bettelstudent theaterDer Student Symon hat nichts mehr zu verlieren. Schließlich sitzt er wegen Bettelei im Gefängnis, nur sein Humor und sein treuer Freund Jan sind ihm noch geblieben. Um so erfreuter ist Symon folglich, als ihm Oberst Ollendorf, Governeur des sächsisch besetzten Krakaus, ein Angebot macht: Zum Fürsten ausstafiert soll der Bettelstudent Laura, die ältere Tochter der abgebrannten Gräfin Nowalska, heiraten.

Die junge Frau hatte den Oberst auf einem Ball für einen Kuss auf die Schulter mit ihrem Fächer ins Gesicht geschlagen. Der Abgewiesene will sich nun rächen, indem er sie ebenfalls vor versammelter Gesellschaft blamiert. Dazu will er sie einen getarnten Gefangenen heiraten lassen und den Schwindel auf ihrer Hochzeit auffliegen lassen.

Natürlich schlägt Symon ein, winkt ihm zur Belohnung immerhin die Freiheit. Und so werden die beiden Freunde zu Fürst Wybicki und seiem Sekretär. Ollendorfs Plan scheint aufzugehen, als sich Laura tatsächlich in den angeblich zehnfachen Millionär verliebt und sich mit ihm verlobt. Doch auf einmal meldet sich Symons Gewissen. Außerdem ist Jan überhaupt nicht, wer er zu sein scheint.

Liebe, Rache, Intrigen und Geld, das ist der Stoff, aus dem die Operette „Der Bettelstudent“ gemacht ist. Das Stück von Carl Millöcker feierte am Sonntag, den 29. November 2014, Premiere im Theater Vorpommern in Greifswald. Wie schon in der Uraufführung am 06. Dezember 1882 in Wien war es auch hier ein Fest: Farbenprächtige, ausgefallene Kostüme und Bühnenbilder, flotte Tänze und komische Dialoge bestimmen das Schauspiel. Dabei spielt die Handlung zwar laut Drehbuch im Jahr 1704, allerdings werden immer wieder moderne Elemente verwendet. Diese sollen die Handlung in die Jetztzeit holen. So tritt der Fürst Wybicki als Rockstar auf, der seine eigene Security mitbringt und die Ehefrau von Gräfin Nowalskas Vetter läuft mit CDs in der Frisur herum. Der originale Handlungsstrang, der in keinster Weise geändert wurde, wird dadurch aber nicht gestört. Auch wenn man sich manchmal fragt, was einige Requisiten und Bewegungen bewirken sollen.

Das Bühnenbild ist auf einem relativ einfachen Prinzip aufgebaut. Mehrere Tuchwände stellendie Sil uette Krakaus dar, die mittels Lichteffekte sowie Kombination einzelner Parzellen zu unterschiedlichen Schauplätzen werden. Bühnen- und Kostümbildnerin Ella Späte, die im Zuge eines Gastengagements nach Greifswald gekommen ist, verwendet einige originelle wie schlichte Techniken zur Modernisierung des Stückes. Diese sorgen zum Teil ganz allein für Lacher im Publikum.

Den Darstellern, besonders Johannes Richter, der den Jan Janicki spielt, sieht man die Freude an dem verrückten Schauspiel an. Allerdings erscheinen die eigentlichen Hauptpersonen Symon und Laura, gespielt von Dennis Marr und Julie Martin du Theil, recht unauffällig. Viel mehr im Gedächtnis bleibt das zweite Paar Jan und Bronislawa, Lauras jüngere Schwester, dargestellt von Anna Wagner. Diese beiden sorgen für viele der lustigen Momente der Operette. Zudem zeigen Johannes Richter und Anna Wagner eine größere Bandbreite an Gefühl und einiges an Selbstironie. Auch Ollendorfs vier Offiziere, die immer zu Pferd unterwegs sind, tragen einen großen Teil der Komik des Stücks.

Der Schauspieler, der am Ende den stürmischsten Applaus erhielt, war jedoch Thomas Rettensteiner, der Oberst Ollendorf verkörpert. Dies kann mitunter an den zwei extra für Greifswald geschriebenen Strophen seines Liedes „Schwamm drüber“ gelegen haben. Doch auch insgesamt schafft er es gut, dem Fiesling der Operette Leben einzuhauchen.

Studenten  haben in Greifswald zwar – wie Ollendorf ebenfalls in „Schwamm drüber“ singt – kleine Zimmer, aber müssen nimmer mehr betteln. Das Stück besitzt also keine direkte Aktualität, was bedeutende Grundthemen angeht. Dennoch erfüllt „Der Bettelstudent“ auch heute noch das Ziel einer Operette, nämlich, das Publikum auf bunte, verrückte Weise zu unterhalten. Man sollte sich bei der Inzenierung von Horst Kupich nur nicht bei jeder Kleinigkeit nach ihrem Sinn und Zweck fragen und Kitsch gerne mal Kitsch sein lassen. Dann aber lohnt sich der Besuch der Operette auf jeden Fall.

Fotos: Theater Vorpommern (kein cc)