Anlässlich der 328. Plenarsitzung der Kultusministerkonferenz am 10. Dezember fand gestern eine landesweite Bildungsdemonstration in Rostock statt. Insgesamt demonstrierten 1.200 Studierende und Schüler in der Hansestadt. Auch die Greifswalder Studierendenschaft war vertreten.
Gegen 12 Uhr fuhren zwei Busse aus Greifswald los. Diese schienen, angesichts der überschaubaren Teilnehmerzahl sehr großzügig kalkuliert – immerhin hatten die 40 Studierenden und die zahlreichen Transparente ausreichend Platz. Eric Hartmann, Juso-Vorsitzender und Student der Politik- und Kommunikationswissenschaft, fand es unverständlich, dass zwei Busse bereitstanden: „Zum einen sind die nicht voll geworden, zum anderen wären MV-Tickets der Studierendenschaft wahrscheinlich günstiger gekommen“, vermutet er.
In Rostock traf man sich mit den anderen Studierenden auf dem Bahnhofsvorplatz. Dort wurden zunächst erste Demo-Vorbereitungen getroffen: Trillerpfeifen und Liedtexte wurden verteilt, Reden noch mal durchgegangen. Bei der ersten Kundgebung vor dem Hauptbahnhof sprach unter anderem Christopher Denda vom Bildungsbündnis Greifswald – und erhielt für seine vorgetragenen Missstände und Forderungen, etwa nach gut ausgebildeten und ausreichenden Lehrkräften an Schulen und Universitäten viel Applaus.
Marco Fittig, Lehramtsstudent für Mathematik und Religion an der Universität Rostock im ersten Semester, möchte sein Recht auf Bildung wahrnehmen. „Für viele sind die Ausbildungsbedingungen an Schulen und Universitäten nicht hinnehmbar. Mich stören die veralteten Lehrmaterialien und der Lehrermangel.“
Bildungsstreik in Rostock
Die Demonstration, die durch die Rostocker Innenstadt zog – am Weihnachtsmarkt vorbei bis zum Auditorium maximum, wurde von den Besetzern des Rostocker Audimax organisiert. Seit über dreieinhalb Wochen wird dieses besetzt, im Durchschnitt sind zehn bis 20 Studierende darin anwesend. Tobias Weber, Student der Wirtschaftswissenschaft im dritten Semester, gehört zu den Besetzern. „Bis morgen blockieren wir noch das Audimax, dann endet die Besetzung“, erläutert er. Die Gruppe bekommt dann für unbefristete Zeit Räumlichkeiten zugesichert – ähnlich wie vor einigen Wochen in Greifswald. Für die Demo sammelten die Besetzer E-Mails, um eine Aussetzung der Anwesendheitspflicht durchzusetzen. Immerhin 1.400 E-Mails erreichten die Gruppe, die Uni-Leitung zeigte sich kooperativ.
Die Rostocker Studentinnen Laura Möhrke und Carolin Fink fassen die Missstände zusammen. „Oft sind die Seminarräume überfüllt, es gibt zu wenig Dozenten, der Bachelor ist zu verschult. Da bleibt für individuelle Interessen gar keine Zeit“, erläutert Politikstudentin Laura. Ihr Kommilitonin Carolin ergänzt, dass es Probleme im Lehramtsstudium gebe: „Die Lehrämter fühlen sich oft außen vor, keiner geht auf sie zu. Und in ihrer Didaktik-Ausbildung sind Stunden vor Schülern nicht vorgesehen.“ Auf den vereinzelten Zwischenkundgebungen trugen auch Vertreter der Studierendenschaften ihre Forderungen vor. Man wolle elternunabhängiges BAFöG, sowieso reiche Eltern für alle, kleinere Seminare und eine Reform des Bachelor- und Mastersystems.
Auch Schüler demonstrierten
Einige Schüler und Schülerinnen beteiligten sich ebenfalls am Demonstrationszug, auch wenn ihre Anzahl sehr überschaubar blieb. Die Forderungen Rostocker Schülerinnen zielten ebenfalls auf mehr Lehrkräfte und Materialien für den Unterricht, sowie auf die individuelle Förderung ab. Ebenso sieht das Khoa, der Schüler aus Wismar ist: „Es gibt zu wenig Lehrkräfte, es müssen mehr und vor allem auch jüngere Lehrer eingestellt werden.“ Zusammen mit seinen vier Freunden hatte er für die Demo schulfrei bekommen.
Geringe Beteiligung aus Greifswald
Fast alle Demonstrierenden kamen aus Rostock. Von den anderen Hochschulen im Land, wie Wismar, Stralsund und Neubrandenburg, gab es kaum Teilnehmer. Greifswald konnte sich mit seinen vierzig Anwesenden auch nicht allzu sehr mit Ruhm bekleckern, auch nicht im Vergleich zum Mittwoch, an dem bis zu 70 Studierende durch Greifswald zogen. „Immerhin“, meinte da der eine oder andere Rostocker. Michael Seifert, Wahlleiter für die kommende Gremienwahl, meint: „Es ist leider seit längerer Zeit so, dass die Greifswalder Studierenden so wenig politisiert sind. Aber wir tun unser Bestes.“
Einerseits mobilisierte das Greifswalder Bildungsbündnis, andererseits auch der frisch gewählte AStA-Referent für politische Bildung Martin Hackbarth. Er ist zufrieden mit der Organisation seines ersten Projekts, gibt aber zu, dass man die Werbetrommel mehr hätte rühren können. Auf der Abschlusskundgebung am Audimax sprachen der AStA-Vorsitzende aus Rostock und Thomas Schattschneider, als Sprecher der Landeskonferenz der Studierendenschaften. Insgesamt waren fünf AStA-Referentinnen unterstützend in Rostock. Sie sammelten unter anderem Unterschriften für Briefe an den Bildungsminister Mecklenburg-Vorpommerns Henry Tesch. Politikstudentin Janette Otterstein aus Greifswald war mit der Demonstration zufrieden: „Es ist schön, dass der AStA die Demo unterstützte und wünsche mir, dass dies bei weiteren Bildungsaktionen ähnlich ist und mehr Leute ihre Stimme gegen die Missstände erheben.“
Fotos: Christine Fratzke und Patrice Wangen
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