Ein Gastbeitrag von Luisa Pischtschan
Am Freitagabend feierte das Theaterstück „Der Kuss des Vergessens“, gespielt und organisiert vom Studententheater (StuThe), seine letzte von sechs Aufführungen. Mit der Aufführung konnten die Zuschauer und das StuThe zufrieden sein; mit einer Nachricht der Uni an das Studententheater vom Donnerstag schwindet allerdings die Zufriedenheit: Bis zum 4. Januar muss der Verein seine jetzige Bleibe, das ehemalige Gebäude der Physikalischen Chemie in der Soldmannstraße, räumen.
In dem Komplex, der zurzeit noch dem Land MV gehört, befindet sich unter anderem auch noch Räume des Instituts für Botanik und Landschaftsökologie. Es gäbe allerdings Pläne, dass die Uni den Komplex vom Land kaufen möchte. Nun will die Verwaltung das Studententheater in eine Baracke schräg gegenüber unterbringen. Ohne Strom, Heizung und Sicherheitsanlagen, „wo allenfalls unsere Requisiten und Materialien reinpassen“, so der Vorsitzender des StuThe e. V. Jörn Sander. Der Grund für die neue Raumplanung soll das ständig wachsende Drittmittelaufkommen an der Universität sein, denn die Forschungsprojekte benötigen zusätzlichen Platz. Dazu sollen ab Januar aufwendige Arbeiten im Gebäude realisiert werden.
Mit der Schließung des Projektes „Darstellendes Spiel“ in Greifswald 1995 gründete sich das Studententheater, um die kulturelle Vielfalt im Hochschulleben zu erhalten. Seitdem gab es immer wieder Umzüge. Anfänglich fanden Proben und Aufführungen im Medienzentrum in der Bahnhofstraße statt, bis dann eine Verlagerung in die „Kiste“ stattfand. „Über unseren Auszug aus der Kiste in der Makarenkostraße erfuhren wir damals durch die Lektüre der Ostsee-Zeitung“, so der Verein in einem Schreiben an den Senat. Danach wurde die Arbeit in der Stralsunder Straße 10 fortgesetzt. Zu der Zeit befanden sich auch GrIStuF e.V. und Greenpeace in dem Gebäude. Seit Sommer 2007 ist die Soldmannstraße 23 das Zuhause des StuThe.
Damit die Kooperation als auch Kommunikation zwischen dem Theater und der Uni-Verwaltung leichter von statten gehen sollte, gründete sich aus dem studentischen Projekt eine juristische Körperschaft – das StuThe e.V. Des Weiteren wurde festgelegt, dass das fünfte Vorstandsmitglied des Vereins ein vom Rektorat gewähltes Mitglied sein müsse. Dies ist zurzeit der erste stellvertretende Kanzler Lothar Schönebeck.
Gespräche bezüglich eines neuerlichen Umzugs gibt es schon seit Oktober dieses Jahres, aber mit einem Rausschmiss wurde nicht gerechnet. „Das ist als wenn man einem Bäcker den Backofen klaut“, meint Jan Holten, Schatzmeister des Vereins. „Es ist eine absurde Situation für uns, das Theater ist kein Faktor, mit dem man so umgehen sollte“, fügt er hinzu. „Dadurch wird der Arbeitsprozess des StuThe ad hoc unterbrochen“, erklärt Jörn Sander die jetzige Situation. Geplant waren für den Januar nicht nur weitere Proben für die zahlreichen Untergruppierungen und neuen Stücke des StuThe, sondern beispielsweise auch ein Rhetorikkurs.
Das die Universität ab Weihnachten bis zum 3. Januar komplett geschlossen ist, bleibt nur ein sehr kurzer Verhandlungszeitraum. Nun wollen die rund 60 Mitglieder versuchen Verantwortungstragende davon zu überzeugen ihre Entscheidung nochmals zu überdenken: Eine Unterschriftenpetition ist geplant, mit der schon Freitagabend unter anderem nach der Vorstellung und im IKuWo begonnen wurde. Bereits im Oktober unterstützten die Privatdozentin Dr. Dr. Mariacarla Gadebusch Bondio, der Fachschaftsrat Deutsche Philologie und das Teatr Kana aus Stettin das Studententheater mithilfe von Briefen an das Rektorat. Das StuThe steht in Kooperation mit der medizinischen Psychologie, von der die Patientensimulationen ausgeführt werden. „Das Studentenwerk hat uns auch immer große Unterstützung geleistet“, erklärt Jörn Sander. Dass die Uni auch immer für ihre Unterbringung gesorgt hätte, soll nicht vergessen werden. „Aber ohne Raum kein Theater“, so die Meinung zur jetzigen Situation.
Für die am Mittwoch stattfindende Senatssitzung ist seit längerem ein Tagesordnungspunkt zum StuThe eingeplant. „Heute möchten wir Sie anregen an dieser Entwicklung (des StuThe, Anm. d. Red) teilzuhaben und gleichzeitig auf einen drohenden Raumverlust aufmerksam zu machen“, so die Vorankündigung der Sitzung.
Trotz der kurzfristigen Raumprobleme wollen die Mitglieder versuchen, so schnell wie möglich ihre Arbeit fortzusetzen und sich neue Ziele zu stecken. Doch verbittert ist man beim Studententheater schon ein wenig: „Die Uni stößt das Theater ab und das ist absurd.“, so eines der Mitglieder. Wer das StuThe unterstützen will kann sich unter info[ät]stuthe.de melden oder sich unter stuthe.de informieren.
Zusatzinfos:
Jockel Schmidt vom Fleischervorstadtblog berichtet ausführlich über die neuerlichen Raumprobleme beim Studententheater.
Bilder:
Foto Jörn Sander – Marco Herzog
andere Bilder – StuThe.de
Vor der Senatssitzung benötigt es nicht nur der Unterstützung von Seiten des AStA und des Stupa. Jeder Studierender, der an kultureller Vielfalt in unserer Stadt interessiert ist, sollte zumindest die Petition unterzeichnen (AStA-Büro, Mensa, Cafe Koeppen, etc.). Diese und andere interessante Unterlagen können auch auf der HP des Studententheater heruntergeladen werden.
Darüber hinaus findet morgen ab 16:30 Uhr eine Demonstration für Kultur in der Stralsunder Straße statt! Wer in der Nähe ist, kann ja einfach mal vorbeischauen.
Zustimmung für Fabian und : Sollte die Verwaltung nicht bis Mittwoch zurückrudern oder sich erklären, thematisieren wir Studierende das Anliegen im Senat!
Ich finde das Verhalten einen wirklich unmöglich – da wir noch in der letzten Senatssitzung nach dem Studententheater gefragt hatten und man nichts von einem solchen Konflikt / von einer solchen Zuspitzung andeutete!
Heute war übrigens eine schöne – beeindruckend große – Demo für die Stralsunder Straße und das Studententheater. Fast 100 Leute unter dem Motto: "Autonome kulturelle Freiräume erhalten"…
Wie man aus dem Haushaltsausschuss hört, sind ja auch die Moritz Medien (TV, web, Print) und Gristuf bedroht. Zurzeit sind ja beide noch in der Wollweberstraße 4 untergebracht. Sie sollen wohl nun im März umziehen…
Irgendwie hat man das Gefühl es sind die großen "Ausverkauf-Wochen: Alles muss raus!"