Angespannt und schwierig stellt sich das Verhältnis zwischen Polen und Deutschland dar, sofern man einen Blick auf die gemeinsame Geschichte beider Länder wirft. Im Landesmuseum ging es am vergangen Donnerstag um genau dieses heikle Thema.
Als jüngstes Beispiel für die komplizierte Beziehung ist die heikle Berichterstattung im Laufe der EM zu nennen, die provokanten Äußerungen und die schwierige Zusammenarbeit mit den Kaczynski-Brüdern in der Außenpolitik im Jahr 2007. Unvergesslich natürlich der 2. Weltkrieg, der noch heute ein angespanntes Verhältnis begründet.
Aber trotz der Probleme näherten sich die beiden Länder besonders nach der Wiedervereinigung an, kooperieren nun sowohl auf politischer als auch auf kultureller Ebene miteinander. Inzwischen findet ein reger Austausch statt.
Podiumsdiskussion im Pommerschen Landesmuseum
Einen grenzüberschreitenden Dialog führten auch Historiker und Journalisten am Donnerstagabend im Pommerschen Landesmuseum. Im Rahmen des diesjährigen PolenmARkTes wurde zur Podiumsdiskussion mit dem Titel „Das deutsch-polnische Verhältnis aus internationaler Perspektive“ eingeladen.
Der polnische Historiker Pawel Migdalski aus Szczecin und sein Kollege Dr. Jan Musekamp von der Viadrana Frankfurt/Oder diskutierten über die deutsch-polnischen Grenzkontakte. Unterstützt wurden beide von ihrem französischen Kollegen Dr. Pierre-Fréderic Weber. Er erläuterte die Situation im französisch-deutschen Grenzgebiet und sprach dabei über signifikante Unterschiede zwischen dem Französischen und Polnischen. Geleitet wurde die Podiumsdiskussion vom polnischen Historiker Prof. Dr. Jan Piskorski.
Allerdings fanden nur wenige Studenten am Abend den Weg ins Pommersche Landesmuseum. Die Wissenschaftler diskutierten vor einem kleinen Publikum über Barrieren und Annäherungsschwierigkeiten bei der deutsch-polnischen Kontaktaufnahme...
Sprachbarrieren hindern deutsch-polnische Grenzkontakte
Im Mittelpunkt ihrer Ausführungen stand das Verständigungsproblem. Im Gegensatz zum französischen Grenzgebiet, in dem dank des elsässischen Dialektes ein reger Austausch der Bevölkerung stattfinden kann, so war man sich einig, stoßen die Bewohner in Polen und Deutschland an ihre sprachlichen Grenzen.
Man war sich aber nicht einig, inwieweit die Sprache als Hauptproblem fehlender Interaktion angesehen werden kann und ob nicht viel mehr Grenzen in den Köpfen existieren, die ein selbstverständliches Miteinander im Grenzgebiet verhindern. „Natürlich gibt es“, so sagte Dr. Jan Musekamp, „die alltäglichen Kontakte, beispielsweise der Besuch seines Gemüsehändlers in Polen“. Solche Zusammenkünfte schweißen zusammen, dennoch findet dies vorrangig auf der Mikroebene – dem Handel – statt. Eine darüber hinausgehende Neugierde und Offenheit zweifelt er stark an.
An der Universität Greifswald studieren beispielsweise 500 polnische Austauschstudenten. Die Zahl der deutschen Studierenden in Szczecin ist allerdings viel geringer. Sprachprobleme und das fehlende Interesse für das Nachbarland machen einen polnischen Auslandsaufenthalt für deutsche Studierende eher unattraktiv.
Noch immer herrscht eine starke Asymmetrie zwischen dem wirtschaftlich starken Deutschland und seinem Nachbarland Polen. Man muss weiterhin alles daran setzen, den alltäglichen Austausch zu intensivieren, Sprachbarrieren zu beheben und ein harmonisches Gleichgewicht herzustellen, so die Meinung der Experten.
„Not“, „Elend“ und Zukunftsaussichten
Nach der Podiumsdiskussion hatte auch das Publikum die Möglichkeit sich in die Debatte mit ein zu bringen. Ein Besucher fragte überspitzt, ob es an der deutsch-polnischen Grenze, „wo deutsche Not und polnisches Elend aufeinander treffen“, überhaupt Ähnlichkeiten zu Frankreich gäbe?
Ein anwesender Franzose verneinte dies und meinte, man könne beide Länder nicht miteinander vergleichen. Prof. Olesen aus der Skandinavistik nahm ebenfalls die Möglichkeit wahr und stellte die abschließende Frage des Abends. Wohl auch die interessanteste: Er erkundigte sich, wo die Zukunftsmöglichkeiten lägen und wie man die Kontakte zwischen beiden Ländern weiterhin intensivieren könne.
Die Teilnehmer der Podiumsdiskussion zögerten kurz und waren sich dann einig, dass man weiterhin an grenzüberschreitenden Projekten arbeiten müsse. Auch die notwendige Bildung von Netzwerken, die künftig mehr Freiraum schaffen soll, wurde angesprochen. Die Kommunikation dürfe nicht über Warschau und Berlin laufen, sondern man müsse einen direkten Weg finden, um miteinander im Kontakt zu stehen. Nur so kann sich eine intensive Verflechtung beider Grenzgebiete entwickeln.
Nach einer 90minütigen Diskussion über Alltäglichkeiten, Probleme und Zukunftsaussichten im deutsch-polnischen Grenzgebiet war man als Zuhörer nicht erschlagen von neuen Informationen, denn die Diskussionspunkte wurden nur oberflächlich angeschnitten. Es fiel kaum ein Wort über die Zukunftsaussichten der Euroregion Pomerania. Generell sprach man nur verallgemeinernd über das deutsch-polnische Verhältnis.
Eines wurde allerdings klar: Das fehlende Interesse der deutschen Bevölkerung an Polen. Ebenso der geringe Stellenwert der polnischen Sprache, selbst in Grenzgebieten. Ob sich das in naher Zukunft ändern wird, darüber lässt sich nur spekulieren. Eine größere Akzeptanz unseres Nachbarlandes wäre allerdings für die Zukunft wünschenswert.
Fotos: Luisa Wetzel