Neu ist das Thema eigentlich nicht, doch der linke Flügel im StuPa (Mitglieder der Jusos und von Die Linke.SDS sowie freie Stupisten) haben es vor einigen Wochen erneut auf die hochschulpolitische Tagesordnung gebracht. In einem Antrag an das StuPa, der bisher nicht behandelt wurde, fordern sie, die zuständigen Gremien sollten die Zulassungsbeschränkung für Master-Studiengänge abschaffen und so „Durchlässigkeit zwischen Bachelor und Master herstellen“.

An der Greifswalder Universität kann sich in den meisten Fällen nur immatrikulieren, wer zuvor einen Bachelor mit einer Abschlussnote von mindestens 2,5 gemacht hat – in wenigen Studiengängen gelten Sonderkonditionen. So ist zum Beispiel für den „Master of Laws in Tax and Economic Law“ ein „befriedigend“ in der ersten juristischen Prüfung erforderlich – erfahrungsgemäß aber ebenfalls eine hohe Hürde.

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Die Jusos präsentierten diese Woche öffentlichkeitswirksam die "Master-Hürde".

Praktisch gibt es keine Beschränkungen

Die Prüfungsausschüsse können jedoch auch Ausnahmen beschließen. Wer eine schlechtere Abschlussnote als die geforderte hat, kann den Antrag stellen, trotzdem zum Master-Studium zugelassen zu werden. Informationen des webMoritz zufolge sind in den vergangenen Jahren stets sämtliche dieser Anträge akzeptiert worden, auch wenn sich die Anträge vor diesem Wintersemester im Vergleich zur letzten Bewerbungsfrist von circa 50 auf circa 100 etwa verdoppelt haben. Eine offizielle Bestätigung dieser Zahlen steht aber noch aus, da der zuständige Mitarbeiter derzeit krankheitsbedingt nicht erreichbar ist.

Selbst nach der Verdopplung der Antragsteller in diesem Jahr sollen bisher noch alle Bewerber berücksichtigt worden sein, denn die Kapazitäten für Master-Studiengänge wurden bei weitem nicht ausgeschöpft. Bleibt die Frage, warum die Zulassungsbeschränkung dann überhaupt existiert. Sie geht zurück auf einen Beschluss im Zuge der Bologna-Reformen, nachdem nicht ohne Weiteres jeder, der einen Bachelor-Abschluss gemacht hat, auch ein Master-Studium dranhängen können soll. Stattdessen soll der Bachelor ein berufsqualifizierender Abschluss sein.

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Erik v. Malottki

Das sei in der Praxis allerdings nicht so, sagt Erik von Malottki (Jusos), der den Antrag maßgeblich mitgestaltet hat: „Die Wirtschaft stellt Bachelor-Studenten nur sehr zögerlich ein, im Grunde wird der Abschluss nicht anerkannt.“ Wer Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben wolle, müsse einen Master machen. Schlechte Abschlussnoten könnten dem unberechtigterweise aber einen Strich durch die Rechnung machen.

„Endnote ist gar nicht aussagekräftig“

Ein praktisches  Beispiel aus Greifswald: Wer B.A. studiert, muss in Greifswald auch ausführlich „General Studies“ belegen. Dieser Studienbestandteil besteht zum einen aus Pflichtveranstaltungen wie der Vorlesung „Methoden.“ Die Veranstaltung bietet nach übereinstimmenden Meinungen von Studenten und sogar von Lehrenden faktisch keinen Mehrwert, da sie lediglich sehr grobe Einführung in eine Reihe von Fächern enthält, muss aber mit einer lernaufwändigen Klausur passiert werden. Die Folge: Viele Studenten machen hier schlechte Noten – ohne jede Relevanz für ihr Studienfach.

Zum anderen bestehen „General Studies“ aus Wahlpflicht-Angeboten wie zum Beispiel Sprachen. Auch die Ergebnisse aus diesen Modulen fließen in die Endnote mit ein. Doch anstatt eine neue Sprache zu lernen und darin durchschnittliche Noten zu kassieren, wählen die Studenten oft Sprachen, die sie schon können. So kann beispielsweise ein Russisch-Muttersprachler einen Anfängerkurs in seiner Muttersprache besuchen und darin eine exzellente Prüfung ablegen – und so seine Note aufbessern. In Erik von Malottkis Augen ist die Bachelor-Endnote daher sowieso ungerecht: „Die Note ist allein überhaupt nicht aussagekräftig genug.“ Überdies sei eine Zulassungsbeschränkung auch prinzipiell ungerecht.

Unterstützung von ganz oben

Auch in den Augen der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) ist die Hürde beim Master-Studium in der aktuellen Umsetzung nicht sinnvoll. Ende Oktober beschloss das HRK-Präsidium eine Reihe von Punkten, in denen die Bologna-Reformen verändert werden müssten. Gleich der erste betrifft den Master:

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Logo der HRK

„Die Länder sollten auf die Leitvorstellung des Bachelors als Regelabschluss und des Masters als Ausnahme verzichten und ausreichend Kapazitäten sowohl für den Bachelor-, als auch für den Masterabschluss bereitstellen, denn die Frage, für wieviele Studierende der Bachelor eine Berufseinmündung bedeutet, ist nach wissenschaftlicher Disziplin und nach der empirisch zu beobachtenden Entwicklung am Arbeitsmarkt zu entscheiden.“

Auch Professoren aus Greifswald halten die Regelung für unglücklich. An zahlreichen Instituten, wie etwa dem Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft (IPK) und dem Historischen Institut wird über die mangelnde Auslastung der Master-Angebote geklagt. Professor Michael Herbst, Prorektor für Studium und Lehre, sagte dem webMoritz, er sehe bei der Zulassungsbeschränkung für Master-Studiengänge ebenfalls Probleme, besonders, weil die „employabilty“ des Bachelors (also die Arbeitsmarktfähigkeit des Abschlusses) oft nicht gegeben sei: „Das ist ein strukturelles Problem, das nicht auf dem Rücken der Studenten ausgetragen werden darf.“

Laut Erik von Malotki kann die Universität ihre Zulassungsbeschränkungen für den Master selbstständig abschaffen. Alle Ordnungen, in denen die Zulassungsbeschränkungen festgeschrieben seien, würden von Gremien der Hochschule selbst beschlossen, sagte er dem webMoritz. Diese Sicht der Dinge bestätigte auch Paula Zill, AStA-Referentin für Studium und Lehre. Eine eindeutige Bestätigung dieser Auffassung konnten wir vor dem Wochenende allerdings nicht mehr einholen.

Bilder: Frederike Kühnel (Masterhürde), privat (Erik von Malotki), Archiv