70 Jahre nach Beginn des zweiten Weltkriegs lockte Quentin Tarantino mit einem Film der die NS-Zeit thematisiert, zahlreiche Besucher in die weltweiten Lichtspielhäuser. In den Medien wurde „Inglourious Basterds“ als Film des Jahres gehandelt. Schon der Trailer versprach Action und Humor in typischer Tarantino-Manier.
Während sich allerdings in den letzten Jahren Filme über die Nazizeit meist mit realen Personen und Ereignissen beschäftigten, nutzt Tarantino lediglich die historische Kulisse um darin eine größtenteils frei erfundene Geschichte zu erzählen. Folgerichtig heißt eines der fünf Kapitel des Films auch „Operation Kino“.
Sadismus soweit das Auge reicht
Der SS-Offizier Hans Landa (Christoph Walz) hat den Auftrag im besetzten Frankreich untergetauchte jüdische Familien aufzuspüren und zu töten. Mit grausamer Scharfsinnigkeit und unmenschlichem Sadismus geht er dieser Tätigkeit nach.
In den vereinigten Staaten formieren sich derweil die titelgebenden „Basterds“ um den US-Leutnant Aldo Raine (Brad Pitt). Ihr Ziel ist es in Frankreich brutale Vergeltung an den Nazis zu üben. In der Premiere eines Propagandafilms um den deutschen Kreigshelden Frederick Zoller (Daniel Brühl) in Paris sieht die Spezialeinheit ihre Chance einen Großteil der NS-Führung auszuschalten. Gleichzeitig plant jedoch auch die jüdische Kinobesitzerin ein Attentat während der Vorstellung. Sie konnte einige Jahre zuvor dem „Judenjäger“ Landa entkommen. Dieser ist nun für die Sicherheit bei der Premiere zuständig.
Jedes der fünf Kapitel des Films steht in gewisser Weise für sich allein, sie wirken wie kleine Szenarien, bzw. Geschichten ohne fließende Übergänge, trotzdem erzählen sie eine fortlaufende Geschichte. Vor allem durch die zur Schau gestellte Brutalität der ist keiner der Charaktere dabei Sympathieträger oder Identifikationsfigur.
Kino im Kino
Besonders herausragend ist die Rolle des Hans Landa, großartig gespielt vom Österreicher Christoph Walz. Er ist hinterlistig, scharfsinnig, zynisch und hoch intelligent. Die Figur wird nie als Karikatur dargestellt, im Gegensatz beispielsweise zu Hitler oder Goebbels, die in Nebenrollen zu sehen sind. Allerdings wird später auch klar, dass Hans Landa kein überzeugter Nazi ist, sondern die Judenjagd eher zum Ausleben seines Sadismus‘ und seiner Mordphantasien nutzt.
Brad Pitt als Lt. Aldo Raine sticht zwar nicht so hervor wie Christoph Walz, allerdings gefällt Pitt als älterer „Nicht-Schönling“ sehr gut. Die Pitt und die anderen „Basterds“ haben, tarantinotypisch, trotz ihrer dargestellten Brutalität auch Witz und Charme
Eine weitere sehr gute Figur wird von Mélanie Laurent gespielt, die der Shosanna Dreyfus. Sie ist die schöne, jüdische Kinobesitzerin, die sich nach nichts als Rache an Nazis sehnt. Sie wirkt kaltblütig, aber nicht gefühllos.
Die schwächste Leistung gibt Diane Kruger in ihrer Rolle als deutsche Kontaktperson der amerikanischen Spezialeinheit ab. Sie wirkt immer ein wenig farblos und erweckt den Eindruck Kruger spiele mit wenig Leidenschaft.
Besonders Spaß beim Zuschauen machen die teilweise unerwartet auftauchenden deutschen Schauspieler wie zum Beispiel Till Schweiger und Gedeon Burkhard als „Basterd“, Bela B. als Platzanweiser oder Volker „Zack“ Michalowski als deutscher Soldat. Damit überrascht Tarantino wohl vor allem das deutsche Publikum.
Wie erwähnt bietet die Handlung trotz der historischen Anspielungen, bzw. des geschichtlichen Hintergrundes keinen größeren Wahrheitsgehalt. Durch den Tod Hitlers, welcher somit das Ende des zweiten Weltkrieges darstellt, ist eindeutig, dass Tarantino keine Nacherzählung der echten Geschichte wollte. Vielmehr nutzt er die Geschehnisse für einen Actionfilm, der vor allem auch die Rolle des Kinos, insbesondere in der NS-Zeit widerspiegelt. Denn im Film endet die Grausamkeit der Nazis in einem Lichtspielhaus.
Die doch sehr verstrickte Geschichte führt aber auch ein paar logische Fehler mit sich. So gehen zwischenzeitlich einige der „Basterds“ aus der Handlung verloren. Auch andere Kleinigkeiten werfen Fragen aus, sind aber unwichtig für die Gesamtwirkung des Films. Denn obwohl der Film stolze 2 ½ Stunden geht, wirkt er nie langatmig oder übertrieben breit gezogen. Jede Szene des Films ist wichtig für die Fortführung des Inhalts.
Tarantino lässt wie in fast jedem seiner Filme eine Menge Patronen platzen, Blut fließen und Feuerbälle hochgehen. Seine Vorliebe für brutale Szenen sind bekannt aus Filmen wie „Pulp Fiction“ oder „Deathproof“. Vor allem die Schlüsselszene im Kino mag für den ein oder anderen sehr bedrückend sein.
Untermalt werden solche Szenen durch großartige Musik. Es lohnt sich auf jeden Fall den Soundtrack anzuhören, auch wenn man kein Fan des Films ist.
Fazit – Nichts für schwache Nerven
Wer schwache Nerven hat sollte sich überlegen ob er „Inglourious Basterds“ wirklich sehen will. Aber die Darsteller sind bis auf kleine Ausnahmen großartig und auch der typische, scharfsinnige und zielsichere Humor des Regisseurs macht großen Spaß und ist auf jeden Fall sehenswert.
Für jeden Tarantino- und Actionfan ist der Film ein Muss.
Bilder:
Deutsche Homepage des Films/ The Weinstein Company
Also mich hat der Film nicht unbedingt von den Socken gehauen – vielleicht habe ich auch zu hohe Erwartungen an Tarantino vorausgesetzt. Ich konnte mich mit der Story irgendwie nicht so richtig anfreunden. Auf jeden Fall hat aber Christoph Walz eine geniale Vorstellung abgegeben – doch ein Grund, warum man sich den Film mal anschauen sollte.
Ich fand den Film gut, aber er hat seine Längen, die nicht jedesmal die für Tarantino typischen starken Dialoge aufweisen. Als Film, der Schulklassen gezeigt wird, ist er wohl eher ungeeignet. da empfehle ich "Das Leben ist schön" damit kriegt man NS-Fans besser angerührt, da man sich mit den Charakteren identifizieren kann.
ich glaube nicht, dass es tarantino in irgendeinem seiner filme je um die identifikation mit einem bestimmten charakter ging =)
Das ist wie immer Ansichtssache 😉
Bei From Dusk til Dawn war Jacob meiner Meinung nach schon so angelegt, das man sich in seine Lage versetzen kann. Der Versuch, seine Kinder irgendwie durch das Schlamassel zu retten unter Hingabe seines eigenen Lebens – das wirkt nur, wenn die Figur auch Sympathien erweckt.
BITTE bitte bitte schaut euch den film in der OV an – die deutsche Synchro ist unter aller Kanone! in einigen Situationen (Kneipenkellerszene, Anfangssequenz etc.) kommt es zu völlig unterschiedlichen Übersetzungen, welche sich mit normalem menschenverstand irgendwie nicht erklären lassen…zugegeben, das synchroteam hatte mit diesem film sicherlich einen harten brocken zu knabbern, aber was nun rausgekommen ist, ist für jeden filmfan eine absolute kathastrophe!
schön hier mal wieder ne filmkritik zu lesen!
kann mich nur anschließen, der film ist absolut sehenswert. mich hat er sogar zweimal ins kino gezogen. was auch sehr interessant ist, sind die kleinen filmzitate, die tarantino eingebaut hat. so zum beispiel die anfangsszene, die – durch die musik noch verstärkt – stark an "the good, the bad and the ugly" erinnert.
Einer der besten Tarantino-Filme! Und ganz klar sein "europäischster" Kinofilm. Ein toller Anti-Nazi-Spielfilm im Westernstyle, den ich nur empfehlen kann.
Leider wurde der Film im Greifswalder Kino nur in deutscher Synchronisation gezeigt (oder hab ich da was verpaßt?). Vielleicht kann ja das Mensa-Kino den Film 2010 mal als OmU vorführen?
Außerdem wäre es wünschenswert, wenn in den kommenden Jahren ein längerer Directors Cut erschiene.
Ich glaube nicht, daß Tarantino sich besonders für Nazis, Moral oder Schuld interessiert. Die SS-Uniformen sind einfach eine prima Kulisse für den tarantinotypischen Gewaltklamauk.
[Edit Moderator: Hier geht es um einen Kinofilm nicht um die deutsche Volksseele. Bitte beim Thema bleiben.]
Also nichts Neues unter den Externsteinen 😀
Sorry EMAU-Absolvent, aber der Sinn des zweiten Teils deines Kommentars erschließt sich mir nicht…
Was du immer nur mit den "traumatisierten Deutschen" und ihren "Komplexen" hast… 🙂
Tja, ich hätte Psychiater werden sollen. Volkspsychiater 😀
Es gab da ein paar Jubelartikel in der konservativen Presse (ich glaube Cicero), die die Ballerei als cineastische Katharsis abfeierten. Wenn das so einfach wäre 😉
Müssen die Rechten sich so verhalten, wie man es erwartet? http://www.freitag.de/kultur/0940-inglourious-bas… Zum Glück sind deren Greifswalder/Vorpommer Pendants schlauer. 😉
Bei From Dusk til Dawn habe ich mich immer in die Lage der Vampire versetzt 😀
Aber wenn schon Gewaltklamauk, dann schaue ich lieber richtige Splatter-Movies.
Mein absoluter Lieblingsfilm ist zur Zeit „Dawn of the Dead (2004)“.
Jede Menge Zombies mit ulkigem Humor und ein Spitzen Soundtrack! 🙂
http://de.wikipedia.org/wiki/Dawn_of_the_Dead_(2004)