlichen" Einstellung des werten Herrn Arndt (aus: "Über den Volkshaß und über den Gebrauch einer fremden Sprache", 1813, dort S. 7):
"Haß und Rache gegen die Tyrannei und gegen die Tyrannen, weil sie die Freiheit und Freude und jedes edle Gefühl und jeden göttlichen Gedanken von der Erde vertilgen wollen! Diesen Haß den Enkeln und Urenkeln eingehauchtu nd überliefert, als ein Unterpfand der Tugend und der christlichen und menschlichen Liebe. Das ist das rechte Christenthum und die rechte Menschlichkeit, das ist die rechte alte teutsche Treue und Tugend. Wenn in so edlem Haß und so edlem Rachekrieg gegen das Unrecht un die Schande auch jede Art der Verwüstung über das Land kömmt, auch alle seine Bewohner in so heiligem Kampfe umkommen – stolze Streiter für Freiheit udn Gerechtigkeit, das rechnet nicht, weil ihr das nicht rechnen könnet; das müsset ihr Gott rechnen lassen, ihr aber müsset eure Pflicht thun."
Soviel auch zu Arndt "als Vordenker der Antikriegsbewegung, als gedanklicher Vorreiter der Genfer Konvention und des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland" (Zitat aus der Pro-Arndt-Darstellung in der Urabstimmungszeitung). Erschreckend, daß die ArndtbefürworterInnen das wirklich ernst meinen.
'Also doch möglich, daß die Franzosen etwas Gutes hätten; sonst klingt es bey dir, als wären sie ein durchaus verwerfliches und verächtliches Volk.' – Nein, ich bin wohl zornig, aber verrückt bin ich nicht. Ich weiß recht gut, daß die meisten menschlichen Vorzüge und Mängel zeitlich und örtlich, kurz beziehlich sind; ich habe, was ich sage, auch nicht anders als in einer bestimmten und nothwendigen Beziehung ausgesprochen. Jedes Volk hat seine Tugenden und seine Gebrechen, ja, wie der Zustand der menschlichen Dinge ist, liegen gewisse Tugenden desselben sogar nothwendig gewissen Mängeln ganz nahe. Aber es gibt Stufen und Grade, und ich schäme mich nicht, den Glauben zu bekennen, daß das teutsche Volk in der Weltgeschichte mehr bedeutet hat und mehr bedeuten wird, als das französische."
Hier breche ich das haßerfüllte Traktat Arndts mal ab. Wer die Haßpredigt ganz lesen will, soll entsprechend den Googlebookslink nutzen.
Ich wollte ja nur aufzeigen, daß a) das Zitat bei der ESG-Veranstaltung nicht verkürzt oder gar entstellt wurde und b) auch in den nachfolgenden Absätzen Arndt mit Schaum im Munde gegen die Franzosen bzw. "das Französische" wettert.
Ich bitte doch, bei altklugen Kommentaren vorher die Originalquelle zu lesen – das gilt auch für Herrn Alvermann, der die Quellen eigentlich kennen sollte.