Nach langen Vorbereitungen und intensiven Debatten ist es morgen endlich soweit: Ab 14:00 wird im Rahmen des deutschlandweiten Bildungsstreiks eine Kundgebung am Beitz-Platz stattfinden und anschließend ein Protestzug zum alten Campus ziehen. Dort, genauer gesagt im Universitäts-Innenhof, wird ab 17 Uhr die Vollversammlung der Studierendenschaft tagen.
Um den Bildungsstreik hatte sich in den vergangenen Wochen eine hitzige Debatte entsponnen. Aus Sorge vor gewalttätigen Protesten hatte der AStA von einer offiziellen Beteiligung der Studierendenschaft abgeraten. Dieser Empfehlung war das StuPa gefolgt, doch die Entscheidung war nicht unumstritten. Besonders der hochschulpolitische Referent Fabian Freiberger war für seine Haltung angegriffen worden. Dass Freiberger angekündigt hat nicht an der Vollversammlung teilzunehmen, dürfte die Kritiker nicht gerade verstummen lassen.
In Greifswald wird der Streik von verschiedenen politischen Studenten- und Jugendgruppen getragen, darunter die Jusos, die GHG und der SDS. In ihren Infomaterialien fordern sie eine geringere Verschulung und mehr Freiheiten im Bachelor-Master-System, den Erhalt der Fächervielfalt, eine bessere Lehrausstattung personell wie auch logistisch und mehr Investitionen in Schulen und Turnhallen. Zentral ist natürlich auch die Ablehnung jeder Form von Studiengebühren und -konten.
Neben der Einrichtung einer Internetseite machen die Greifwalder Organisatoren mit Plakaten, Flyern und „Show-Exmatrikulationen“ auf den Streik aufmerksam.
RCDS: „Streik schadet Studentenschaft“
Im RCDS dagegen vertritt man bundesweit wie auch in Greifswald eine ablehnende Haltung zum Streik. Mit einer großangelegten Flyeraktion warnte man vor möglichen Randalen und forderte „Konzepte statt Randale“.
Der örtliche RCDS-Vorsitzende Martin Hackober erklärte in einer Pressemitteilung:
„Der sogenannte Bildungsstreik ist völlig kontraproduktiv. Den einzigen, denen er schadet, sind die Studenten selbst. Ich würde mir wünschen, dass wir über Bildungsthemen sachlich diskutieren und nicht versucht wird, mit einer zweifelhaften Protestaktion nach Aufmerksamkeit zu haschen. Die vermeintlichen Streiter für studentische Interessen schaden nur der Studentenschaft. Prüfungen müssen trotzdem absolviert werden. Da hilft es nicht, wenn man die Vorlesungen stürmt und Studenten vom Lernen abhält.“
Die morgige Demonstration dient jedoch indirekt auch dem Zweck, möglichst viele Studenten zur Vollversammlung (VV)zu bringen. Diese muss laut Satzung der Studierendenschaft einmal im Semester abgehalten werden, erreicht jedoch erst bei einer Anwesenheit von 5% der Immatrikulierten ihre Beschlussfähigkeit. In den letzten Jahren war dies nur in Einzelfällen gegeben.
In den vergangenen Monaten hatten besonders die Jusos immer wieder kritisiert, dass die VV auch dann nur Empfehlungen an das Studierendenparlament geben könne, die Beschlüsse aber nicht bindend seien.
Erheblicher Aufwand für Beschlussfähigkeit
In den vergangenen Wochen wurden erhebliche finanzielle wie auch personelle Ressourcen investiert, um endlich wieder genügend Kommilitonen zu mobilisieren. Allein die Entscheidung, diesmal „Open-Air“ zu tagen, dürfte die Studierendenschaft eine hohe vierstellige Summe kosten.
Zusätzlich organisierte man Infostände in der Mensa, Werbebanner, eine Vielzahl von Plakaten und Flyern und immer wieder erklang der Aufruf an die Studenten eigene Probleme und Themen anzubringen.
Bisher sind zwar nur wenige Anträge eingegangen, dafür aber eine ganze Reihe von Themenvorschlägen, die der Allgemeine Studierendenausschuss auf seiner Internetseite veröffentlicht hat. Unter anderem wurden Diskussionen zur Einführung von Recyclingpapier und dem bestehenden Getränkeverbot in der Universitätsbibliothek, zu den Blockprüfungen in der Psychologie, und zu einer Biolinie und veganen Gerichten in der Mensa angeregt.
Ernüchternd jedoch ist, dass diese Themen trotz der vorherigen Einsendung nicht durch den AStA ausgearbeitet wurden. Nach Auskunft der AStA-Vorsitzenden Scarlett Faisst sollen sie nur thematisiert werden, wenn die Studenten dies auch auf der VV selbst fordern. Wer also seinen Vorschlag eingesendet hat, sich aber auf der Vollversammlung nicht dazu zu Wort meldet oder gar selbst abwesend ist, hat seine Ideen umsonst eingesandt.
Umstritten ist die Werbeinitiative von drei Kommilitonen, die mit finanzieller Unterstützung des Rektors und des AStA, den symbolbehafteten Betrag von 564€ unter den Anwesenden verlosen wollen. Auch in den Gremien selbst scheint über die Entscheidung der AStA-Vorsitzenden noch Diskussionsbedarf zu bestehen.
Immerhin brachte diese Aktion weitere Anträge für die Vollversammlung. Der RCDS beantragt die Absage der Verlosung oder zumindest, die Teilnahmemöglichkeit auf alle Gremienmitglieder auszuweiten.
Der RCDS Greifswald hält dies (Anm. d. Red: die Verlosung) für eine Geldverschwendung ohne jegliche Erfolgsaussicht und spricht sich entschieden dagegen aus. „Das Ziel, die Attraktivität der Vollversammlung zu erhöhen“, so Martin Hackober, „ist unzweifelhaft richtig, jedoch kann politisches Interesse nicht mit Geld erkauft werden“. (…)Besonders fraglich ist auch, warum die Initiatoren den Kreis der Teilnehmer zur Lotterie ohne nachvollziehbare Begründung verkleinern, in dem u.a. StuPisten, AStA-Mitglieder, studentischen Senatoren und Fakultätsratsmitglieder nicht teilnehmen dürfen, aber die Fachschaftsratsmitglieder dürfen.
Neben den RCDS-Anträgen sind offiziell bisher zwei weitere aus dem „ERNST“, der Zeitung zur Vollversammlung bekannt. Zum einen wird die Distanzierung der Studierendenschaft der Universität Greifswald von ihrem Namensgeber Ernst Moritz Arndt gefordert. Alle studentischen Gremien sollen diesen Teil des Namens künftig nicht mehr nutzen. Der zweite Antrag fordert Stadt, Universität und Studentenwerk auf, sich für eine bessere Wohnraumsituation für Studierende einzusetzen. Desweiteren soll die Universitätsleitung aufgefordert werden, von möglichen Verwaltungskostenbeiträgen Abstand zu nehmen.
Die Tagesordnung
Im Rahmen der Vollversammlung soll zudem über verschiedene große Projekte an der Universität berichtet werden. Anbei die geplante Tagesordnung (Stand 15. Juni):
TOP 1 Formalia
TOP 2 Informationen
TOP 2.1 AStA-Struktur
TOP 2.2 Rückforderung der Rückmeldegebühr
TOP 2.3 Mängelliste
TOP 2.4 Kostenlose Rechtsberatung für StudentenTOP 3 Verwaltungsgebühren
TOP 4 Wohnraumsituation
TOP 5 Informationen zur Rechtsformänderung der Medizin
TOP 6 Informationen zu Baumaßnahmen in der Loefflerstraße
TOP 7 Ernst Moritz Arndt
TOP 8 Sonstiges
TOP 9 Der Bolognaprozess feiert Geburtstag
TOP 10 Anliegen der Studierendenschaft (Anm. d. Red.: Hier sollen die eingegangenen Vorschläge behandelt werden.)
Der Abend soll mit einer Feier zum 10. „Geburtstag“ des Bolognaprozesses im Innenhof ausklingen. Der AStA verspricht „Bolognese für alle“, allerdings nur solange der Vorrat reicht.
Bilder:
Fotos Innenhof und Scarlett Faisst – webMoritz-Archiv
Logo Bildungsstreik – Bildungsstreik Greifswald
Postkarte RCDS – RCDS Deutschland
Titelbild Startseite – Stefan Franke via jugendfotos.de
Ich glaube die RCDS Aktion wird dem Bildungsstreik nur noch mehr Leute zuspielen, als abziehen…
So etwas saudummes hat man auch selten gelesen. Da hat sich die Süddeutsche gestern auf Seite 1 schon lustig drüber gemacht, dass die Schüler Union "hartes Einschreiten" seitens der Polizei erwarte.
Zusätzlich hat der RCDS leider keine mir bekannten Konzepte außer Studiengebühren. Bildungspolitik ist ja auch alles andere als eine Kernkompetenz der Konservativen.
Natürlich müssen Prüfungen geschrieben werden – aber wo werden denn bitte Vorlesung so eklatant gestört? Wer über ne Unterbrechung von 2 Minuten heult, dem ist nicht mehr zu helfen.
Vielleicht sollte der RCDS über die Streichung des "D"s nachdenken und stattdessehn "G" für Gehorsam einsetzen. Demonstration als "zweifelhaft" zu bezeichnen ist auch n großer Coup.
Tatsächlich könnte man sich stundenlang über den RCDS amüsieren und hoffen, dass da nicht alle so denken.
ohh du hast so recht! wie habe ich mich in der mensa über diesen flyer amüsiert während ich den kopf schüttelte…
danke carsten für die gute zusammenfassung der vergangenen und kommenden ereignisse.
positiv zu bemerken ist auch, dass diesmal im webmoritz INFORMIERT wird, statt zu POLEMISIEREN und POLARISIEREN. das würde ich mir häufiger wünschen. weiter so!
*zustimm*
Ich wünsche auf jeden Fall allen viel Spaß an diesem Tag der Studierendenschaft.
Demonstration, Vollversammlung, Eröffnung des Theaterfestivals…
Die Greifswalder Studenten sind zu beneiden. Deswegen nicht immer so unzufrieden sein und schön geschmeidig bleiben.
Greeez
Klar, auf BILD-Niveau gegen den Bildungsstreik hetzen, aber sonst immer "schön geschmeidig bleiben" – bei solch einem HoPo-Referenten sind die Greifwalder StudentInnen nicht wirklich zu beneiden. Aber der Herr HoPo-Referent will ja an der Vollversammlung sowieso nicht teilnehmen.
Den Herrn HoPo.Referent können wir getrost vergessen. Das hochschulpolitische Leichtgewicht kann nur eines: Suffen. Wenn es um Inhalte geht, ist es vorbei. Die Anträge des AStA zur VV sind ein Witz. Ein politischer AStA sieht bedeutend anders aus.
Klar, auf BILD-Niveau gegen den Bildungsstreik hetzen, aber sonst immer "schön geschmeidig bleiben" – bei solch einem HoPo-Referenten sind die Greifwalder StudentInnen nicht wirklich zu beneiden. Aber der Herr HoPo-Referent will ja an der Vollversammlung sowieso nicht teilnehmen.
Zu beneiden? Wo beleibt eigentlich der HoPoSprecher zur Vollversammlung? Hältst dich schon raus aus allem oder wie?
Leider instrumentalisiert die politische Linke die Greifswalder Studentenschaft um durch ein aufgeblähtes Referentensystem Versorge-und Lebenslaufverschönerungspöstchen zu schaffen. Niemand braucht "Gleichstellungsbeauftragte", "Schwulen- und Lesbenreferate", uvm., außer die Referenten selbst.
Schöne Knieschuß-Argumentation, sitzen doch auch Rechte in StuPa und AStA. Letztes Jahr war übrigens Korbinian Geiger (RCDS) Referent für Queer und Gleichstellung.
Oder gehört der RCDS aus Deinem Weltbild schon zur "politischen Linken"??? – Viel weiter rechts vom RCDS gibt es an der Uni (zumindest organisiert – die unorganisierten Irrlichter sind weitaus zahlreicher) nicht allzu viel: die Nazi-Burschenschaft Rugia, rechtsextreme Markomannia, …
Na du scheinst ja richtig Ahnung zu haben………..
ret marut, [Edit Moderator: Immer freundlich bleiben] Viele deiner Beiträge sind hart an der Grenze zu Linksextremismus, aber deine Behauptungen zu den Burschenschaften gehen nun wirklich total an den Fakten vorbei
ret marut, bei dir hackt es wohl. Viele deiner Beiträge sind hart an der Grenze zu Linksextremismus, aber deine Behauptungen zu den Burschenschaften gehen nun wirklich total an den Fakten vorbei
Auch wenn Korbinian Geiger vom RCDS ist, ändert das doch nichts an der Überflüssigkeit seines damaligen Referates. Nein, der RCDS gehört für mich nicht zur Linken. Man wird sofort mit iwelchen angeblichen Nazis konfrontiert, wenn man hier seine Meinung frei äußert. Das ist schon bedenklich.
Naja, ich habe lediglich Deine Verschwörungstheorie ("Instrumentalisierung durch die politische Linke") kurz und knapp widerlegt. Außerdem wies ich darauf hin, daß es rechts vom RCDS an dieser Uni nicht mehr wirklich viel Organisiertes gibt. Ob Du mit diesen nun fraternisierst oder diese ablehnst, mußt Du selbst wissen.
btw: Deinem Ausgangskommentar kann mensch schon eine gewisse Affinität zur Homophobie entnehmen. Ich empfehle Dir, mal aus dem vorurteilsbeladenen Schubladendenken herauszutreten.
Er meint doch nur, dass eine Uni die frei von Voruteilen und Beschränktheit ist keine Gleichstellungsbeauftragten braucht. Weil dieser kann auch nichts gegen die Vorurteile der Menschen machen, die werden sie trotzdem haben.
Diese Instrumentalisierung findet sehr wohl statt. Nur, weil die Referate nicht ausschließlich durch erklärte Linke besetzt werden, heißt das nicht, dass sie nicht von dieser Seite benutzt werden.
Mir Homophobie vorzuwerfen ist völlig absurd. Mir geht es um die tatsächliche Gleichstellung. Das bedeutet eine Behandlung, die jeder andere Mensch auch genießt, bedeutet keine Sonderreferate, die erst eine Anders-Stellung bewirken.
Willst Du behaupten, daß Homophobie durch die Einrichtung von Schwulen/Lesben-Referaten erst geschürt wird? Das ist ja wohl das absurdeste, was ich seit langem gehört habe. Bist Du vielleicht Kreationist??
Tatsächlich will ich behaupten, dass die Errichtung von "Schwulen/-Lesben-Referaten" ein Ausdruck vom gewollten Anderssein sind und der Gleichstellung entgegenwirkt. Niemand braucht dieses Referat, am wenigsten die Homosexuellen. Ganz im Gegenteil: Durch dieses Referat wird ein Bild über die Menschen erzeugt, was ihnen nicht entspricht. Denn auch sie sind so breit gefächert, wie Heterosexuelle. Warum gibt es eigentlich kein Referat zur Vertretung derer Interessen?
Welche Berechtigung soll es geben dafür Gelder der Studenten zu verbraten? Es gibt keine.
Nein, ich bin Agnostiker. Woran glaubst du, ret marut?
Alexander hat recht. Als Lesbe regt mich dieses gewollt anders sein der Anderen auf.
Ist dir vielleicht aufgefallen, das es kein "Schwulen-/Lesben-Referat" geschweige denn mehrere davon gibt? Es gibt im AStA ein Referat für Gleichstellung. Das Wort "schwul", "lesbisch" oder Äquivalente tauchen nirgendwo in den AStA-Stellenbeschreibungen auf. Also ist es umfassender Unsinn hier von einer irgendwie linken Instrumentierung des StuPas zu sprechen. Auch in der Vergangenheit, wo es entsprechende Referatsbeschreibungen in einem (1) Referat gab, ist deine These der linken Einflussnahme unplausibel, weil das StuPa von RCDS, LHG und freien Stupisten dominiert wurde (letztere stuften und stufen sich meiner Einschätzung nach nicht mehrheitlich links ein).
Hier entbrennt ja schon eine richtige Grundsatzdebatte… Ich bin mal gespannt auf morgen und hoffe auf eine beschlussfähige Vollversammlung.
Es gibt übrigens auch noch eine Beschlussvorlage der FSK zur Projektwoche die morgen behandelt wird…
Ehrlich gesagt, ist mir ret marut häufig nicht konsequent genug in seinen Aussagen [Edit: Bezog sich auf Editiertes in edmund Stoibers Kommentar] .
Aber wie heißt es schön? "getroffene Hunde bellen…" Dass du meinst, ret marut hier beleidigen zu müssen, beweist übrigens mehr den Wahrheitsgehalt seiner Aussage und verringert deine ohne sehr geringe Glaubwürdigkeit weiter. Geh zu Altermedia spamen. 😉
Naja, bei Dir ist wohl alles jenseits der CSU-Linie schon "Linksextremismus". Insoweit kann ich mit dem "Vorwurf" ganz gut leben.
Was soll es denn (organisiert, versteht sich!) außer den besagten rechtsextremen Korporationen noch rechts vom RCDS an dieser Uni geben? (Eigentlich ist es ja sogar ein Kompliment für den RCDS, wenn er das einzig relevante Sammlungsbecken der Rechten an dieser Uni ist.)
Asche auf mein Haupt, daß ich so inkonsequent bin. 😀
Vielleicht sind das schlicht die ersten geistigen Annäherungen an das Niveau von "Edmund Stoiber" et alii. 😉