Im Rahmen ihrer Sommertour statte Claudia Roth, Parteivorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, am vergangenen Dienstag auch Greifswald einen Besuch ab. Hatten die Grünen es bereits im Kommunalwahlkampf geschafft, zwei ihrer Spitzenpolitiker aus Berlin (Özdemir und Trittin) in die vorpommersche Provinz zu locken, zeigten sie damit, dass ihr vielgelobter Wahlkampf am 7. Juni noch kein Ende gefunden hat.
Zu einem Gespräch über den Umgang mit Rechtsextremismus hatte man geladen und betonte, dass es sich dabei nicht um ein Expertengespräch handeln solle, sondern vielmehr um eine Diskussion mit interessierten Bürgern. Beide Gruppen blieben jedoch der Veranstaltung zu großen Teilen fern. Ein knappes Dutzend Grüner und die gleiche Anzahl an Journalisten blieben im Museumshafen weitestgehend unter sich. Nach etwa 30 Minuten hatten sich auch die Reporter größtenteils verzogen, dafür rückten gegen Ende der Veranstaltung einige Touristen nach, die das prominente Gesicht erkannten.
„Jetzt erklärt mir mal wo ich hier bin!“
Betont freundlich begrüßte Claudia Roth die Anwesenden und bat erstmal um eine Ortsbeschreibung. Für einen Stadtrundgang war der Bundestagsabgeordneten wohl im Vorfeld keine Zeit geblieben. Sie erinnerte sie sich jedoch, vor mehreren Jahren bereits Greifswald besucht zu haben.
Nach der Klärung der Ortsfrage und allen wichtigen Basisinformationen zur Marienkäferplage eröffnete sie die Diskussionsrunde mit einigen Erlebnisberichten rund um den Rechtsextremismus in Deutschland und zog Vergleiche zwischen Mecklenburg-Vorpommern und anderen Bundesländern. Riss Themenfelder wie NPD, freie Kameradschaften, rechten Vandalismus und die Rostocker Hooligan-Szene an. Sie warnte davor, das Problem zu verharmlosen, auch vor dem Ausgrenzen der Rechtsextremen: „Die Nazis haben ein langfristiges Konzept: Kampf um Straßen, um Köpfe, um Parlamente. (…) Es muss also eine kontinuierliche und langfristige Auseinandersetzung mit ihnen geben. Ich werfe der Bundesregierung vor, dass sie zugelassen hat, dass gute Projekte vor dem Aus stehen.“
Gemeinsam mit Regina Krüger-Finke vom Regionalzentrum für demokratische Kultur Südvorpommern sprach Claudia Roth über die Unterschiede zwischen dem Rechtsextremismus in MV und in Bayern. Beide Länder, so Roth, wiesen die größten Zustimmungsraten zu rechtsextremen Thesen in der Bevölkerung auf.
„Ick werd nich jerne totjequatscht“
Ein wenig Leben in die Diskussion brachte der anwesende Landwirt Jürgen van Raemdonck aus dem Greifswalder Umland, der mit Berliner Zungenschlag unfreundlich bis patzig forderte, die Grüne Parteivorsitzende möge doch auch mal die anderen, insbesondere ihn selbst, zu Wort kommen lassen. Claudia Roth war sichtlich „not amused“ und nach einem kurzen Wortgefecht zog sie sich für eine Weile aus dem Gespräch zurück. Van Raemdonck, der für das Willi-Weise-Projekt im September für den Bundestag kandidiert, zog in dieser Zeit die Diskussion an sich. Er kritisierte die Grünen seien mit ihrer „kruden und krassen Politik“ eine Ursache des Rechtsextremismus. Die Partei hätte jahrelang die größtmögliche Konfrontation mit den Rechten gesucht, statt auf die Ursachen und Bedürfnisse der Bürger einzugehen.
Der ehemalige Grüne brachte die rot-grüne Koalition unter Gerhard Schröder mit der derzeitigen Wirtschaftskrise in Zusammenhang und griff die Parteivorsitzende für die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 an. Die Gesetzgebung dieser Jahre habe maßgeblich dazu beigetragen die äußeren Umstände für die Bürger zu verschlechtern und so den ideologischen Rattenfängern Tür und Tor zu öffnen. Claudia Roth wies diese Vorwürfe naturgemäß zurück. Jürgen van Raemdonck selbst beschrieb, wie er in seinem sozialen Umfeld versuche auch latent Rechtsextremen ein „guter Nachbar“ zu sein, den Leuten zu helfen, sie auch beispielsweise bei Behördengängen zu unterstützen.
Ein anderer Anwesender kritisierte die Demokratie als Regierungssystem, sei an sich deutlich zu hierarchisch angelegt und bilde damit einen guten Nährboden für rechtsextreme Ideologien, von den anderen anwesenden wurde dieser Einwurf jedoch nur geringfügig ernstgenommen.
Dorfmanager
Konkret wurde es nur noch mal gegen Ende der Debatte, als der omnipräsente Sebastian Jabbusch vorschlug, das Land solle doch eine Reihe von „Dorfmanagern“ einstellen, die sich in den dünn besiedelten Gebieten MVs um die Einwohner „kümmern“ sollen. Dazu sollten gesellschaftliche, kulturelle und Sportveranstaltungen organisiert werden, die den Kameradschaften und der NPD das Wasser abgraben könnten. In der DDR, so wurde der Vorschlag begründet, habe man sich deutlich mehr um den Einzelnen gekümmert. Nach der Wende seien viele Menschen in ein gesellschaftliches Loch gefallen, als in den ländlichen Gebieten Angebote wegbrachen.
Schließlich wurde dieser Vorschlag aber nicht ausdiskutiert, sondern mehr als guter Ansatz abgenickt. Nach zwei Stunden endete das Gespräch, das ein bloßer Gedankenaustausch blieb, aber kaum Konkretes hervorbrachte. Zum Ende wurde Claudia Roth noch über die derzeit laufende Arndt-Debatte informiert, dann ging es für die Abgeordnete auch schon weiter nach Prora und später nach Stralsund.
Ein Kommentar von Carsten Schönebeck
Spannende Ansatzpunkte boten sich nach der ersten halben Stunde des Gesprächs zur Genüge. Wie weit darf man mit Rechtsextremen in Dialog treten? Welche Gründe kann es für dieses Gedankengut geben, wenn ganz unterschiedliche Bundesländer mit den gleichen Problemen zu kämpfen haben? Was kann man konkret gegen die Vereinnahmung von Jugendlichen durch die NPD tun?
Leider verpasste die Runde, mangels Struktur und Gesprächsleitung, die Chance und ging auf keinen dieser Punkte intensiver ein. Stattdessen drehte man sich klischeehaft betroffen darum, diese Fragen im Gespräch immer neu zu formulieren, historische Anknüpfungspunkte für rechte Gewalt im vorpommerschen Junckertum zu finden, den kritisierten Begriff „Kampf gegen Rechts“ als „nichts Martialisches“ zu definieren oder auch, mehr oder weniger aufgebracht, allgemeine Floskeln abzusondern.
Es bleibt der Beigeschmack der Wahlkampfveranstaltung, die aber mangels Beteiligung eher dürftig verlief. Sicher lässt sich jedoch feststellen, dass Frau Roth, wie auch ein Großteil der Beteiligten, nach zwei Stunden stereotyper Luftblase deutlich ruhiger schlafen können – man hat ja mal darüber gesprochen.
Fotos: Carsten Schoenebeck
Schon witzig wie die Bewertung der grünen Regierungsbeteiligung rückblickend aussieht:
"Die Gesetzgebung dieser Jahre habe maßgeblich dazu beigetragen die äußeren Umstände für die Bürger zu verschlechtern und so den ideologischen Rattenfängern Tür und Tor zu öffnen."
Dabei war Claudia Roth doch mal Managerin von Ton-Steine-Scherben (1982-85) und wird sich sicher an einige Liedzeilen erinnern:
"Keine Macht für Niemand"
"Ich bin nicht frei und kann nur wählen"
"Keiner hat das Recht, Menschen zu regier'n."
"Wir brauchen keine Sklaven und wir brauchen keine Chefs."
"Das Recht schützen, den Staat schützen. Vor uns! Macht kaputt, was euch kaputt macht!"
"Wieviel sind hinter Gittern, die die Freiheit wollen?"
"Reißen wir die Mauern ein"
Schöner Artikel, herrlich: "der omnipräsente Sebastian J."…
Hinweis: Junkertum ohne "c"
Grundsätzliches Problem an solchen Veranstaltungen ist halt (ich glaube, das kommt von Prof. Buchstein)
"…da sprechen Antifaschisten mit Antifaschisten über Faschisten."
Meint – die Leute, die von den Nazis angesprochen werden, wird man mit solchen Aktionen eh nicht "bekehren" können. Meistens, wie Carsten schon sagt, bleibt es beim Gefühl "drüber gesprochen zuhaben".
Das Problem ist wohl eher eine undifferenzierte Herangehensweise. Hardcore-Nazis wird man gewiss nicht "bekehren" können. Bei deren Wählerschaft dürfte es nicht ausgeschlossen sein. Dies setzt aber voraus, dass man sich mit den Motiven bei Wahlen den Nazis seine Stimme zu geben auseinandersetzt. Frei nach Luther würde es bedeuten, dem Volk aufs Maul zu schauen. Dies wiederum würde den Demokraten auf unangenehme Weise den Spiegel vorhalten und ihnen die Erkenntnis bescheren, eine Politik mitverantwortet zu haben, die den Nazis in die Hände gespielt hat. "Beiden (CDU-MdL Armin Jäger, C. Roth) sei ein Besuch der braunen Hochburgen in Ostvorpommern empfohlen." (OZ v. 5.8.09)
Wie schön, dass Alemania-Mitglied Carsten Schönebeck die Öffentlichkeit über die Ernsthaftigkeit von Floskeln und Luftblasen im Wahlkampf aufklären darf. Damit die einseitige Sichtweise im Artikel nicht ganz so auffällig wird, wird ein Teil des Statements dann noch schnell als Kommentar gekennzeichnet und natürlich wandert eben jener nicht in den Kommentarbereich, sondern wird wie ganz selbstverständlich in den Artikel integriert.
Wer war es gleich, der sich kürzlich im Grünen-Blog über die Form eines Artikels beschwerte?
Immer wieder erfrischend, der Beißreflex hier in den Kommentaren, er ist mir ein ewiger Quell der Freude!
Ein guter/notwendiger Artikel, der mich erfreut, auch abseits meiner persönlichen Verachtung für Frau Roth.
Es war jedenfalls nicht der Autor dieses Beitrags! Sachliche Kritik sollte man ja irgendwie verarbeiten und das Körnchen Erkenntnis herausfiltern. Ich denke im Grünen-Blog ist das von 3 Seiten getan worden. Wem es nicht reicht, der kann sich ja dort an der Diskussion beteiligen:
http://blog.gruene-greifswald.de/2009/07/30/souve…
Wer von Claudia Roth etwas anderes als 2 Stunden heisse Luft erwartet, der kann doch eigentlich nur enttäuscht werden. Naja, man hat ja mal drüber gesprochen. Die Regulierungserleichterungen unter Rotgrün haben übrigens die Finanzkrise in Deutschland befördert und die rotgrünen Hartz-Regelungen haben den Protest von NPD und Linkspartei dagegen überhaupt erst möglich gemacht.
Die Bundesempörungsbeauftragte Roth war in Greifswald und ein Dutzend Leute hat das Kladderadatsch bemerkt. Die Karavane der Heissen Luft ist weitergezogen.
populistische argumente auf dem niveau der bildzeitung. wenn ein heute 16jähriger in den neuen bundesländern zum nazi wird ist also die ddr schuld, obwohl diese bereits jahre vor seiner geburt aufgehört hat zu existieren?? sowas in der art wird ja auch immer behauptet wenn man sich die ostdeutsche wirtschaft anguckt, das daran auch das so angeblich marode system der ddr schuld war. das sind aber absolut unhaltbare argumente. die hauptschuld an nazis und wirtschaftlichen problemen im osten heute trägt die nachwendepolitik, und das in allen bereichen. sei es infrastrukturabbau, die zu abhängigkeit führenden finanztransfers (welche eigene unternehmensgründungen so gut wie unmöglich machen), anhebung der lohnstückkosten, katastrophale adminstrative strukturen (gerade in mv, über 800 gemeinden), bildungsabbau, bewusstes dichtmachen von ganzen industriezweigen (die durchaus auf dem weltmarkt hätten bestehen können und es auch taten, so marode war die ddr wirtschaft gar nicht, wie die cdu/fdp/bildzeitung es gern hätten), die verbrecheriche treuhandpolitik, das generelle betrachten der ostler als bürger 2. klasse etc. etc. etc. die liste an fehlern der nachwendepolitik ist unglaublich lang. wenn menschen in so einem klima aufwachsen, in gegenden mit teilweise über 30% arbeitslosigkeit seit nun fast 20 jahren, von der gesellschaft vollkommen isoliert und alleingelassen, wenn dann die westpartei npd rüberkommt und anfängt zu rekrutieren, dann ist klar das sie hier auf fruchtbaren boden trifft. mit der ddr hat das nur noch sehr wenig bis gar nichts zu tun.
die meisten antisemiten in deutschland laufen immer noch in bayern und baden-württemberg rum, erst dann kommt ein ostdeutsches bundesland. aber das nur am rande. (http://www.taz.de/1/politik/deutschland/artikel/1…
In der DDR war der Antisemitismus, getarnt als Antizionismus fast schon Staatsdoktrin. Trotz der vielbeschworenen antiimperialistischen Solidarität, die DDR-Gesellschaft war latent fremdenfeindlich. Wenn ein heute 16jähriger unter diesen Vorzeichen in einer Familie aufgewachsen ist, die dazu noch wirtschaftlich zu den vielzitierten Wendeverlierern gehört und durch verschiedene Faktoren am sozialen Leben nicht teilhaben kann, dann liegt ein Grund für dessen Sympathie für die Ideologie der NPD möglicherweise auch in der familiären Verwurzelung in der DDR.
Der Antisemitismus geht quer durch alle gesellschaftlichen Schichten. Nicht jeder Antisemit ist dabei gleich ein Nazi.
Das ist eines der Punkte, die ich mit meinem Post (als "Olli") ausdrücken wollte.
Wenn man sich nämlich anschaut, was die Leute in die Arme der NPD treibt, dann ist das unter anderem die Sozialisation. Wenn ein heute 16 Jähriger, dessen Eltern noch mit FDJ und Jungpionieren aufgewachsen ist, dessen Eltern zu ihren Jugendzeiten praktishc keinen Kontakt zu Ausländern haben, in einem solchen autoritären-fremden"unfreundlichen" Milieu aufgezogen wird, dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, wenn die soziale Deprivation groß genug ist, zur NPD zu gehen.
Nur ist das Problem dass solche Leute zumeist aus recht niedrig gebildeten Schichten kommen – die werden von Parteien mit überwiegend postmaterialistischem "Gequatsche" (sorry) mit Sicherheit nicht angesprochen.
http://www.youtube.com/watch?v=WaIrQSHqeqA
"In der DDR war der Antisemitismus, getarnt als Antizionismus fast schon Staatsdoktrin."
Das zweifle ich mal sehr stark an. Ein Beleg für diese These würde mich an dieser Stelle schon mal interessieren.
In der DDR- Bewertung wurde Israel immer als kapitalistisch-imperialistischer Staat, der die Palästinenser unterdrückt, gegeißelt. Mir ist nicht bekannt, dass die DDR gezielt Judenfeindlichkeit propagiert oder angestrebt hätte.
Antizionismus kann zu Antisemitismus führen. Muss es aber nicht und tut es somit nicht zwangsläufig. Somit war Antisemitismus nie Staatsdoktrin in der DDR- auch nicht "fast".
Auch die latente Fremdenfeindlichkeit der DDR halte ich für extrem oberflächlich und undifferenziert und auch diese These sollte belegt werden.
Am 12. April 1990 verabschiedeten alle Fraktionen der letzten, erstmals frei gewählten Volkskammer der DDR eine gemeinsame Erklärung, in der sie sich ausdrücklich zu einer Mitverantwortung der DDR für die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschlands bekannten und erklärten: "Wir bitten die Juden in aller Welt … um Verzeihung für Heuchelei und Feindseligkeit der offiziellen DDR-Politik gegenüber dem Staat Israel und für die Verfolgung und Entwürdigung jüdischer Mitbürger auch nach 1945 in unserem Lande."
Literatur
Thomas Haury: Antisemitismus von links, Hamburg 2002
Thomas Haury: Die DDR und der "Aggressorstaat Israel". In: Tribüne, Heft 173/2005, S. 202-215.
Angelika Timm: Hammer, Sichel, Davidstern, Bonn 1997.
http://www.bpb.de/themen/I2CRVI,3,0,Antisemitismu…
Für die allermeisten DDR-Bürger reduzierte sich die 'Erfahrung' mit Fremden auf eher unfreiwillige Mitgliedschaft in entsprechenden Massenorganisationen und von 'oben' inszenierte Rituale. Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Solidaritätskomitees, die Liga für Völkerfreundschaft oder der FDGB sollten die Bürger für den 'proletarischen Internationalismus' mobilisieren, dies aber indessen eher auf einer formalen Ebene, etwa durch Beitragssammlungen oder Massenpetitionen.
Tatsächlicher Kontakt der Bürger mit Ausländern stellte für die SED-Diktatur dagegen ein Sicherheitsrisiko dar. So unterlagen auch die wenigen internationalen Veranstaltungen wie die 'Weltfestspiele der Jugend und Studenten' im Sommer 1973 oder die 'Festivals des politischen Liedes' politischer Kontrolle [33] . Eine ganz andere Herausforderung stellte dagegen der dauerhafte Aufenthalt von Ausländern in der DDR dar. Die größte Gruppe von permanent in der DDR lebenden Ausländern bildeten die sogenannten Vertragsarbeiter aus Vietnam, Mosambik sowie Angola, Kuba, Algerien, Ungarn und anderen sozialistischen Staaten, die auf der Grundlage von geheimen Regierungsabkommen in der DDR arbeiteten [34] . Während der Zeit ihres Aufenthalts wurden die Vertragsarbeiter grundsätzlich kollektiv und nach Geschlechtern getrennt in Wohnheimen des Einsatzbetriebes untergebracht. Die Ausstattung – 'nach dem Prinzip der strengsten Sparsamkeit' – war exakt festgelegt. Fünf Quadratmeter pro Person, maximal vier Personen pro Raum, für 50 Personen einen Klubraum [35]. Für die DDR galten die fremden Arbeiter als Sicherheitsrisiko: 'Die Gemeinschaftsunterkünfte sind so abzugrenzen, dass Ordnung und Sicherheit gewährleistet sind. Der Betrieb hat die durchgehende Einlasskontrolle zu sichern.' [36] Übernachtungen von Bekannten waren nur 'bei freier Bettenkapazität' [37] für höchstens drei Nächte möglich, und um 'illegalen Übernachtungen' beizukommen, veranstalteten besonders vietnamesische Gruppenleiter mit den deutschen Heimleitungen nächtliche Razzien [38] . Bis 1988 durften Vertragsarbeiterinnen keine Kinder bekommen. Sie standen vor der Alternative Abtreibung oder Zwangsrückkehr [39]. In binationalen Beziehungen zwischen VertragsarbeiterInnen und DDR-BürgerInnen waren die Beteiligten erheblichem Druck ausgesetzt. Häufig verweigerten DDR und Entsendeland die Heirat, und der/die Vertragsarbeiter(in) musste zurückkehren. Vietnam erpresste von seinen Vertragsarbeitern Lösegeld, wollten diese in der DDR bleiben [40] . Diese Politik grenzte binationale Beziehungen aus und verfestigte die Distanz der Bevölkerung gegenüber Ausländern.
Mit der Zuspitzung der Versorgungskrise der DDR Ende der achtziger Jahre hielten die Schlagworte 'Schmuggel' und 'Warenabkauf' durch Ausländer Einzug in die gesteuerten DDR-Medien, versuchte die SED doch auf diesem Wege von ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik abzulenken [47] . Die im Band Ausland DDR veröffentlichte Leserbriefsammlung der Berliner Zeitung aus der Zeit des Mauerfalls zeigt, welche Blüten die Fremdenfeindlichkeit bereits weit vor der Einheit getrieben hatte. Sie bietet ein Panorama aus besonders antipolnischen Vorurteilen ('arbeitsscheu', 'faul'), Ausverkaufs- und Überfremdungsängsten ('wollen wir etwa eine Mischrasse?'), aber auch wenigen mahnenden Stimmen [48] .
http://www.bpb.de/publikationen/OKZ5MW,3,0,Histor…
http://www.yepat.uni-greifswald.de/geo/fileadmin/…
Gehts auch mit Großschreibung? Einen derart verunstalteten Text (und dann noch in der Länge) mag man gar nicht lesen.
Um das ganze mal zusammenzufassen: Sowohl die NPD als auch die Linkspartei (bzw. ihre Vorläufer) haben von der Nachwendesituation profitiert. Sicher nicht profitiert haben die demokratischer gesinnten Parteien der Mitte, die hier auch viel falsch gemacht haben. Und da ist es – um mal zum Artikel zurückzukommen – sicher nicht optimal, wenn eine Veranstaltung stattfindet, auf der wieder einmal viel geredet wird, aber am Ende nichts herauskommt. Extremismus ist ein Problem in der Region, und Claudia Roth wird daran auch nicht viel ändern können. Viel wichtiger als der ewige "Kampf gegen Rechts" wäre doch eine Stärkung der Mitte unabhängig davon, und dazu müssen sich wohl erst die Lebensbedingungen der Bürger der Region ändern.
Wenn rechte Ideologie allein auf Lebensbedingungen zurück zu führen wäre, warum findet sich dann bei weit über 20% der Bevölkerung in Bayern und Österreich rechtsextremes Gedankengut?
Um mal deutlich zu machen, wo viele Nazis sind, ist vielleicht eine Betrachtung des Spendenaufkommens ganz interessant, welches bei der NPD zu fast 90% aus Kleinstspenden natürlicher Personen besteht.
NPD -Spenden 2005 in €
Baden-Württemberg 70 336,68
Bayern 195 323,73
Berlin 29 962,38
Brandenburg 53 318,53
Bremen 6 945,93
Hamburg 20 705,16
Hessen 72 658,59
Mecklenburg-Vorpommern 19 499,54
Niedersachsen 127 824,11
Nordrhein-Westfalen 199 964,08
Rheinland-Pfalz 62 426,75
Saarland 29 735,32
Sachsen 296 954,90
Sachsen-Anhalt 50 272,49
Schleswig-Holstein 58 151,18
Thüringen 18 598,11
Summe 1 312 677,48
Wenn es eine Partei wie die FPÖ, die viele Korporierte als Mitglieder hat, auch in Deutschland gäbe, dann hätte sie wohl auch eine sehr gute Chance in den Bundestag einzuziehen. Zur Zeit gibt es in Deutschland keine vernünftige rechtsliberale bzw. rechtskonservative Partei, weil die CDU und die CSU lieber eine Partei der Mitte sein will.
Kann man bei der FPÖ von einer rechtsextremen Partei sprechen?
Bei der Spendenauflistung ist besonders auffällig, dass das Aufkommen in CDU/CSU-regierten Ländern überproportional hoch ist.
Das Spendenaufkommen taugt wenig als Begründung für irgendwas. Die Altnazis in der SBZ und späteren DDR konnten kein nennenswertes Vermögen anhäufen. Anders sah es bei ihren Gesinnungskumpanen jenseits der Elbe aus. Es ließen sich in den Spenden wahrscheinlich auch etliche Vermächtnisse finden, die anderen Landesverbänden zugeflossen sind.
die 20 prozentige Zustimmung für rechtes Gedankengut liegen voll im europäischen Trend. Nur in Bayern und anderswo wird eben nicht die rechtsextreme NPD gewählt. Eine rechtspopulistische Partei würde vermutlich mehr Prozentpunkte bei Wahlen erreichen. Ob eine solche Partei sich zwischen CDU/CSU und NPD/DVU und Republikanern erfolgreich etablieren kann, ist allerdings fraglich. Auch in Bayern und Österreich gibt es Regionen (Franken / Kärnten), die nicht annähernd mit den prosperierenden Regionen mithalten können und deren Bewohner deshalb in besonderer Weise auch für rechte/rechtsextreme Parolen empfänglich sind.
Sind beides Parteien. – ja, wie alle anderen Parteien auch.
Beide politisch extrem. – sieht der VS anders, der Teile der Linkspartei als extrem(istisch) sieht, nicht die Ganze, anders bei der NPD.
Beide haben Vorbestrafte in ihren Reihen.. – womit sie sich nicht von anderen Parteien unterscheiden. Wär ja auch seltsam wenn vorbestrafte Menschen keine Politik mehr machen dürften.
Beide haben eine dunkle Vergangenheit. – Inwiefern hat die NPD eine dunkle Vergangenheit, die sich von ihrer Gegenwart unterscheidet? Bei der Linkspartei meinst du nehme ich an die SED.
Beide versprechen sachen, die unrealistisch sind. – Ansichtssache, und vor allem Versprechen sie nicht die gleichen Dinge.
Beide haben vor, die Gesellschaft "umzukrempeln". – Wo fängt "umkrempeln" bei dir an. Die Linkspartei hat meiner Meinung nach ein sozialdemokratisches Programm.
Beide wurden vom Zentralrat wegen Antisemitismus gerügt. – ja.
Beide fordern den Abzug deutscher Soldaten aus Afghanistan. – ja.
Beide wollen den den Krieg im Irak beenden. – Welchen Krieg im Irak? Wie wollen deutsche Parteien den beenden können?
Beide haben Probleme mit Israel. – Teile der Linkspartei haben "Probleme" mit Israel. Gysis Rede zum Jubiläum des Staates Israel klang ja weniger nach einem "Problem".
Beide buhlen um die "Arbeiterklasse". – wie kommst du darauf? Nebenbei bemühen sich alle Parteien, insbesondere die Volksparteien CDU/CSU und SPD um Wähler und Wählerinnen in allen Schichten.
Beide hetzen gegen Fremdarbeiter. – Einzele Mitglieder der Linkspartei taten das (tun es aber nicht mehr).
Beide nutzen Hartz IV als Wahlkampfthema. – ja.
Lieblingsfeind sind die "imperialistische" USA. – wenn man es so sehen will.
Beide sind contra G8 bzw. Globalisierung. – wenn ichs richtig sehe, ist die Linkspartei gegen eine bestimmte Art der Globalisierung und verortet sich als Globalisierungskritisch (was keine Gegnerschaft ausdrückt).
Ich verweise einmal mehr auf das Thema des Artikels: Dort geht es um Claudia Roths Besuch in Greifswald und analog zur Veranstaltung um den Umgang mit Rechtsextremismus (vielleicht noch um seine Ursachen). Es geht nicht um die Untrerschiede oder Gemeinsamkeiten zwischen Links- und Rechtsextremismus, es geht nicht um Burschenschaften, es geht nicht darum welche Mit-User einen am meissten stören, es geht auch (schon mal vorsorglich) nicht um Arndt und sein Werk…
Also bitte alle wieder zum Thema sonst muss der Onkel schon wieder den Rotstift ansetzen.
Alle anderen Themen können übrigens im Forum diskutiert werden….
Das mit dem Bauern finde ich lustig 🙂 Das hätte ich gerne mitangesehen. Endlich mal jemand, der der Dame etwas den Marsch bläst in so einer Runde *hihi* 🙂 Aber es hört sich an, als wäre Frau Roth mal wieder so aufgetreten, wie immer. Viel gesagt aber …..