Paukenschlag 15:48 im Greifswalder Volksstadion. Das Schweriner Déjà-vu war perfekt. Soeben hat der GFC das entscheidende Spiel gegen den Torgelower FC Greif verloren. Im Anschluss in der Pressekonferenz war dem sportlichen Leiter Daniel Gutmann die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Die Arbeit einer ganzen Saison war von diesem Spiel abhängig. Alles für die Katz!

Nach der Hinrunde hatten viele die Greifen gar nicht mehr auf der Rechnung. Nun erreichten beide Mannschaften vor dem Spiel eine sehenswerte Bilanz von 65 Punkte auf dem jeweiligen Konto. Torgelow hat dabei aber das bessere Torverhältnis, was ebenso wichtig ist wie ein zusätzlicher Punkt, und dazu das wohl leichtere Restprogramm. GFC-Trainer Hagen Reeck wirkte gelassen, vielleicht aber nur nach außen hin, und antwortete den Medienvertretern, dass er in den nächsten Tagen die Mannschaft fragen werde, ob sie aufsteigen will. Denn diesen Eindruck vermittelten nicht alle Spieler auf dem Platz. Auf den Rängen wurde von Totalausfällen einiger Spieler gesprochen. Man muss sie aber auch etwas in Schutz nehmen. Eine Minute und sieben Sekunden waren gespielt, als Sobolczyk den Ball von kurz hinter dem 16er aus per Dropkickschlenzer ins Ball bugsierte. Der Ball wurde lang und länger. Torwart Person hatte nicht den Hauch einer Chance. Ein Tor dieser Art sieht man nicht jeden Tag. Dann hat man es natürlich schwer bei einem Gegner wie Torgelow, die hinten Beton anrührten. Das taten sie in einer grandiosen kämpferischen Weise. Einsatz, Kampf und Leidenschaft! Immer war ein Kopf oder ein Greifen-Bein schneller am Ball. In den 44 Minuten nach der Führung gelangen den Greifswaldern noch zwei Chancen ohne zählbaren Erfolg. Ecken gab es zuhauf. Brenzlige Situationen wurden von den Greifen zunächst zur Ecke geklärt, sich danach neu geordnet und dann diszipliniert der folgende Angriff abgewehrt. Es sah alles ziemlich routiniert aus. Die Pause unterbrach dann ungünstigerweise eine kleine Phase von intensiveren Angriffbemühungen der Greifswalder. Die Halbzeit gab den Spielern und Schiesdrichtern die Möglichkeit, ein wenig verschnaufen zu können. Der Rest konnte sich am Halbzeitshow erfreuen – oder auch nicht – und auch mal einen Blick auf das Publikum werfen. Ein Blick auf die Zuschauerstatistik verrät, dass hier so ein Stamm von ca. 250 Leuten kommt. Das Hinspiel wollten ca. 150 sehen. Heute waren hier knapp 1200. Klar, das Wetter lockte und das Muttertags-Angebot. Aus Torgelow kamen 50 ältere Leute. Zu den Greifswaldern gesellten sich dann bestimmt noch gut 500 Zuschauer anderer Vereine und gelangweilte Hanseaten, die die Niederlage gegen Erfurt auswerteten. Aus diesem Gemisch aus Faktoren resultierte dann die heißblütige Atmosphäre, wie wir sie nur aus der ersten estnischen Liga her kennen. Natürlich hat es der GFC schwer gegen Hansa. Das, was hier in den letzten zwei Saison auf die Beine gestellt wurde, ist nicht schlecht, kann aber noch verbessert werden. Das Halbzeitprogramm kam nicht so gut bei den Leuten an. Kommerzialisierung macht auch vor den unteren Ligen nicht halt, aber hinsichtlich dieser ist sie bei den Torgelowern noch stärker ausgeprägt. Auch in Zeiten, als Torgelow noch die Farben Blau, Weiß und Rot führte, gab es schon die gelb-schwarzen Fan-Schals. Gelb und schwarz ist auch der Hauptsponsor der Torgelower. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Kleine „RBs“ sind in der Region nicht so neu.

Wie die Gäste in der ersten Hälfte ein Tor machten, so erzielte der GFC gleich zu Beginn der zweiten Hälfte ein Tor, jedoch wurde es aberkannt. Das nagt natürlich an der Motivation. Der finale Stoß schien der Torgelower Treffer in 53. Minute zu sein – ausgerechnet ein Eigentor. Die Hausherren kämpften sich doch noch einmal heran – 57. Minute 2:1 durch Jovanovic, aber das hielt nicht lange vor, sodass es den nötigen frischen Wind hätte bringen können. Bylicki (64.) und Juszczak (73.) machten für Torgelow den Sack zu. Wie Geier zerrissen sie nun die scheinbar wehrlosen und demotivierten Greifswalder. Die ersten Zuschauer packten bereits zusammen, um noch im Trockenen nach Hause kommen zu können, denn der Regen näherte sich als schwarze Wand.

Die Szenen nach dem Spiel fassten das Spiel noch einmal passend zusammen. Die GFC-Spieler verließen mit leeren und nachdenklichen Blicken das Feld. Einigen sah man die Fassungslosigkeit förmlich an. Torgelow traf sich im Kreis und feierte erst danach in der Kabine mit polnischen Gesängen. Zehn Polen waren heut aktiv oder inaktiv bei diesem historischen Sieg mit dabei. Und die Zuschauer? Die verließen das Stadion ohne großes Murren, da nur wenige wirklich mit dem GFC verbunden sind, aber das Wetter passte, Unterhaltung wurde geboten – und wenn nicht, dann war der Nachbar da, mit dem man 90 Minuten verquatschen kann.