Seit gut zwei Monaten wird an unserer Universität energischer denn je über den Namenspatron Ernst Moritz Arndt diskutiert. Öffentlich werden jedoch hauptsächlich die Kritiker des Umstrittenen Freiheitsdichters wahrgenommen. Ob das daran liegt, dass die Arndt-Gegner in der Überzahl sind, liegt allerdings eher im Bereich der Spekulation. Fest steht aber: Die Kritiker haben sich organisiert. Nach Jahren des unorganisierten Protestes ist es wohl vor allem dem Senator und StuPisten Sebastian Jabbusch anzurechnen, dass sich eine ganze Reihe engagierter Arndt-Gegner unter einem Banner versammelt hat und mit Flyern, Petition, Veranstaltungen und anderen Aktionen auf die Problematik aufmerksam macht.

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Artikel in der "Jungen Freiheit"

In den ersten Wochen nach der wegweisenden Vollversammlung liefen die Befürworter des jetzigen Uni-Namens vor allem in der örtlichen Lokalzeitung Sturm gegen eine mögliche Umbenennung. Dozenten, Studenten und andere Greifswalder meldeten sich zu Wort und verteidigten Arndt. Doch die Befürworter verpassten bisher die Chance, sich öffentlichkeitswirksam zu organisieren. Während der Greifswalder Namensstreit inzwischen die bundesweiten Medien („Spiegel-Online“, „Süddeutsche Zeitung“, und das ehemalige SED-Blatt Organ „Neues Deutschland“) erreicht hat, scheint der lokale Widerstand gegen die Entwicklung in den Gremien der Universität derzeit zu verebben.

Lediglich im „StudiVZ“ hat sich eine Gruppe von Arndt-Fans gebildet. Gut 150 Mitglieder haben sich dort mittlerweile zusammengefunden – immerhin doppelt so viele wie in der offiziellen Gruppe der Arndt-Gegner. Doch zeigt sich auch hier eines der großen Probleme der Arndt-Befürworter: Die Abgrenzung zu Rechtsextremen. So findet man (in der frei zugänglichen Gruppe) neben Verweisen auf rechtsextreme Online- und Print-Medien und teilweise aggressiven Schmähungen der Anti-Arndt-Aktivisten bisher nur erste Ansätze eines möglichen konstruktiven Protests.

Junge Freiheit: Bilderstürmer, Kannibalismus, Hexenverfolgung

Ein Impuls „pro Arndt“ ging dieser Tage von der „Jungen Freiheit“ aus. Die Wochenzeitung, die einigen Politikwissenschaftlern als Brückenkopf zwischen Konservativen und Rechtsextremen gilt,  beschäftigte sich in ihrer letzten Ausgabe mit dem hiesigen Namensstreit. Unter dem Artikel „Moderne Bilderstürmer – Kannibalismus in unserer Zeit“ attackiert der Autor Eric Wollin die Befürworter einer Umbenennung. Er rückt die Kritik an Arndt in die Nähe der Hexenverfolgung durch die christlichen Kirchen und die Bücherverbrennungen im Dritten Reich. Mit den Aktivisten selbst geht er ebenfalls hart ins Gericht:

Es ist ein Skandal für sich, daß es im heutigen linken, sich so weltoffen gerierenden Greifswalder Universitätsbereich offenbar wieder Studenten und Professoren gibt, die sich auf den Pfad der Gesinnungshatz begeben – und auf die der Satz von Michael Klonovsky zutrifft, man sehe auch am demokratischen Verhalten, wer zum Nazi getaugt hätte.

Empfehlung an Sympathisanten: Macht es wie die „Weiße Rose“!

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Junge Freiheit: Interessante Öffentlichkeitsarbeit

Interessant ist, dass der Öffentlichkeitsbeauftragte der „Jungen Freiheit“, sich bemüht, den Artikel über verschiedene tendentiel konservative Netzwerke in Umlauf zu bringen. In einer begleitenden E-Mail, die der webMoritz-Redaktion vorliegt, heißt es:

„Um den Extremisten wenigstens etwas demokratischen Widerstand entgegenzusetzen, könnten Sie diesen Artikel mit ein, zwei begleitenden Zeilen an Ihre Netzwerke weiterleiten. Sie können ihn auch gern ausdrucken und auf dem Campus verteilen oder konspirativ –  wie die Mitglieder der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ – in der Universität auslegen.

Für weitere Informationen und Unterstützungsleistungen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.“

Man darf gespannt sein, ob der Artikel in den kommenden Wochen tatsächlich eine größere Verbreitung findet.

Kommentar von Carsten Schönebeck

Die Universität ist ein Mikrokosmos, in vielerlei Belangen – vor allem in politischen. So beobachtet man derzeit eine Art Wahlkampf um den Uni-Namen. Bisher leider einen sehr einseitigen. Breit aufgestellt und gut organisiert präsentieren sich die Arndt-Gegner. Die Befürworter dagegen wirken überrumpelt, sprachlos bestenfalls noch genervt.

Während also die Initiative „Uni-ohne-Arndt“ eine immer stärker werdende Kampagne ausbreitet, werden die meisten Studenten entweder mitgerissen oder betrachten die vorbeiziehende Welle abseits aber mit einem lähmenden Staunen.

Die Debatte um Arndt ist gut und sie ist wichtig, doch die immer wieder aufkeimende Diskussion schadet der Universität nach Außen wie nach Innen.  Deshalb muss nun zügig eine Entscheidung folgen. Die Fakten liegen seit Monaten, wenn nicht gar Jahren auf dem Tisch. Arndt hat seine Verdienste, wie auch seinen Pferdefuß, er muss in der Zeit betrachtet werden, uns aber auch heute etwas zu sagen haben.

Wer immer noch nach Argumenten fragt, verkennt die Entwicklung der Debatte. Sie ist längst nicht mehr wissenschaftlich, sie ist politisch. Und so wird sie am Ende auch entschieden werden – mit allen Mitteln, auch den eher ungeliebten, die die Politik zu bieten hat. Und während beide „Lager“ ihre Gegner gerne in politische Ecken stellen, setzte man unter den Befürwortern des Namens lange Zeit auf Hinterzimmerpolitik – durchaus erfolgreich.  Doch das wird jetzt möglicherweise nicht mehr ausreichen.

Hinzu kommt ein weiteres großes Problem: Die Arndt-Debatte wird immer wieder, und seit der Vollversammlung konsequent, auch vom rechtsextremen Milieu für Propaganda instrumentalisiert. Dass die Anti-Arndt-Aktivisten von rechts außen als „linksextrem“ diffarmiert werden, werden sie ertragen müssen. Aber gerade deshalb müssen die demokratischen Arndt-Befürworter besonders aufpassen, sich klar von den Rechtsextremen abzugrenzen. Das ist bisher noch nicht entschieden genug geschehen.

Daher wird es höchste Zeit, dass sich auch die (nicht rechtsextremen) Arndt-Befürworter organisieren und „ihren Patron“ verteidigen. Gefordert sind da vor allem die örtlichen Netzwerke, die sich für Arndt aussprechen. Dabei tut man gut daran, sich die eigenen Verbündeten mehrmals anzuschauen, bevor man sie ins Boot holt.

Die „Junge Freiheit“ setzt in der Arndt-Debatte auf eine inkonsequente Polemisierung. Den Kampf für Arndt mit dem Freiheitskampf der „Weißen Rose“ gleichzusetzen kann wohl nur als danebengegangene Satire verstanden werden, zumal, wenn gleichzeitig kritisiert wird, die Debatte lenke von den eigentlichen Problem der Gesellschaft ab.

Erwarten sollte man nicht, dass am Ende des Namensstreits eine repräsentative Mehrheitsentscheidung aller Betroffenen gefällt wird. Entscheidend wird am Ende sein, wer die Mehrheit der Senatoren auf seine Seite bringt. Vollversammlungen, Urabstimmungen, Komissionen – das alles ist nur Mittel zum Zweck. Begrüßenswert wäre es allemal, wenn Arndt dabei nicht zur Märtyrergestalt der Rechtsextremen wird.

Bilder: Ausriss aus Junge Freiheit, Ausgabe 36/09, Seite 18