Auch wenn es keinem weiterhilft, tut Jörg Hochheim, Leiter des Amts für Wirtschaft und Finanzen, kund: „Wenn die Finanzkrise nicht gekommen wäre, hätten wir für das kommende Jahr sagen können: Abgesehen von den Krediten für Investitionen ist Greiswald schuldenfrei.“ Tatsächlich ist die Finanzkrise aber gekommen und sie hat erhebliche Auswirkungen auf den Haushalt der Stadt Greifswald. Zunächst würden in den nächsten Monaten, vor allem ab 2010 die Einnahmen wegbrechen, später sei auch mit steigenden Sozialausgaben zu rechnen, teilt die Stadt mit.
Die Konsequenz: Die Stadt muss ihre Haushaltsplanungen überarbeiten. Zu einer Reihe von Ausgaben ist sie verpflichtet, die freiwilligen Ausgaben aber stehen nun auf dem Prüfstand. Am Mittwoch letzter Woche präsentierte die Stadt in einer Pressekonferenz erste Fakten zu den geplanten Einsparungen. Derzeit macht die Verwaltung der Politik Vorschläge, wo gespart werden kann, die endgültige Entscheidung aber trifft die Politik, also die Bürgerschaft. Die tagt jedoch erst wieder am 28. September.
Insgesamt müssen etwa neun Millionen Euro eingespart werden, die sich unteteilen in den Fehlbetrag aus dem Jahr 2008 (3 Millionen Euro) und den Fehlbetrag aus 2009 (voraussichtlich nur etwa 200.000 Euro) und den prognostizierten Fehlbetrag für die Jahre danach.
Streichkandidaten: St. Spiritus, Biblitohek, Jugendhilfe
Einen Teil dieses Haushaltsloches will die Stadt mit einem Kredit stopfen. Der werde aber vom Land nur genehmigt, wenn man ein langfristiges Sicherungskonzept für den Haushalt vorlege und weitere Einsparungen vornehme, heißt es von der Stadt. Während die Stadt in ihrer Pressemitteilung keine konkreten Vorgaben macht, existiert auch ein Papier mit konkreten Vorschlägen der Verwaltung, das dem webMoritz vorliegt. Die zehnseitige „Ideensammlung zur Vorbereitung des Haushaltssicherungskonzepts“ führt tabellarisch auf, wo und wie viel man nach Meinung der Verwaltung sparen könnte.
Zur Disposition steht unter anderem die Finanzierung des Kulturzentrums St. Spiritus, die gekürzt werden soll (um 80.000 Euro jährlich von bisher geplanten 283.500 Euro in 2009). Auch die freiwillige Feuerwehr (10.000 Euro), die Musikschule (300.000Euro), die Stadtbibliothek (180.000 Euro), die Volkshochschule (60.000 Euro), das Stadtarchiv (bis zu 50.000 Euro), die Denkmalpflege (10.000 Euro) sowie verschieden freie Träger der Jugendhilfe und der Wohlfahrtspflege stehen auf der Liste. Der Kultur- und Sozialpass soll gestrichen werden.
Besonders hart könnte es nach dieser Liste auch die Sportvereine treffen, bei denen die Rückerstattung von Pachten verringert werden soll (von bisher geplanten 40.000 Euro auf 20.000 Euro). Zudem wird vorgeschlagen die Zuschüsse an Sportvereine um 60.000 Euro zu kürzen, sowie die Nutzungsgebühren für Sportstätten anzuheben um jährlich etwa 55.000 Euro zusätzlich einzunehmen.
Gleichzeitig sollen die Einnahmen gesteigert werden, indem Gewerbe- und Grundsteuerhebesatz angehoben werden und weitere Gebühren (z.B. Parkgebühren) erhöht werden. Die Stadtverwaltung selbst will ebenfalls sparen: 40 Planstellen sollen eingespart werden (200.000 Euro im Jahr 2010, 400.000 in 2011, 800.000 in 2012 und 1.600.000 in 2013).
Außerdem: Hundesteuer verdoppeln, Büromaterial sparen, Fraktionszuschüsse kürzen
Außerdem enthält die Liste einige originelle Vorschläge: Die Hundesteuer soll gleich verdoppelt werden (von 72 Euro auf 144 Euro, Mehreinnahmen: circa 120.000 Euro), durch Einsparung von Büromaterial will man 2012 ganze 20.000 Euro sparen und 2013 schon 30.000 Euro. Auch den Ratsfraktionen soll es nach den Vorstellungen der Verwaltung an den Kragen gehen: Durch Kürzung der Sitzungsgelder und von Entschädigungen sollen jährlich 30.000 Euro eingespart werden.
Kritik an Landesfinanzierung
Im Zuge der Informationen über die Haushaltslage sparte Oberbürgermeister Dr. Arthur König nicht mit Kritik am Land: Die von dort kommenden Gelder werden ebenfalls sinken, da im Zuge der sinkenden Zuweisungen aus dem Länderfinanzausgleich auch die Schlüsselzuweisungen vom Land sinken. König weist dabei auf ein Missverhältnis zwischen Zuweisungen und Größe der Städte hin: Obwohl ein Drittel der Landesbevölkerung in kreisfreien Städten lebe, erhielten diese nur 26 Prozent der Finanzmittel. König: „Wenn es keine Umschichtungen zugunsten der kreisfreien Städte gibt, sind diese nicht mehr handlungsfähig. Dann steht die kommunale Selbstverwaltung nur noch auf dem Papier.“
Bilder:
Foto Dr. König – Eric Schümann
Titelfoto – \< via flickr
Foto Rathaus – Carsten Schönebeck
Warum nur habt Ihr den "worst case" kolportiert? Die 9 Mio. € sind für das nächste Haushaltsjahr reine Spekulation. "Prognostizierte Fehlbeträge" einzusparen ist wirklich nicht einfach, denn jeder kann die Prognose ändern. Wirklich gespart werden muss das Defizit von 3 Mio. € aus dem Haushaltsjahr 2008.
Auch wenn es nervt, hier u. a. noch einmal die Relationen zu anderen Städten in MVP:
http://www.ostsee-zeitung.de/lokal/leserbriefe_ar…
Also die kaufmännische Sorgfalt besagt aber, dass man Ausgaben eher höher ansetzt und Einnahmen eher geringer. Zwar ist der Haushalt der Stadt nur bedingt mit der Führung eines Betriebes zu vergleichen und muss ja auch nicht nach HGB handeln, aber diese Grundlagen des wirtschaften, sollten sich auch Haushaltpolitiker mal aneignen – besonders wenn man sieht, dass in den kommenden Jahren auch immer mehr öffentliche Haushalte von der Kameralistik auf die Doppik umstellen (dies bezüglich lief gerade heute Vormittag eine Anhörung vorm Landesverfassungsgericht M-V, wo allerdings nicht darum ging, ob umgestellt wird, sondern wer die Kosten dafür trägt).
Lange Rede, kurzer Sinn: Mit dem "Worst Case" zu arbeiten ist schon ganz sinnvoll!
Auweia, wenn schon auf einem Studentenportal so pessimistisch diskutiert wird, ist es um Deutschland schlecht bestellt. Sollten nur die "Kameralisten und die Doppisten" die Oberhand gewinnen, ist es wirklich schlecht um das Land bestellt.
Nebenbei, die Prognosespezialisten und die Rating-Agenturen haben gerade die Welt durch falsche Aussagen in die Krise geführt. Jetzt sollen die plötzlich sinvolle Zukunftsrichtlinien vorgeben?
Kurze Rede: "Worst case" ist in diesem Fall als "Schlechter Käse" zu bewerten!
Das hat nichts mit Pessimismus zu tun, sondern mit sorgfältiger Finanzplanung. Normalerweise sind bei einem öffentlichen Haushalt aufgrund der Kameralistik, hoch angesetzte Ausgaben eher kontraproduktiv, da dies häufig zum so geannten "Dezember-Effekt" führt (frei nach dem Motto: "Ist ja noch was im Topf, also raus mit dem Geld"). Allerdings gibt es natürlich einen gewaltigen Unterschied zwischen den PLAN-Ausgaben und den IST-Ausgaben.
Es ist auf jedem Fall verantwortungsvoll, wenn die Stadt mit erhöhten Steuerausfall rechnet und nicht einfach weiter munter Geld ausgibt und dann irgendwann ein ganz böses erwachen kommt. Sollten die Steuerausfälle dann doch nicht so hoch ausfallen, kann man ja immernoch wieder mehr ausgeben.
Der Zusammenhang von Prognosen der Rating-Agenturen und der Haushaltplanung der Stadt ergibt sich für mich nicht so ganz.
Die fehlerhaften Ratings der letzten Monate würde ich aber auch nicht unbedingt verantwortlich machen für die aktuelle Finanzkrise. Meiner Meinung waren es eher die enorm expansive Geldpolitik der Notenbanken (weltweit), gekoppelt mit einer sehr geringen Eigenkapitalquote der Banken. Aber das wäre ja mal wieder ein Thema, über das man einen ganzen Artikel schreiben könnte.
Letzter Versuch, denn wir kommen sonst vom Thema ab und ein Dialog ist wohl auch nicht das Ziel dieses Mediums!
1. Es geht mir hauptsächlich um die hier dargelegte unrealistische Einsparungsforderung von 9 Mio. € für das Jahr 2010. Vielleicht doch erst einmal meinen OZ-LB s.o. lesen.
2. Über die Verantwortung der Rating Agenturen kann man bei Wikipedia und in 1000 anderen Quellen lesen:
"… stellt die Schwachpunkte bei Rating-Agenturen dar. Im Rahmen der Subprime-Krise 2007/2008 hat sich die Kritik gegenüber den Ratingagenturen weiter verschärft und nicht nur in den USA eine politische Debatte auf höchster Ebene ausgelöst. Die Ratingagenturen stehen in der Kritik, mit der Vergabe teilweise unrealistisch guter Ratings oft gar mit der Bestnote AAA bewertete verbriefte Wertpapiere den Marktteilnehmern ein zu niedriges Risiko signalisiert und dadurch den Finanzmärkten einen falschen Anreiz geschaffen zu haben. …"
Okay, lassen wir das so stehen und beenden den Dialog. 😉
Vielleicht traut sich ja nochmal ein webMoritz-Redakteur an das Thema "Finanzkrise" ran.
Das hat nichts mit Pessimismus zu tun, sondern mit sorgfältiger Finanzplanung. Normalerweise sind bei einem öffentlichen Haushalt aufgrund der Kameralistik, hoch angesetzte Ausgaben eher kontraproduktiv, da dies häufig zum so geannten "Dezember-Effekt" führt (frei nach dem Motto: "Ist ja noch was im Topf, also raus mit dem Geld"). Allerdings gibt es natürlich einen gewalten Unterschied zwischen den PLAN-Ausgaben und den IST-Ausgaben.
Es ist auf jedem Fall verantwortungsvoll, wenn die Stadt mit erhöhten Steuerausfall rechnet und nicht einfach weiter munter Geld ausgibt und dann irgendwann ein ganz böses erwachen kommt. Sollten die Steuerausfälle dann doch nicht so hoch ausfallen, kann man ja immernoch wieder mehr ausgeben.
Der Zusammenhang von Prognosen der Rating-Agenturen und der Haushaltplanung der Stadt ergibt sich für mich nicht so ganz.
Die fehlerhaften Ratings der letzten Monate würde ich aber auch nicht unbedingt verantwortlich machen für die aktuelle Finanzkrise. Meiner Meinung waren es eher die enorm restriktive Geldpolitik der Notenbanken (weltweit), gekoppelt mit einer sehr geringen Eigenkapitalquote der Banken. Aber das wäre ja mal wieder ein Thema, über das man einen ganzen Artikel schreiben könnte.
Das hat nichts mit Pessimismus zu tun, sondern mit sorgfältiger Finanzplanung. Normalerweise sind bei einem öffentlichen Haushalt aufgrund der Kameralistik, hoch angesetzte Ausgaben eher kontraproduktiv, da dies häufig zum so geannten "Dezember-Effekt" führt (frei nach dem Motto: "Ist ja noch was im Topf, also raus mit dem Geld"). Allerdings gibt es natürlich einen gewalten Unterschied zwischen den PLAN-Ausgaben und den IST-Ausgaben.
Es ist auf jedem Fall verantwortungsvoll, wenn die Stadt mit erhöhten Steuerausfall rechnet und nicht einfach weiter munter Geld ausgibt und dann irgendwann ein ganz böses erwachen kommt. Sollten die Steuerausfälle dann doch nicht so hoch ausfallen, kann man ja immernoch wieder mehr ausgeben.
Der Zusammenhang von Prognosen der Rating-Agenturen und der Haushaltplanung der Stadt ergibt sich für mich nicht so ganz.
Die fehlerhaften Ratings der letzten Monate würde ich aber auch nicht unbedingt verantwortlich machen für die aktuelle Finanzkrise. Meiner Meinung waren es eher die enorm expansive Geldpolitik der Notenbanken (weltweit), gekoppelt mit einer sehr geringen Eigenkapitalquote der Banken. Aber das wäre ja mal wieder ein Thema, über das man einen ganzen Artikel schreiben könnte.
Also die kaufmännische Sorgfalt besagt aber, dass man Ausgaben eher höher ansetzt und Einnahmen eher geringer. Zwar ist die der Haushalt der Stadt nur bedingt mit der Führung eines Betriebes zu vergleichen und muss ja auch nicht nach HGB handeln, aber diese Grundlagen des wirtschaften, sollten sich auch Haushaltpolitiker mal aneignen – besonders wenn man sieht das in den kommenden Jahren auch immer mehr öffentliche Haushalte von der Kameralistik auf die Doppik umstellen (dies bezüglich lief gerade heute Vormittag eine Anhörung vorm Landesverfassungsgericht M-V).
Lange Rede, kurzer Sinn: Mit dem "Worst Case" zu arbeiten ist schon ganz sinnvoll!
Die vollständige Streichliste nebst beginnender Diskussion findet Ihr hier:
http://blog.gruene-greifswald.de/2009/09/12/haush…
Es ist Zeit umzudenken, was wir heute erleben ist erst ein Vorgefühl auf das was uns noch erwartet. Schätzungen schwanken zwischen 60%-98% der weltweiten Finanzströme, die ausschließlich aus fiktiven spekulativen Kapital bestehen. Die Finanzblase ist noch lange nicht geplatzt, sondern geplatzt ist nur ein seitlicher Luftbalon der zu weit raus geschaut hat, einer der auf steigende Gewinne bei amerikanischen Immobilien spekuliert hat. Es ist nur eine Frage der Zeit bis der gesamte weltweite Kapitalmarkt zusammenbricht, bin mal gespannt welche Weisheiten unsere kommunalen und nationalen Wirtschaftsexperten dann haben. Wir stehen vor dem Abgrund und in diesem Jahr ist ein winziger Teil der Uferbefestigung abgebrochen…
PS: Wer nachdenkt ist klar im Vorteil, es gibt seit Jahren kein Wirtschaftswachstum sondern lediglich eine Vergrößerung eben jener Finanzblase, sowohl aus ökonomischer Sicht, da die Märkte seit dem Zusammmenbruch des Ostblocks augeteilt sind, als auch aus ökölogischer Sicht, da die natürlichen Ressourcen keine Produktionssteigerungen mehr zulassen. Noch immer werben Merkel und Westerwelle mit einem fiktiven Wachstum, noch immer steht das Volk nicht auf und jagt die Marionetten der Verblödungsindustrie in die Spree… aber auch das ist nur eine Frage der Zeit.
Bei allem Verständnis, das vertreten von Weltuntergangsszenarien überlasse ich dann doch lieber den Zeugen Jehovas. Bis dahin muss noch viel passieren, wobei sicherlich wahr ist, dass wir seit 25 Jahren über unsere Verhältnisse leben (hat George Soros letztens im Wall Street Journal gesagt).
Ich weiß ja nicht, aber für mich ist "sparen" nach wie vor ein Verb – wieso wird es auf der Startseite groß geschrieben?
Hoffentlich ist Prof. Matschke verkürzt oder falsch zitiert worden. Von einem Wirtschaftsprofessor würde ich schon mehr Inhaltliches zu diesem Thema erwarten, als bedingungsloses nachplappern einer unfundierten Behördenforderung.
Zitat OZ von heute:
-"Die FDP, die mit Manfred Matschke den Vorsitzenden des Finanzausschusses stellt, unterstützt dagegen den rigiden Sparkurs. Matschke: „Wir sind in der unglücklichen Lage, Dinge beschließen zu müssen, die keine Freude auslösen, weder in der Bürgerschaft noch in der Bevölkerung.“ Den Verfahrensvorschlag der Verwaltung bezeichnet Matschke als „nützlich“."-
Dass sich ein Neoliberaler freudig sozialen Sparmaßnahmen anschließt macht ja noch einmal deutlich, was von dieser Partei nach der Wahl zu erwarten ist.