Der Bundestag hat sich entschieden, Aufklärungsflugzeuge gegen den Daesh einzusetzen. Mit der Aufklärung, wie Kant sie einst definierte, hat der Einsatz allerdings nichts zu tun.
Die würde nämlich Investition in Bildung voraussetzen und Investition in Bildung ist ein unpopuläres Thema in der Politik. Nicht nur, weil damit nicht die Wirtschaft angekurbelt wird, sondern vor allem, weil die Ergebnisse der Investitionen erst langfristig sichtbar werden. Damit ließe sich vielleicht die Zukunft verbessern, Wahlen sind damit aber nicht zu gewinnen. Und darum geht es schließlich in der Politik. Und um Begrifflichkeiten. Es könne sich bei dem Bundeswehreinsatz nach Ansicht des Vizekanzlers nicht um einen Krieg handeln, da der Gegner kein Staat sei. Die einstige Lichtgestalt der CSU war da vor einigen Jahren umgangssprachlich schon weiter. Als ‘kriegsähnlichen Zustand’ hatte diese den Stabilisierungseinsatz in Afghanistan seinerzeit genannt. Für den Stabilisierungseinsatz in Syrien werden auch heute lieber wieder Aufklärungsflugzeuge geschickt, obwohl Büchermobile doch eigentlich die bessere Alternative wären. Die wären allerdings auch hierzulande angebracht. So hält beispielsweise der Bürgermeister von Villers-Cotterêts – selbst Mitglied in der Front National – ebenjene rechtspopulistische Partei für das beste Mittel gegen Rassismus. Als ‘vorausschauender’ politisch Verantwortlicher hat er in seiner Gemeinde denn auch keine Geflüchteten aufgenommen. Es verwundert weder, dass er Anhänger des wegen Verharmlosung des Holocausts aus dessen einst selbst gegründeten Partei geworfenen Jean-Marie le Pens ist noch dass er vor seinem Rathaus keine Europaflagge hissen will – zumindest nicht, bis sich Europa ‘geändert hat’. Ändern will auch eine in diesem Jahr in Greifswald gegründete Gruppierung etwas. ‘Merkel muss weg’ hatte sie bei ihrem letzten Spaziergang skandiert. ‘Merkel muss weg’ war auch das Motto einer nicht genehmigten Versammlung einiger Reichsbürger in Berlin. Die Fans der Alumode hatten zum Sturm auf das Kanzleramt aufgerufen; von 2000 Zusagen kamen aber letztlich nur 20 Personen – eine Quote, von der Teenager, die die falschen Privatssphäreeinstellungen für ihre Geburtstagspartys wählten, vor einigen Jahren nur träumen konnten. Ob die restlichen Reichsbürger nicht kamen, weil sie von der Polizei aufgehalten wurden, ist indes nicht bekannt. Einige von ihnen sind nämlich dafür bekannt, ihr Kennzeichen ihrem Weltbild anzupassen und auf den Kopf zu stellen. Was dann hin und wieder zu entnervten Polizisten und amüsanten Polizeimeldungen führt. Neigen sie doch außerdem dazu, eigene ‘Staatsangehörigenausweise’ zur Identifikation bei sich zu führen. Wem gegenüber sie sich damit ausweisen wollen, bleibt schleierhaft; Autoritäten wie die Polizei erkennen sie schließlich nicht als solche an. Der erste Vorschlag, den Google zum Thema Reichsbürger präsentiert, lautet aber trotzdem ‘Reichsbürger Ausweis beantragen’. Aber zurück zur Versammlung der Reichsbürger: Dieses Mal kam Xavier Naidoo wohl nicht zufällig vorbei – dabei hätte er jetzt, wo er die BRD-GmbH nicht mehr beim Eurovision Songcontest vertreten muss, doch Zeit. In Greifswald vertritt sich unterdes eine Bewegung die Beine, die glaubt, Hetze gegen Minderheiten ließe sich mit den Begriffen Frieden, Freiheit, Demokratie und Gerechtigkeit vereinbaren. Die Lauffreude könnte sich morgen bezahlt machen: Für jeden angefangenen Kilometer werden 100 € an die Flüchtlingshilfe gespendet. Mit diesem Prinzip des unfreiwilligen Spendenlaufs wurden deutschlandweit bereits über 30.000 € für Aussteigerprogramme gesammelt. Vermutlich wird dies aber der einzige positive Beitrag bleiben, den die wehrhaften Bürger für die Gesellschaft beitragen werden. Und während sich herausstellt, dass die Bewegungen rund um Pegida von Rechtsextremen gesteuert werden und es einen Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim in Anklam gibt, bleiben große Teile der Zivilgesellschaft bemerkenswert passiv. Ist aber auch kein Wunder: Wir müssen ja arbeiten und die Wirtschaft ankurbeln – schließlich ist fast wieder Montag.