„Klimaschutz – der lange Weg zu Resultaten“ lautete das Thema des Vortrags, zu dem die Greifswalder Gruppe der European Law Students Association (ELSA) geladen hatte. Die Referenten Prof. Dr. Rodi, Juraprofessor an der EMAU, und Prof. Dr. Konrad Ott, Philosoph und Inhaber des Greifswalder Lehrstuhls für Umweltethik, schilderten den Zuhörern ihre Sicht auf den Klimawandel und die möglichen Chancen, den Wandel nicht so extrem wie errechnet ausfallen zu lassen.
Prof. Ott begann, indem er behauptete, ein Zweifel an dem auch von Menschen hervorgerufenen Klimawandel sei nicht mehr möglich. Als Beweise legte er verschiedene Statistiken und Forschungsergebnisse vor, die allerdings von den sogenannten Klimawandelskeptikern auch gegenteilig interpretiert werden können. Ein Risiko, das der Klimawandel mit sich brächte, sei der Verlust biologischer Vielfalt. Gerade die hochintensive Landnutzung in Verbindung mit dem Klimawandel sei ein „tödlicher Cocktail“ (Leusch, 2005). Er führte aus, dass ein großes Problem für die Regierenden sei, dass sie nicht wüssten, wann die sogenannten „tipping points“ erreicht seien. Dies sind bestimmte Ereignisse, die den Klimawandel erst hochgradig gefährlich machen, wie z.B. das Auftauen der Permafrostböden in Sibirien, Veränderungen der Meeresströmungen, gänzliches Abschmelzen der Polkappen, etc. Die Errechnung eines genauen Zeitpunkts, an dem dies alles eintreffen wird, ist nach Konrad Ott unmöglich. Sollte der geschätzte Temperaturanstieg 3°C betragen und wäre diese Erwärmung langsam steigend, dann gäbe es für die Industrienationen die Chance, sich eventuell anzupassen, was für die sogenannten Entwicklungsländer nicht zu bewerkstelligen sein wird. Ein weiterer Vorteil der „reichen“ Länder gegenüber den ärmeren ist die Tatsache, dass erstere gegen alle möglichen, durch Naturereignisse hervorgerufenen Schäden versichert seien.
Ein Punkt, auf den später auch Prof. Dr. Rodi noch einging, war jener der Verteilungsgerechtigkeit bzw. der gerechten Verteilung aller Belastungen des Klimawandels auf alle Menschen. De facto sei es nämlich so, dass die Nationen, welche am wenigsten emittierten, am stärksten von den Auswirkungen der Emissionen betroffen seien. Prof. Ott plädierte deswegen für den „Standard-Preis-Ansatz“, der das Erreichen eines moralisch-politischen Klimaziels mit der Geringhaltung der volkswirtschaftlichen Kosten verbindet. Wichtige Faktoren in der Herangehensweise an dieses Thema seien nämlich auch jene, dass die „Täter“ die Auswirkungen nicht mehr erleben müssten, das Problem zu lange ignoriert worden sei und es den Menschen schwer falle, sich mit dem Klimawandel zu identifizieren. Da laut Ott alle Ethiktheorien zum selben Ergebnis kommen, nämlich dass das Ziel der Mindestbelastung nicht mehr erreichbar ist, sei der „overshoot“ unvermeidlich. Dies meint das Leben mit einer Mehrbelastung an CO2, das so schnell wie möglich wieder reduziert werden müsse. Da unsere Atmosphäre ein gemeinsames Gut sei, müssten sich die Werte auf der Welt einander annähern, und somit hätten wir eine Pro-Kopf-Verteilung der Kosten des Klimawandels auf alle Menschen dieser Erde.
Am Schluss seines Vortrags führte Prof. Ott allerdings noch positive Entwicklungen an, die es in letzter Zeit gehäuft gebe. Die Zeit des Abwartens sei zwar vorüber, es bestehe aber kein Grund zur Resignation oder gar zum Fatalismus. Das Problembewusstsein wachse stetig, die Entwicklung der Technologie schreite immer weiter voran und Kapital sowie Institutionen seien in genügendem Maße vorhanden. Ott wünscht sich die „Notwendigkeit einer Verpflichtungsperiode des Kioto- Protokolls bis 2010“.
An dieser Stelle übernahm Dr. Rodi, der zu Recht darauf hinwies, dass trotz des anscheinend ausreichenden Bewusstseins der Menschen und dem vorhandenen Kapital zu wenig passiere und fragte, was so schwierig an der Umsetzung sei. Zunächst sprach Rodi in diesem Zusammenhang vom Gefangenendilemma. Alleine mit dem Klimaschutz in genügendem Maße anzufangen, traue sich keiner, da der Rest nicht mitziehen könnte und somit das Erreichen des eigenen Ziels in Gefahr sei. In seinen Augen ist der Knackpunkt der Handlungsunfähigkeit das politische Design, in dem die Welt feststecke. Ausgehend von seinen eigenen Erfahrungen als Klimaexperte in der deutschen Delegation von Bali, beschrieb er die hohen Hürden der Bürokratie, die Unflexibilität, sowie die Größe der Delegationen der Industrienationen und kritisierte namentlich besonders die USA, welche alle Vorschläge, Pläne und Kompromissangebote torpedierte. Positiv stellte er heraus, dass die Länder nicht mehr am Nullpunkt seien und erwähnte in diesem Zusammenhang den Artikel 2 der Klimarechtrahmenkonvention sowie das o. e. Kioto- Protokoll. Seine Vorschläge zur Verbesserung der Verhandlungsbasis sind das stufenweise Vorangehen in rechtliche Bindungen, Meinungsbildung in Staatengruppen, die ähnliche Interessen haben, sowie das Einführen von Unterausschüssen, die einzelne Aspekte in kleinerem Rahmen diskutieren könnten, um sie dann den anderen Delegationen und Ausschüssen zu präsentieren.
Nach Ende des Vortrags gab es noch eine Menge Fragen der Zuhörer, die Ott und Rodi engagiert zu beantworten suchten. Wünschenswert wäre eine Gegenposition gewesen, in der die Ergebnisse und Statistiken eventuell anders beurteilt worden wären. Dennoch gab der Vortrag Anlass für erneutes Nachdenken über den Klimawandel. Bewusst wurde allen, dass zwei Stunden und beherzte Redner allein keinen Klimawandel stoppen können, sondern dass jeder Einzelne angesprochen ist, den Klimawandel positiv zu beeinflussen, seien die Einflüsse einer Person auch verschwindend gering.