Am 17. November feierte das „Interdisziplinäre Zentrum für Geschlechterforschung“ (IZfG) sein 20-jähriges Bestehen. Die Vortragenden wühlten in der Gründungsgeschichte, in deren Zeit es noch Telefonzellen und Mobiltelefone mit Antennen gab, wie eine Referierende bemerkte, und wiesen auf den Ist-Stand in Sachen Geschlechterforschung in Greifswald hin.
Was bringt ein aus eiligst herangeschafften und nicht geprüften Informationen bestehender Text? Nicht viel. Daher bette ich die gesammelten Erfahrungen auf der mir bekannten Ebene in den Kontext der Veranstaltung des Donnerstags vergangener Woche ein. Es ist 16:30 und der Raum der Universitäts-Aula ist zwar nicht ausverkauft, aber zu ¾ gefüllt. Das „Interdisziplinäre Zentrum für Geschlechterforschung“ in Greifswald feiert seinen 20. Geburtstag. Wie sah der Frauenfußball zu dieser Zeit vor 20 Jahren aus? Ungefähr so wie knapp zehn Jahre später auch noch. Wenn die Herren den gepflegten Rasenplatz zugesprochen bekamen, mussten die Damen auf den Hart-Platz, in Fachkreisen auch „Schmirgel-Platte“ genannt, oder auf den Kunstrasen, was bei der damaligen „Teppich-Generation“ noch unvermeidbare Brandverletzungen bedeutete. Und heute? Die Häufigkeit der Austragung der Spiele auf Naturrasen hat deutlich zugenommen. Man gleicht sich an bzw. man wird angeglichen.
Wie das in der Wirtschaft und auf der politischen Ebene aussieht, da weiß bestimmt das IZfG besser Bescheid, denn dazu ist es da. Der Referierende und ehemalige Vorstandsmitglied Professor Erhart von der Universität Bielefeld hob hervor, dass es der Geschlechterforschung um eine Förderung des Gleichstellungsprozesses geht und dabei werden die IZfGs in Deutschland benötigt. Von diesen gibt es nicht so viele. Greifswald gründete sein IZfG (als Institut für Frauen- und Geschlechterforschung) sogar eher als Berlin. Er bezeichnete die Annahme, dass es den Instituten um eine „Neutralisierung“ der Geschlechter geht, als Irrtum, der in großen Teilen der Bevölkerung im Umlauf wäre. Die Biologie spielt natürlich eine große Rolle. Wenn man Trainer fragt, ob es Unterschiede zwischen dem Coachen von Damen- und Herrenteams gibt, dann werden sie das mit „Ja“ beantworten. Die für jede und jeden am besten sichtbarsten Beispiele dafür liefern die großen Turniere. Scheiden Teams in den KO-Runden aus, kullern häufig die Tränen. Frauenfußball ist wesentlich emotionaler. Es ist unvorstellbar, dass es zu Situationen kommt, in denen absichtlich herbeigeführte Niederlagen gefeiert werden, da Wechsel zu dadurch begünstigte Klubs schon beschlossene Sache sind. Wie oft hört man „die Mannschaft spielt doch gegen den Trainer“? Es ist schwer nachweisbar, aber alltäglich. Jedoch im Frauenfußball ist das nach den gesammelten Erfahrungen nach schier unmöglich. Die Damen sind mehr mit dem Herzen dabei, obwohl es hier nicht einmal um Geld geht. Aber vielleicht ist genau das der Punkt?! Wo liegen noch die aktuellen Unterschiede in der heutigen Zeit? Folgende Situation: Die erste Herrenmannschaft spielt parallel zu den Damen. Ich teile mit, dass ich heute mal bei den Damen sein werde. Man erntet zweifelnde Blicke. Das ist immer noch die häufigste Reaktion. Ein „na gut, dann gehen wir alle zu den Damen“ ist so wahrscheinlich wie ein auf Ostern fallendes Weihnachtsfest. Es geht dabei um die Akzeptanz. Auch dieses Thema wird im Laufe des Abends mehrfach angesprochen. Nun gut. Jetzt stehe ich am Spielfeldrand. Neben mir sind die Wechselspielerinnen. Worüber unterhalten sie sich mit mir? Richtig, über die Bundesliga. Natürlich nicht die Bundesliga mit Turbine Potsdam und dem FFC Frankfurt, nein, es ist die mit Bayern München, Hoffenheim und Rasenballsport. Die Mädels schleudern mir mit einer Selbstverständlichkeit Spielernamen dieser für mich schon zu abstrakt gewordenen Profi-Welt an den Kopf. Normalerweise müsste es doch genau andersherum sein? Auch damit beschäftigt sich das IZfG – die Rollenverteilung. Als Paradebeispiel dient an diesem Abend in der Aula der Beruf des Erziehers, der zur Normalität wird. Früher unvorstellbar. Zurück zum Platz. Ich nehme die Bundesliga nur am Rande wahr.
Die Verhältnisse sind zu unwirklich geworden. Die Gehälter der Herren durchbrechen immer öfter die Schallmauern, die Spielerinnen der Damen-Bundesliga gehen nebenbei noch arbeiten. Hier müssten sich die Herren mal wieder den Damen angleichen. Bundesligaspieler der 50er Jahre waren noch in der Zeche malochen, ehe es zum Training ging. Dann kommt der Montag. Ein Blick in die wöchentlich erscheinende Fußballzeitung über den Berliner Fußball verdeutlicht noch einmal die aktuelle Stellung des Frauenfußballs. Schon der Anteil, den die Berichterstattung über den Frauenfußball einnimmt, spricht Bände. Für 2,60 gibt es kaum etwas über Damen zu lesen. Greifswald IZfG hat übrigens mehr als 2,60 € an Fördergeldern bekommen, verrät Leiterin des IZfG Eva Bloome. Die Summen waren bis 2002 recht üppig. Mehr verrät sie darüber nicht. Auf dem Tisch liegt eine Liste mit 27 Publikationen des IZfGs dieser 20 Jahre. Diese Publikationen befinden sich auch in der eigenen Bibliothek, die mehr als 2500 Bände Fachliteratur umfasst. Woher ich das weiß? Ich schnappte mir eins der pinkfarbenen Heftchen. Dennoch wissen nicht viele unserer Studenten und Studentinnen, was dieses IZfG ist und was es tut. Die Geschlechterforschung ist mit einer Junior-Professur und einem Hilfswissenschaftler zweifelsfrei ein Orchideen-Fach, aber andere kleine Institute wirbeln inzwischen in Sachen Öffentlichkeitsarbeit doch etwas mehr. Anlaufpunkt für alle Interessierten ist die Robert-Blum-Str. 13.
Hoffen wir also, dass die Arbeit des IZfG Früchte trägt, und wir nach den nächsten 20 Jahren einen Profi-Fußball im Herrenbereich haben, der langsam wieder zurück auf den Teppich kommt, wir einen Frauenfußball haben, der immer noch so natürlich menschlich herüberkommt, aber in der Akzeptanz und in der Wertschätzung höher liegt als heute und sich die Gewichtung der Berichterstattung in den Zeitung hinsichtlich des Frauenfußballs ändert.