Im neuen Koalitionsvertrag wird Fusionsenergie eindeutig als Zukunftstechnologie festgelegt – und damit auch der „Wendelstein 7-X“, der weltweit größte Reaktor vom Stellarator-Typ. Dieser wird derzeit im Greifswalder Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) aufgebaut.
Im Gegensatz zu Kernkraftwerken wird bei der Fusion Energie nicht aus der Spaltung, sondern aus dem Verschmelzen von Atomkernen gewonnen. Dabei wird der als Plasma bezeichnete Brennstoff, ein Wasserstoffgas, in einem durch supraleitende Spulen erzeugten Magnetfeld eingeschlossen und für die Zündung auf Temperaturen von über 100 Millionen Grad Celsius gebracht.
Der Stellarator soll in einem 30-minütigen Dauerbetrieb gefahren werden können, anders als bisherige Reaktoren vom Tokamak-Typ, die nur pulsweise arbeiten. Hierbei ist der Wendelstein 7-X ein Schlüsselexperiment, denn er soll die tatsächliche Kraftwerkstauglichkeit der Stellaratoren unter Beweis stellen.
Durch die Aufnahme der Technologie in den Koalitionsvertrag erhoffe sich das Projekt laut der Pressereferentin des Greifswalder IPP, Isabella Milch, „vor allem wieder mehr Aufmerksamkeit für die Fusionstechnologie“. Über eventuelle Erhöhungen der auf 380 Millionen Euro festgelegten finanziellen Mittel für das von der Europäischen Union, dem Bund und dem Land Mecklenburg-Vorpommern getragenen Projekt sei jedoch noch keine Aussage möglich.
Der bei Beginn des Projekts für 2006 gesetzte Fertigstellungstermin hatte sich im Zuge der Arbeiten verschoben. Laut Frau Milch handele es sich hierbei „nicht um politische Verzögerungen, sondern um technologisch bedingte“. Insbesondere unter der rot-grüne Koalition sei zwar auch keine Erhöhung der finanziellen Mittel bewilligt worden, die eigentlichen Schwierigkeiten hätten sich aber bei der Herstellung und Montage der zum Teil sechs Tonnen schweren Einzelteile ergeben.
Mit der Beendigung des Aufbaus des 1980 begonnenen Experiments wird vom Max-Planck-Institut derzeit im Jahr 2014 gerechnet. Anschließend sollen die eigentlichen Experimente an dem Gerät beginnen.
Fotogalerie aus dem Mai 2009
Fotos: Julia Löcherbach
kleiner Kommentar live aus dem IPP:
-Im Artikel entsteht der Eindruck, es würde in Greifswald Fusion betrieben. Der Wendelstein 7-X ist aber "nur" ein Experiment zur Grundlagenforschung des Tokamak-Reaktortyps. Streng genommen ist also der Wendelstein nicht mal ein Reaktor (weil ja nichts reagiert).
-Etwas unglückliche Formulierung: Der Aufbau des Experiments endet voraussichtlich 2014, das eigentliche Experimentieren geht dann erst los!
-Außerdem kleiner Rechtschreibfehler: Max Planck und nicht Mach Planck 🙂
Danke für die Hinweise – die letzten beiden habe ich entsprechend korrigiert, den Rechtschreibfehler hatte ohnehin ich nachträglich in den Artikel eingebaut… 😉
So sehr ich die Leute klasse finde, die dort am Wendelstein arbeiten, so sehr muss ich doch auch die Einseitigkeit des Artikels kritisieren. Sie ließt sich wie eine Werbeanzeige bzw. Pressemitteilung. Wo ist die kritische Hinterfragung diese Probleme:
– In wenigen Jahren wird Solar und Windenergie billiger als Atomstrom sein. Wozu investieren wir Milliarden in eine Technologie dessen praktische Realisierung höchst theoretisch ist.
– Ursprünglich wurde in den 70iger Jahren das erste Kraftwerk für die 90iger Jahre zugesagt. Heute heißt es ab 2040 könnte man mit Kraftwerken rechnen…
– Ist die Zukunft nicht eh geprägt von dezentraler Energieversorgung, auf Basis regenerativer Engergie? Zwar kann ein "Fusionskraftwerk" (sofern es irgendwann eins gibt) ganz allein eine Hauptstadt in der Größe von Hamburg versorgen. Aber was, wenn dieses "eine" Kraftwerk ausfällt (wie zuletzt die Atommeiler Krümmel und Brunsbüttel?)… Außerdem gibt es das Problem der Stromverluste bei zentralisierter Stromversorgung. Imho: Wir brauchen dezentrale Stromerzeugung und hohe Ausfallsicherheit anstatt alles auf eine Karte zu setzen!
– Auch wenn kein hochradioaktiver Abfall anfällt, auch beim Fusionsreaktion fällt schwach (und mittel?) radioaktiver Abfall an. Dieser muss zwar nicht Millionen aber immer hunderte Jahre gelagert werden.
– Wo könnten wir heute stehen, wenn wir die selbe Menge Forschungsgelder in die Forschung erneuerbarer Engergien geflossen wäre? Wer trägt die politische Verantwortung für diese Entscheidungen?
Schade, dass all das nicht vorkommt 🙁 – Trotzdem wünsche ich allen Wissenschaftlern bei ihrem beeindruckenden Experiment natürlich viel Erfolg.
1. Fusionsstrom ist kein Atomstrom. Wie teuer Fusionsstrom sein wird, ist noch nicht bekannt. Allerdings muss man für Kernfusion keine Rohstoffe kompliziert abbauen und/oder irgendwie anreichern. Schöner Satz: Für eine deutsche Familie reichen 2 handgroße Steine und eine Flasche Mineralwasser, um das nötige Deuterium und Lithium für 1 Jahr Energie zu liefern. Außerdem gibt es immer noch keine Lösung für Windflauten und schlechtes Wetter. Was machen wir nachts?
2. In den 70ern gab es Geld für Fusionsforschung, weil plötzlich alle merkten, dass das Öl knapp wird. Seitdem gab es praktisch keine Großinvestition mehr, wie es bei Kernspaltung über lange Zeit der Fall war. Es gibt zu wenig Wissenschaftler und die Bauzeiten sind einfach noch zu lang – Kernfusion ist einfach verdammt kompliziert.
3. Das weiß keiner. Schlag ein zuverlässiges Kraftwerk vor, das klein ist und immer Strom liefert, und die Welt wird Dich umarmen. Außerdem können wir riesige Kraftwerksausfälle ganz gut ab. In Russland ist ein 6000 Megawatt-Wasserkraftwerk kaputtgegangen (typisch Kernkraft: 1200), und das haben se auch überlebt – also 75 haben's leider nicht, sichere alternative Energie und so.
4. Weißt Du, wie lange so ein doofes Windrad hält und wie viel es kostet? Schau mal nach… Im Moment *gibt* es einfach noch kein Fusionskraftwerk, kein Wunder das es teuer ist. Bald wird Energie so bekloppt teuer, dass ein Fusionskraftwerk günstiger wird.
5. Nach 100 Jahren kannst du den Müll von Fusionsanlagen essen. Richtig gelesen. Nach 50 Jahren würd ich's schon mit ins Bett nehmen, aber das ist Geschmackssache. ha ha
6. Wo würden wir heute stehen, hätten wir damals gar nicht erst mit Kohleverbrennung angefangen? Ich halte das für Wunschdenken. Man kann halt nicht einfach Geld in "erneuerbare Energien" stecken. Wohin konkret hättest Du es denn gesteckt und wo fehlt das Geld? Ich glaube ja, es fehlt einfach an guten Ideen, und da hilft Geld auch nicht. Kernfusion halte ich persönlich für eine tolle Idee und halte jeden Cent für gerechtfertigt, der in sie investiert wird. Aber ich denke, das ist Ansichtssache.
Hi Adrian,
ich will mich gar nicht drüber streiten. Es gibt sicher gute Argumente für beide Ansichten. Meine Kritik war mehr am Artikel. Wenn ich ein solches Thema habe, soltle es wenigstens einen Satz geben alá "Die Fusionsforschung ist dabei durchaus umstritten, da "argument 1" und "argument 2". Mehr dazu siehe "Link1" oder "Link2". Hätte total ausgereicht.
Ich möchte jetzt aber auch nicht den Redakteur demotivieren. Der Text ist sonst sehr schön geschrieben, die Fotos sind klasse und es ist super, dass sich der Redakteur dieses spannende Thema ausgesucht hat. Bitte also nicht als "Fundamentalkritik" missverstehen, sondern eher als Anregung…
Hey Du kennst DIch ja mit der Sache wirklich aus… Das ist aber jetzt unfair 🙁
Damit konnte ja keiner rechnen…