Macht es einen Unterschied, wenn das Zelt ein bisschen größer ist? Wie fühlt sich ein Zirkusclown nachts? Um das herauszufinden habe ich eine Nacht im Zirkuszelt des StadtImPulses übernachtet.
I am the sword in the darkness, I am the watcher on the walls, I am the shield, that guards the realm of men… – oder nur der Typ, der auf die bescheuerte Idee gekommen ist, in einem Zirkuszelt zu schlafen. Das Zirkuszelt des StadtImPulses ist drei Wochen lang jeden Tag mit Kultur gefüllt worden. Viele verschiedene Vereine und Organisationen haben sich mit Ideen eingebracht und dort Veranstaltungen organisiert, aufgebaut, durchgeführt und wieder abgebaut. Nicht wenige davon gingen bis spät in die Nacht hinein. Es wäre einfach viel zu viel Aufwand gewesen das ganze Zelt mit Inhalt jeden Abend wieder komplett abzubauen. Deshalb musste irgendjemand darin bleiben und darauf aufpassen, das nicht über Nacht etwas von der Einrichtung gestohlen oder zerstört wird. Die Materialien des StadtImPulses setzen sich vor allem aus Dingen zusammen, die die Vereine zur Verfügung gestellt hatten Der Verlust einer teuren Musikanlage zum Beispiel, wäre schwer zu verschmerzen gewesen. Deshalb lag ich mit ein paar Leuten vom StuThe (Studententheater) im Zelt und passte auf. Eigentlich war das eine ziemlich langweilige Aufgabe. Es war nicht halb so toll, wie ich mir die Übernachtung in einem echten Zirkuszelt mit einem Haufen interessanter, fremder Menschen, vorgestellt habe. Zumindest hat man keinen Zeitdruck und kann gemütlich die letzten Veranstaltungen ansehen. In meinem Fall war das der Film „Traceable“. Der handelt von einer Modedesignerin aus New York, die für eine neue Kreation mit einer zurückverfolgbaren Produktionskette nach Indien reist und dort mit Einheimischen Textilproduzenten zusammenarbeitet. Danach wurde abgebaut und die letzten Besucher verließen das Zelt.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Dabei kam ich mir leicht fehl am Platz vor. Alle um mich herum schienen zu wissen was getan werden musste und liefen mit allen möglichen Dingen von einer Ecke in die nächste. Ich hoffte irgendwie darauf, dass mich jemand um meine Hilfe bitten würde, da ich nicht wirklich wusste, wen ich ansprechen musste und auch nicht faul in der Ecke herumstehen wollte. Aber dann fing endlich jemand an die Bierzeltgarnitur abzubauen, die ich schon eine Weile misstrauisch beäugt hatte. Ich wusste ja nicht, ob die stehen bleiben konnte, oder nicht. Jetzt konnte ich mich nützlich machen und erfuhr so auch, wo noch eine helfende Hand gebraucht wurde. Mit der Bierzeltgarnitur, einem eingerollten und einem verlegten Kabel sowie ein paar kleineren Dingen konnte ich so eine ganze Menge Zeit totschlagen und zum gemütlichen Teil übergehen. Der bestand vor allem darin an der Theke zu sitzen und den anderen Leuten zuzuhören. Die kannten sich alle untereinander und bei den Gesprächen konnte ich nicht wirklich mitreden, da sie alle von der Vereinsarbeit handelten. Später gab es Smalltalk und Schnaps. Und dann, endlich, war Schlafenszeit. Das war dann auch weniger anstrengend, als man es für gewöhnlich von Zeltübernachtungen gewöhnt ist. Draußen war es recht kühl, mein Schlafsack und meine Decke waren warm und das Sofa auf dem ich lag sehr bequem. Jetzt konnten die Schurken kommen. Ich war bereit sie mit Megafon und Handy, unserer ganzen Bewaffnung, in die Flucht zu schlagen. Zumindest wenn mich jemand wach bekommen hätte.
Zirkuszelt der Abenteuer
Normalerweise sorgen die Vereine, die an dem Tag das Zelt genutzt haben, für die Bewachung in der Nacht. Manchmal übernachten aber auch andere im Zelt. Prinzipiell kann jeder, der Interesse hat, nach der Absprache mit den Organisatoren dort schlafen. Oft übernachten auch ein paar der Leute dort, die sich auch außerhalb der speziellen Veranstaltungen für den reibungslosen Ablauf des StadtImPulses eingesetzt haben. Robert zum Beispiel kümmert sich viel um die Technik. Er ist im Logistik-Team des Projekts und hat schon einige Nächte im Zelt erlebt. Besonders zu Beginn, als noch nicht ganz klar war, dass sich die Vereine, die das Zelt nutzen, auch um die Sicherheit kümmern. Er berichtete von den ersten Nächten, in denen sogar tatsächlich etwas passiert ist. Ein paar Leute wollten sich das Zelt nachts mal ansehen. „Ärger haben die nicht gemacht, ich hatte jetzt nicht das Gefühl, dass sie etwas schlimmes wollten. Sie waren einfach neugierig, wollten gucken und waren betrunken.“ Also auch nicht wirklich eine große Sache. Ebenso wenig wie die andere Sache von der er mir erzählt die er aber auch nicht selbst miterlebt hat: „Wenn Leute hier übernachten, die einen oder mehrere Hunde bei sich haben und sich Nachts andere Tiere einschleichen, dann kann es schon mal rund gehen. Sprich Hund und Katz´ vertragen sich nicht so gut! Das endete dann in einem Dreiecksgespringe mit Tieren im Zelt.“
Bloß nicht alleine
Für Robert war es auf jeden Fall angenehmer in dem Zelt zu übernachten, als es für mich gewesen ist. Er hatte zwar in den ersten Nächten Probleme mit den Witterungsbedingungen, aber das war nicht so schlimm. Er kannte viele der Leute näher, die mit ihm im Zelt übernachtet haben. So konnte man dann noch eine Spielerunde machen oder gemeinsam einen Film ansehen. Deshalb sollte man so etwas immer mit ein paar Freunden zusammen machen. Vielleicht lag der Grund warum es für mich nicht gerade das größte Erlebnis der Woche gewesen ist, auch daran, dass ich um viertel vor acht aus dem Schlafsack kriechen musste um pünktlich, ungeduscht und hungrig in der Uni zu erscheinen.
Beitragsbild: Katrin Haubold