Wie aus einem einem Polizeibericht der Polizeidirektion Anklam hervorgeht, hat es in der Nacht zu Sonntag Ausschreitungen gegen die Greifswalder Burschenschaft „Markomannia“ gegeben. Dem Bericht zufolge seien am späten Samstagabend etwa 100 Personen von der Mensa aus zum Karl-Marx-Platz gezogen, von denen sich eine Gruppe abgespalten und das Gebäude der Burschenschaft am Karl-Marx-Platz attackiert habe. Dabei sei niemand verletzt worden, allerdings seien mehrere Fensterscheiben zu Bruch gegangen. Zu den Urherbern der Tat gab die Polizei nur bekannt, es handle sich um „Mitglieder der linken Szene“, gegen die nun wegen Landfriedensbruchs ermittelt werden.

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Logo der Markomannia

Eine weitere Gruppierung habe eine Polizeistreife mit zwei Mann Besatzung angegriffen. Auch dieser Vorfall sei ohne Verletzte verlaufen. Die Polizei, die in der Nacht 35 Beamten aus Anklam und Neubrandenburg nach Greifswald schickte, schreibt weiter:

„Die vermummten Personen waren gewaltbereit. Dafür sprachen die mitgeführten und geworfenen Schottersteine und die Tatsache, dass einige von ihnen Körperschutz, wie zum Beispiel an den Schienbeinen, trugen.“

Der NDR berichtet unter Berufung auf die Polizei, die Gewalttäter seien auch aus Ost- und Nordvorpommern, Rostock und Hamburg angereist. Zudem äußerte sich Landtagspräsidentin Sylvia Bretschneider im NDR: Übergriffe sowohl von Links- als auch Rechtsextremisten seien nicht zu akzeptieren. Gewalt sei kein Mittel der politischen Auseinandersetzung.

Update 4.10.2009, 15:45

Der webMoritz konnte sich inzwischen vor Ort ein Bild von den Schäden am Verbindungshaus der Markomannia machen. Dort sind alle sechs Fensterscheiben im Erdgeschoss und zwei weitere Fensterscheiben im ersten Stock zerstört worden. Nach Auskünften der Burschenschaftsmitglieder Christoph Böhm und des Öffentlichkeitsreferenten Schuldt hielten sich gestern etwa 20 Menschen im Verbindgshaus auf, als die etwa 30 Angreifer gegen 20:45 Uhr mit der Attacke auf das Haus begannen.

Christoph Böhm berichtete, die ersten Steine seien gezielt geworfen worden, der erste habe ein Verbindungsmitglied nur um Zentimeter verfehlt. Bei den Steinen handelt es sich um größere Schotterstenie, sie könnten zum Beispiel von einem Eisenbahndamm stammen.

Die Polizei sei gegen den Angriff zunächst machtlos gewesen, berichtete Schuldt. Der Gruppierung seien bereits bei ihrem Lauf von der Mensa in Richtung Marx-Platz mehrere Polizeifahrzeuge gefolgt, berichtete Schuldt, der dies zufällig beobachtet hatte. Die Polizei sei allerdings auf der Langen Straße durch spontan errichtete Barrieren aus Bierkästen aufgehalten worden.

Bis zum Karl-Marx-Platz seien sie den Gewalttätern aber wieder gefolgt, von diesen am Kreisverkehr aber abgelenkt worden, indem Steine und Flaschen auf die Polizeiautos geworfen worden seien. Gleichzeitig hätten etwa 30 von ihnen mit dem Angriff auf das nahegelegene Verbindungshaus begonnen. Die Gewalttäter hätten auch versucht, in das Haus einzudringen, indem sie die Haustür zerstören wollten. Das sei von den Anwesenden aber verhindert worden. Nach der Attacke hätten sie sich schnell zerstreut, viele seien vermutlich mit dem Zug aus Greifswald weggefahren. Die Verstärkung der Polizei traf erst ein, als der Spuk bereits 20 Minuten vorbei war.

Markomannia: „Wollen den Dialog fortsetzen“

Der Öffentlichkeitsbeauftragte Schuldt nannte die Tat „heimtückisch, feige und hinterhältig“. Gleichzeitig legte er Wert darauf, niemandem die Schuld für die Ausschreitungen zu geben, außer der Antifa. Fahnen der Antifa habe man bei den Gewalttätern gesehen, sagte er. Die Markomannen hatten im vergangenen Jahr immer wieder den AStA und auch den webMoritz für deren Aussagen über die Burschenschaft kritisiert. Schuldt betonte allerdings, nach wie vor den Dialog zu suchen und dem Diskurs weiterhin interessiert gegenüberzustehen. „Wir sehen uns als Teil der Studentenschaft“, sagte Christoph Böhm.

Schuldt wies explizit darauf hin, am Vormittag bereits mit Sebastian Jabbusch, einem der schärfsten öffentlichen Kritiker der Burschenschaften in Greifswald, telefoniert zu haben. Auch ihn mache man nicht verantwortlich für die Ausschreitungen, erwarte aber eine klare Distanzierung von ihm. Diese folgte prompt via Twitter und in diesem Artikel weiter unten in den Leserkommentaren.

Bei den Markomannen saß der Schock heute noch tief in den Knochen. Das Verbindungshaus sei auch ein Wohnheim für sieben Studenten, von denen nur drei der Burschenschaft angehörten. Auch eine Kommilitonin wohne in dem Haus, sie sei aber gestern nicht anwesend gewesen. Gestern fand dort zwar eine Veranstaltung zur Semestereröffnung statt, man geht aber nicht davon aus, dass die Attacke absichtlich während dieser stattgefunden habe, da das Semesterprogramm derzeit noch nicht veröffentlicht sei.

Insgesamt fürchtet man sich bei der Markomannia davor, dass in Greifswald in Kürze „Rostocker Verhältnisse“ herrschen könnten. Dort seien die Burschenschaften regelmäßig Ausschreitungen ausgesetzt. Mitunter werde den Mitgliedern dort persönlich aufgelauert.

Update 4.10.2009, 15:50: Pressemitteilung der Markomannia

Die Markommaniahat inzwischen in einer Pressemitteilung offiziell Stellung zu den Vorgängen. Wir veröffentlichen diese auf Bitten der Verbindung ungekürzt.

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Korbinian Geiger

Update 4.10.2009, 16:10: StuPa-Präsident äußert sich

StuPa-Präsident Korbinian Geiger (RCDS) hat gegenüber dem webMoritz die Ereignisse scharf verurteilt. Er sagte: „Wenn da ein randalierender Mob durch die Straßen zieht, ist hinsichtlich des Gewaltpotenzials kaum noch ein Unterschied zu den braunen Horden in anderen Städten zu erkennen.“

Fotos: Gabriel Kords (Markomannia), Christine Fratzke (Korbinian Geiger)