webMoritz-Autor Eric Schürmann sprach mit dem frisch gewählten Landesvorsitzenden der Piratenpartei Sebastian Jabbusch und stellte ihm einige Fragen zu seinem neuen Amt und seinen Zielen. Der Artikel ist auf Basis einer Audioaufnahme des Gesprächs und einer E-Mail-Anfrage entstanden.

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Sebastian Jabbusch

Er dürfte zu den bekanntesten Studenten der Uni gehören: Sebastian Jabbusch ist der Studierendenschaft unter anderem als Senator und StuPist, als ehemaliger Chefredakteur des webMoritz und für seine öffentlichkeitswirksamen Aktionen bei der Initiative „Uni ohne Arndt“ bekannt.

Sein politisches Engagement hat Jabbusch im Sommer 2009 auch über den hochschulpolitischen Bereich hinaus ausgeweitet. Er trat der Piratenpartei bei und legte dort eine steile Karriere hin: Kein halbes Jahr später wurde er am 13. Dezember im Technologiepark Warnemünde auf dem außerordentlichen Parteitag der Piratenpartei Mecklenburg-Vorpommern zum Landesvorsitzenden gewählt.

Der bisherige Vorstand wurde auf dem ersten Parteitag von nur 20 Mitgliedern gewählt und nun, da die Partei mehr als 220 Mitglieder zählt, neu gewählt. Neben seinem Engagement ist Jabbusch aber auch noch Magisterstudent im 13. Semester (Politik und Geschichte bereits abgeschlossen, derzeit noch Öffentliches Recht).

„Piratenpartei verbindet die modernsten politischen Ideen“

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Die Partei wuchs dieses Jahr in M-V rasant.

Jabbusch, der sich selbst auch als „freiberuflicher Gesellschaftskritiker“ bezeichnet, ließ vor seinem Parteieintritt Internetnutzer darüber abstimmen, in welche Partei er eintreten soll. Zur Wahl standen die Grünen und die Piratenpartei. Das Ergebnis kann man in seinem Tweets nachlesen. Welche Gründe für Jabbusch dafür sprachen in die Piratenpartei einzutreten beschreibt er folgendermaßen:

„Die Piratenpartei verbindet für mich die modernsten politischen Ideen: Basisdemokratische Elemente, effiziente Partei-Kommunikation, aktuelle Themen aus Bürgerrechten, Datenschutz, Urheberrecht, Mitbestimmung der Bevölkerung, Bildungspolitik, Transparenz, Lobby-Kontrolle.

Ich verstehe die Partei als eine Bürgerbewegung, die die Demokratie in Deutschland vor der eigenen Angststarre eines angeblich „islamischen Terrors“ retten will und damit auch als Forum für eine unbegrenzte Anzahl an gesellschaftlichen Themen dienen kann. Unser Focus liegt dabei auf modernen, fortschrittlichen Lösungen im Zeitalter der technischen Revolution, welche sich sehr wohl nicht auf das Internet begrenzen. Die Piraten sind für mich die neuen Grünen.“

Seine Aufgaben als Parteivorsitzender seien, so Jabbusch, vor allem durch organisatorische Aspekte, den strukturellen Aufbau der Partei und Repräsentanz gekennzeichnet. Vor allem betonte Jabbusch, dass er in den meisten Fällen eher die Parteilinie, anstatt seiner eigenen politischen Meinung vertreten wird, da die Piratenpartei basisdemokratisch organisiert ist und alle Aussagen immer mit der Basis abgestimmt werden. Jabbusch betonte während des Gesprächs, dass das Amt des Parteivorsitzenden sich nicht dafür eigne, „den Hampelmann“ zu spielen, das mache er dann lieber in Ämtern, in die er durch eine öffentliche Wahl gewählt wurde.

Jabbusch gibt selbstkritisch zu, dass sein Studium unter seinen vielen Aktivitäten leidet. Auch sein Amt als Parteivorsitzender fülle er zurzeit nicht so aus, wie er es sich persönlich vorstelle. Er hoffe aber, dass nach der Urabstimmung zu Ernst Moritz Arndt seine derzeitige Hauptbeschäftigung, die „Uni ohne Arndt“ Initiative, weniger Zeit in Anspruch nehmen werde und er sich dem neuen Amt zur Gänze widmen könne.

Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne für die Piratenpartei bei der Landtagswahl 2011 als Kandidat anzutreten, reagiert Jabbusch ausweichend. Zurzeit, sagt er, stehe noch nicht genau fest, ob die Piratenpartei überhaupt antrete. Es sei aber anzunehmen, so Jabbusch weiter, da man ja etwas verändern wolle. Ob er selber 2011 für eine Wahl zur Verfügung stehe, sei zurzeit nicht absehbar. Vor allem sei es Aufgabe der Partei, zu entscheiden, ob er für so ein Amt in Frage käme.

„Piratenpartei muss beweisen, dass sie gebraucht wird.“

Piraten MV Logo

Logo des Landesverbandes

Die Frage, wie er als Parteivorsitzender in einem Flächenland den Kontakt zu Menschen und Vorstand halten will, erklärt Jabbusch, dass der Vorstand via Internet Konferenzen abhält, zu denen auch Gäste herzlich eingeladen sind. Es wären auch „reale“ Treffen geplant. So gibt es bereits Stammtische der Piratenpartei in verschiedenen großen Städten Mecklenburg-Vorpommerns, auch in Greifswald. So könne die Partei den direkten Draht zu ihren Mitgliedern und interessierten Bürgern halten.

Zur aktuellen Landespolitik merkt Jabbusch an, dass er da nicht über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden sei, da nur ein paar Medien wie den Nordkurier und die Ostsee-Zeitung darüber berichten würden und das, was sie berichten, nicht transparent sei. Man brauche „einen webMoritz auf Landesebene“, da es das Ziel der Piratenpartei sei, Transparenz zu schaffen. So sei die Schaffung eines Regierungs-Watch-Blog eines seiner ersten Ziele im neuen Amt.

Auf die Frage, ob auch ältere Bevölkerungsschichten solche Aktionen wahrnehmen würden, sagte Jabbusch, dass er das Alter als kein Problem ansehe. Viele ältere Menschen seinen schon im Internet unterwegs. Die Gruppe „Über 40“ sei die derzeit am schnellsten wachsende Gruppe beim Online-Dienst Facebook.

Aus eigenem Impuls weist Jabbusch darauf hin, dass die Frauenquote in der noch jungen Partei sehr gering sei. Man habe aber auch ohne Quotenregelung 4 Frauen und 5 Männer im Vorstand. Frauen seien, so Jabbusch, willkommen und eingeladen zur politischen Beteiligung in der Piratenpartei. Auch das Image der Partei, nur aus Computer-Freaks („Nerds“) zu bestehen, sei nicht zutreffend. Er selbst sehe sich beispielsweise als Computer-affine Person und keinesfalls als „Nerd“.

Hochschulpiraten Greifswald – Weiteres Betätigungsfeld

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HoPi-Gründung im Oktober

Neben seinem StuPa Mandat ist Jabbusch auch Mitglied der Hochschulpiraten. Einige Ziele der Hochschulpiraten (HoPis) sind unter anderem Veröffentlichungen im Open Access-Bereich zu fördern, kostenloses Uni-WLAN in der Innenstadt und an von Studenten stark besuchten Plätzen (auch eine Forderung des RCDS), Beseitigung von Fachüberschneidungen im Stundenplan und die Kapazitäten des Stup.IP-Servers zu erhöhen.

Jabbusch weist besonders darauf hin, dass man durchsetzen wolle, dass die AStA-Protokolle online veröffentlicht werden, um Transparenz für die Studierenden zu schaffen. Auch sei ein wichtiges Ziel mehr Datenschutz für die E-Mail-Postfächer der Uni zu erreichen. Die Hochschulpiraten wollen, dass jeder Student sein E-Mail Passwort selbst festlegen kann und dazu nicht extra das Rechenzentrum aufsuchen muss. Des Weiteren sei ein Hochschulpiraten-Blog in Arbeit, der über die Ziele der Gruppe informieren soll.

Am Artikeltext wurden um 18 Uhr einige Detailkorrekturen (u.a. zu den Studienfächern) vorgenommen.

Links:

Bilder: Marco Herzog (Jabbusch-Porträt), webMoritz-Archiv (sonstige)