Die Vollv

ersammlung letzte Woche sorgte für Schlagzeilen. Nicht im nur im webMoritz: Die Vollversammlung hat es am Samtag auch als Aufmacher in die Anzeigen-Zeitung „Greifswalder Blitz“ geschafft. Für viel Diskussion sorgte dabei der Antrag von StuPa-Mitglied Eric Hartmann (Jusos).

Er möchte, dass in Zukunft die Ergebnisse einer beschlussfähigen Vollversammlung (erfordert mindestens fünf Prozent der Studierenden der Universität) für das Studierenden Parlament (StuPa) bindend sind. Auf der (nicht-beschlussfähigen) Vollversammlung stimmte nach einer hitzigen Debatte die Mehrheit dem Vorschlag zu.

Der webMoritz sprach mit Eric über seinen Antrag, Motivation und die Erfolgsaussichten.

webMoritz: Hallo Eric, auf der letzten Vollversammlung hast Du spontan einen Antrag eingebracht. Worum geht es in dem Antrag?

Eric Hartmann

Eric: Das Ziel ist es, dass Entscheidungen einer beschlussfähigen Vollversammlung durch das Studierendenparlament umgesetzt werden müssen. Zurzeit sind diese Entscheidungen leider nur „Empfehlungen“. In der Konsequenz bedeutet dies, dass sich das StuPa darüber hinwegsetzen kann, wenn es die Ansinnen der Vollversammlung nicht unterstützt. Aus meiner Sicht und derjenigen, die diesen Antrag mit eingebracht haben, wird die Vollversammlung damit überflüssig. Und diesem Umstand wollten wir Abhilfe schaffen.

webMoritz: Wie kam es zu dem offenbar spontanen Antrag?

Eric: Es war einfach den Umständen geschuldet. Auslöser war die Diskussion um den Antrag, der darauf hingewiesen hat, dass der Wunsch der letzten Vollversammlung, nach einer Auseinandersetzung mit dem Namensgeber der Universität, nicht behandelt wurde. Die Nicht-Behandlung wurde dabei mit der Aussage, dass „sei eben Demokratie“, abgebügelt.

Ehrlich gesagt, heißt Demokratie für mich mehr als das reine mehrheitliche Abstimmen in irgendwelchen Gremien. Demokratie heißt für mich, jedem und jeder Einzelnen, die größtmögliche Mitbestimmung über die Dinge zu geben, die sie betreffen. Dieses Grundprinzip ist mit der aktuellen Struktur nicht gegeben.

Und an dem Abend war die Möglichkeit „Nägel mit Köpfen zu machen“. Wieso bis zur nächsten Vollversammlung warten? Die Entscheidung an sich hat ja leider eh keine bindende Wirkung, aber das generelle Problem konnte so auch den Nicht-StupistInnen bewusst gemacht werden. Darüber hinaus bestand die Möglichkeit, erste Argumente auszutauschen und ein Stimmungsbild einzufangen – und die
Stimmung war eindeutig.

Vielleicht trägt die jetzige Debatte dazu bei, dass es mal wieder um grundsätzlichere Fragen geht.

webMoritz: Wieso willst Du als StuPist die Macht des StuPas derart schwächen? Ist das nicht eine Gefahr?

Eric: Wieso sollte das eine Gefahr sein? Als gewählter Vertreter im StuPa ist es meine Aufgabe die Meinung der Studierenden, welche mich gewählt haben, „zu vertreten“. Wenn der „Souverän“ – nichts anderes sind die Studierenden eigentlich – seine Entscheidungen selbst treffen will, ist das sein gutes Recht.

Eric ist Mitglied bei den Jusos

Ich kann wohl kaum von mir behaupten grundsätzlich besser entscheiden zu können als alle anderen, nur weil ich mich zur Wahl gestellt habe und gewählt wurde. Wenn die Studierenden ihre Angelegenheiten selber entscheiden wollen, dann besteht meine Aufgabe nicht mehr darin sie zu vertreten. Meine Aufgabe ist es dann, sie mit den Informationen zu versorgen, die ich in meiner Tätigkeit angesammelt habe, damit die Vollversammlung die bestmögliche Entscheidung treffen kann.

Sollte sich eine Entscheidung der Vollversammlung am Ende doch als Irrtum herausstellen – so what? – die Erde dreht sich weiter und viele Leute haben was dazugelernt. Beides ist mir um einiges wichtiger, als semi-professionelle StupistInnen, die eine Allmacht über die studentischen Belange haben.

webMoritz: Die Debatte die sich um Deinen Antrag entwickelte war sehr hitzig. Welche
Statements haben Dich erfreut, welche gestört?

Eric: Generell muss ich sagen, dass ich erstaunt war, wie einige bei der Frage „wohin auf der Tagesordnung?“ versucht haben zu tricksen. Aber gut, was sie wahrscheinlich bezwecken wollten, ist ihnen nicht geglückt.
Einzelne Kommentare zur Vollversammlung auf dem webMoritz, die explizit an mich gerichtet sind, sprechen auch für sich und ihre zumeist anonymen UrheberInnen.

An der Stelle muss ich sagen, dass Menschen mit derart unsachlicher Manier wohl leider für den demokratischen Diskurs verloren sind. Aus meiner Sicht sollte eine grundsätzliche Bereitschaft vorhanden sein, sich sachlich mit Gegenargumenten auseinanderzusetzen. Es wird ironisch, wenn sich Leute mittels persönlicher Anfeindungen in eine Diskussion um Demokratie einmischen. Aber auch das ist ihr
gutes Recht. Ich teile diese Herangehensweise jedoch nicht.

Daneben bin ich aber über alle sachlichen Argumente erfreut, die in die Debatte geführt werden, auch wenn ich die Richtung bei einigen überhaupt nicht teile. Ich finde es beachtenswert, wenn sich Leute vor eine Vollversammlung stellen und öffentlich Stellung beziehen, das ist ein Schritt der Anerkennung verdient.

Jusos stimmen ab

Ist das StuPa zukünftig der Vollversammlung weisungsgebunden?

Ich hoffe die Debatte wird auch nicht zu schnell verebben. Viele Aspekte werden mir persönlich auch erst mit der Zeit klarer. Das geht anderen bestimmt auch so. Zum Beispiel ist es mir nicht ausreichend gelungen meine Position, dass die Vollversammlung repräsentativer als das StuPa ist, zu untermauern. Das Argument
„5% sind auf der Vollversammlung, 10% haben das StuPa gewählt, damit ist das StuPa repräsentativer“ hat mich am Abend schon etwas aus der Bahn geworfen. Abgesehen davon, dass sich das Verhältnis ja auch umkehren könnte, sind mir zwei Dinge jetzt deutlich geworden:

92 KommilitonInnen haben mich bei der letzten Wahl gewählt. Selbst wenn nur die Hälfte zur Vollversammlung erscheint, geben diese 46 einen repräsentativeren Überblick über die Meinungen, die ich als Stupist vertreten soll, als ich es je könnte.

Daneben ist es unserem Wahlsystem geschuldet, dass Leila Kleber, welche die meisten Stimmen der amtierenden StupistInnen auf sich vereinigt – 213 an der Zahl – diese auch nur mit ihrer einen Stimme im StuPa vertreten kann.

Auf der anderen Seite steht Juliane Ruschinzik, die 48 KommilitonInnen vertritt, aber auch eine Stimme im StuPa hat. Da kann von besserer Repräsentation im StuPa wohl

kaum die Rede sein.

webMoritz: Wie schätzt Du die Chancen ein, dass das StuPa freiwillig seine allumfassende Macht aufgibt?

Eric: Mit der aktuellen Zusammensetzung ist das meiner Meinung nach nicht drin. Aber es werden weitere Wahlen kommen und vielleicht verändern sich die Mehrheiten irgendwann. Unsere Satzung kennt leider nur die Möglichkeit über die StuPa-Wahl Veränderungen herbeizuführen. Anders geht es leider nicht. Wir sind auf viele Leute angewiesen, die wählen gehen und die auch bewusst wählen gehen.

webMoritz: Und auch wenn es darum nicht primär in Deinem Antrag ging, wie stehst Du zum Namen „Ernst-Moritz-Arndt“?

Eric: In dem Punkt sind viele Kommentare aus dem webMoritz eine wirkliche Bereicherung für mich gewesen. Natürlich bin ich kein Historiker und habe auch noch keine Biographie von EMA in der Hand gehabt, die länger als ein paar Seiten war. Dass es bedenkliche Äußerungen von ihm gab, ist wohl aber Fakt. Generell halte ich die ganze Praxis der NamenspatronInnen für bedenklich.

Schmiererei am Hauptgebäude 2006. Arndt ist umstritten; Quelle indymedia.org

Alle Menschen haben ihre Schattenseiten, ich denke, wir sollten sie deswegen nicht künstlich auf ein Podest
stellen und uns wundern, wenn das große Vorbild bei näherer Betrachtung nicht in seiner Gänze vorbildlich ist.

Ein Kommentator meinte im webMoritz, dass der große Vorteil ist, dass wir ohne unseren Namensgeber wohl kaum über Antisemitismus in der Nationenwerdung Deutschlands diskutieren würden. Das stimmt wohl. Den gleichen Effekt hätte eventuell aber ebenso einE jüdischeR NamensgeberIn, welcheR Opfer von Antisemitismus geworden ist.

Ich will aber auch gar nicht Arndts Verdienste in Abrede stellen, auch wenn ich über seine Motive nichts weiß. Ähnlich wie die Burschenschaften in ihrer Zeit Hort revolutionären Gedankenguts waren, sind ihre und auch seine Ansichten heute zum überwiegenden Teil einfach nur noch rückständig und alles andere als aufgeklärt.

Ich habe zum Beispiel von einer gewissen Anna Christina Ehrenfried von Balthasar gelesen. Eine Frau, die es wohl im 18. Jahrhundert an unserer Uni bis zur Promotion geschafft haben soll. Vielleicht ist sie eine Alternative. Fortschrittlich ist ihre Geschichte selbst heute noch.

webMoritz: Danke für Deine Zeit.

Eric: Vielen Dank für das Gespräch

Das Interview führte Sebastian Jabbusch

Foto Eric: Sebastian Jabbusch
Foto StuPa: Luisa Wetzel
Sonstige Bilder: Wie angegeben