Kommentar von Pachot

Seit dem 1. August verschickt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) an jeden Bürger Deutschlands, d.h. auch an Neugeborene und Minderjährige, die so genannte „Steuer-Identifikationsnummer“. Diese lebenslänglich und noch 20 Jahre darüber hinaus gültige Nummer soll angeblich „ausschließlich

und zweckgebunden“ einem vereinfachten Besteuerungsverfahren dienen. Doch die Rechtsgrundlage gem. § 139b Abgabenordnung ist alles andere als bestimmt. In Absatz 2 Nr. 1 heißt es: „Andere öffentliche oder nicht öffentliche Stellen dürfen die Identifikationsnummer nur erheben oder verwenden, soweit […] eine Rechtsvorschrift die Erhebung oder Verwendung der Identifikationsnummer ausdrücklich erlaubt oder anordnet“.

Und wer einmal einen Blick in das Melderechtsrahmengesetz wirft (§ 2 MRRG), der findet als eines von 27 bei den Meldebehörden gespeicherten Daten auch „die Identifikationsnummer nach § 139b der Abgabenordnung, die Identifikationsnummer des Ehegatten sowie die Identifikationsnummern minderjähriger Kinder“ (Abs. 2 Nr. 7).

Eine „Spiegelung“ all dieser Daten ist zukünftig für das vom Bundesinnenministerium geplante „zentrale Melderegister“ vorgesehen. Auf diese Daten wiederum könnten neben anderen Behörden auch Polizei, Verfassungschutz und Nachrichtendienste zugreifen (§ 30 IV MG-E). Durch diese Verknüpfung personenbezogener Daten entsteht genau solch ein „einheitliches Personenkennzeichen“, wie es das Bundesverfassungsgericht 1983 in seinem Grundsatzurteil zur Volkszählung (BVerfGE 65,1) mit der Begründung für verfassungswidrig erklärt hat: „Eine umfassende Registri

erung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebensdaten und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger ist […] unzulässig (BVerfGE 27,1)“.

Wie nun können sich Bürgerinnen und Bürger gegen die Zuteilung der einheitlichen Steuer-ID wehren, wenn ein Widerspruch auf Grund des fehlenden Rechtsverhältnisses nicht möglich ist?

Sie können mittels einer Beschwerde an das BZSt politisch ihr Nicht-Einverständnis erklären und damit juristisch ein „Feststellungsinteresse“ aufrecht erhalten. Und sie können, da eine eigene Klage sehr aufwendig und teuer ist, eine bereits von der Humanistischen Union eingebrachte und beim Finanzgericht Köln anhängige Musterklage (AZ: 2 K 2822/08) durch Spenden unterstützen. Bürger, die ein generelles Problem mit der Erfassung und Auswertung all ihrer Lebensäußerungen im digitalen und realen Alltag haben, sollten das bei der diesjährigen Großdemonstration für die Wahrung von Grundrechten im digitalen Zeitalter am 11. Oktober in Berlin kundtun.

Der am wenigsten aufwendige Protest ist, auf den ungeöffneten Brief „Empfänger unbekannt“ oder „Empfänger verzogen“ zu schreiben und ihn wieder in den Briefkasten zu werfen.

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