Bitte nicht gleich wieder aufregen, wenn es auf den ersten Blick keinen Bezug zu Greifswald oder zur Uni zu geben scheint! Ich wurde in Hamburg auf dem Sportplatz auf die in Hamburg verkehrenden S-Bahnen mit ihrer Werbung für die Greifswalder Universität angesprochen. Das muss reichen. Nein, natürlich nicht. Fragend werde ich angeschaut, wenn ich über etwas rede, das HFC Falke heißt. Die Frage will ich nun beantworten.
Nehmen wir einfach den Reformationstag. Im Radio wird einmal mehr über die schlechte Situation beim Bundesligisten Hamburger SV hergezogen, der aktuell ein heißer Konkurrent für Tasmania Berlin um die Krone der erfolglosesten Bundesligasaison ist. Obwohl im Mai 2014 die Ausgliederung der Lizenzspieler-Abteilung beschlossen wurde, um den sportlichen freien Fall aufzuhalten, läuft es dennoch nicht wesentlich besser – ja sogar noch schlechter mit mehr ausgesprochenen Platzverweisen als geschossenen Toren in der laufenden Saison. Ein Teil der Anhängerschaft wollte diese Ausgliederung nicht. Eine Mannschaft als Aktiengesellschaft ist vielen ein Dorn im Auge, so wurde mit dem HFC Falke ein neuer alter Hamburger SV gegründet. Einer der Gründervereine hieß FC Falke 06, weshalb der Klub nun unter diesem Namen in den Statistiken zu finden ist. Mit dem FC United of Manchester gibt es bereits ein Vorbild. Im Zentrum steht jeweils die Liebe zum Sport. Der professionelle Fußball mit seiner Vermarktung und „Eventualisierung“ hat sich mittlerweile stark vom eigentlichen Gedanken des sportlichen Wettstreits entfremdet, sodass die Tendenz in Richtung von weiteren Neugründungen gehen wird. Wimbledon, Salzburg, Manchester und die Falken sind vermutlich erst der Anfang. Für diejenigen, die durch den Weg vom Verein zur Aktiengesellschaft enttäuscht wurden, ist der HFC Falke gedacht, der seit der letzten Saison am Spielbetrieb teilnimmt und dem bereits der erste Aufstieg gelungen ist. Obwohl sie souverän Meister wurden, ist das keine Selbstverständlichkeit. Der Verein finanziert sich hauptsächlich selbst. Die Spieler bekommen kein „Gehalt“. Natürlich gibt es ein Ziel. Dieses wird nach jedem Spiel besungen. Es ist schon zu einem Ritual geworden: Die Spieler fangen an, im Rhythmus zu klatschen, und die Fan stimmen ein. Das Lied mit der Melodie von „Dirty old town“ geht so: „Wir sind ein Verein, er gehört mir und dir. HFC Falke, ja das sind wir. Keine Investoren und kein Sky-TV. Ja wir haben den Traum, Oberliga zu schauen!“ Für die Oberliga benötigen sie natürlich auch geeignete Spieler. Diese sind im günstigsten Fall selbst HSV-Fans, aber auch wenn sie es nicht wären, wäre es kein Problem, sagt Präsidenten Tamara Dwenger. Nur die Liebe zum Sport und die Identifikation mit der Idee des HFC Falke sind die Bedingungen. Wie sieht es im Alltag aus? Heute spielt der HFC bei der Reserve des ETV in Eimsbüttel. Der Mann am Imbiss ist überrascht und wirkt leicht überfordert, da er wie unsere Studenten und Studentinnen nicht weiß, was der HFC Falke ist. Besuchen sonst nur 20 Leute die Heimspiele des ETV, so kommen heute noch einmal 150 Falken dazu. Auf dem Platz läuft es heute nicht so leicht. Die Kreisliga ist schon ein kleiner Unterschied. Die Falken mussten schon Federn bzw. Punkte lassen. Trotzdem sind und bleiben sie nach dem 2:4-Arbeitssieg Tabellenführer. Es ist der nächste geschaffte Schritt auf dem Weg zum großen Ziel. Man träumt von Spielen gegen Altona 93 und Victoria. Vor ein paar Wochen war die vierte Mannschaft des FC St. Pauli zu Gast. Eine Kulisse von knapp 800 Zuschauern in der Kreisliga erlebt man auch nicht jeden Tag. Rivalität ja, Gewalt nein. Und wie sieht es mit dem Verhältnis zum großen Hamburger SV aus? Konkurrenz wollen die Falken nicht sein, eher Anlaufpunkt für vom „modernen Fußball“ gefrustete Fans. Manche gehen noch hin, andere weniger oder selten. Gleich gehe ich auch mal nach langer Zeit wieder zum Hamburger SV – die Reserve empfängt den Spitzenreiter SV Meppen, doch vorher stimmt Spieler und Geburtstagskind Angelo Litrico das Lied der Falken an. Ich lasse mich nicht lumpen und singe einfach mit. Ich werde von einem langjährigen HSVler mitgenommen, dem das Konzept und Ideal der Falken auch gefallen. Ob das Konzept auch in Städten wie Greifswald Früchte tragen würde, ist mit dem Verweis auf Hansa Rostock leicht zu beantworten. Die Antwort auf die Frage, ob der Weg der Falken der richtige ist, müssen sich die vielen Bundesliga schauenden Studenten und Studentinnen selbst beantworten.