Seit dem 6. Juni sind die historischen Gewächshäuser des Botanischen Gartens in der Münterstraße geschlossen. Die Sicherheit für Besucher, Mitarbeiter und Studierende kann nicht mehr gewährleistet werden. Nach einer erneuten Begehung durch einen Statiker dürfen nun nur noch Gärtner zu den Pflanzen.
Der schlechte Zustand der drei historischen Gewächshäuser wurde 2010 bei einer Begehung festgestellt, doch nun wurde es akut. Die Gewächshäuser dürfen nicht mehr von allen betreten werden, da vor allem das große Palmenhaus keine Standsicherheit mehr aufweist. Nachdem es zuerst hieß, die Häuser dürfen erstmal von niemandem mehr betreten werden, gibt es eine nun für die Pflanzen vorerst gute Nachrichten: „Das gärtnerische Personal darf unter bestimmten Auflagen die Pflanzen weiter betreuen, aber die Gewächshäuser sind für die Öffentlichkeit gesperrt“, erklärt Ingrid Handt, die technische Leiterin. Allerdings dürfen ab Windstärke 6 die Gewächshäsuer auch nicht mehr von den Gärtnern betreten werden. Dr. Peter König, der Kustos des Gartens, führt weitere Maßnahmen zur Sicherung an: „Es soll eine temporäre Stützkonstruktion, eine Art Gerüst, enstehen, um die Betriebserlaubnis für weitere zwei Jahre aufrecht zu erhalten. Allerdings können auch dann noch keine Besucher in die Gebäude.“ Die Universitätsleitung stellt dafür Mittel zur Verfügung, laut König sind dies 50.000 Euro. Der Statiker, der letzten Mittwoch bei der Begehung zu gegen war, zeigte sich zuversichtlich, dass für diesen Betrag ein Gerüst aufgestellt werden könne.
Universität plant Neubau
Die betroffenen Gewächshäuser bestehen aus genieteten Stahlkonstruktionen, die jedoch stark von Rost- und anderen Korrosionsschäden angegriffen sind. Schon bei der Begehung 2010 wurde eine Sanierung als zu teuer angesehen, das Landesamt für Kultur und Denkmalpflege (LAKD) stimmte aber eine Rekonstruktion der Stahlkonstruktion unter bestimmten Voraussetzungen zu. So muss die Größenordnung der Anlage beibehalten werden sowie einzelne Elemente zur Veranschaulichung der alten Bauweise, wie zum Beispiel ein Antriebssystem für die Lüftungsklappen. Insgesamt kostet die Maßnahme 2.5 Millionen Euro. Geld, das die Universität nicht hat. „Wegen der fehlenden Mittel ist die Universität auch nicht in der Lage, das denkmalgeschützte Gebäude der „Alten Physik“ im Herzen der historischen Universität zu sanieren“, erklärt der Pressesprecher Jan Meßerschmidt.
Deswegen bevorzugt die Universitätsleitung einen kompletten Neubau nach modernen Standards, da auch sie die Sicherungsmaßnahmen nicht als dauerhafte Lösung sehen. Der Neubau würde nur einen Bruchteil der Sanierungskosten ausmachen, bis er fertig gestellt wäre, würden aber noch einmal mehrere Jahre vergehen. Der Direktor des Botanischen Gartens, Martin Schnittler, erklärt: „Ein Neubau würde zumindest die Pflanzen retten, nicht aber die historischen Gewächshäuser. Hier müssen wir einen langen Atem haben, aber wir werden vom Garten aus alles versuchen, Geld aufzutreiben.“
Auch viele Studenten setzen sich für den Erhalt der Gewächshäuser ein, allen voran die Fachschaftsräte wie etwa die Biowissenschaften, deren Studenten sie nutzen. Senatsmitglied Milos Rodatos hält es für falsch, dass so mit der Sammlung und vor allem den historischen Gebäuden umgegangen wird, da sie eine große Bedeutung für die Lehre haben. „Die Gewächshäuser werden aktuell von Seminarkursen genutzt und zwei Professuren im Fachbereich der Biologie/Landschaftsökologie sind eng mit den Gewächshäusern verknüpft.“ Des Weiteren werden diverse Übungen, Seminare und Praktika angeboten, die auf die Pflanzen zurückgreifen. Auch nutzen die Studenten des Caspar-David-Friedrich-Insituts die Häuser und ihre Pflanzen für Zeichenübungen. „Nicht zu vergessen ist die Attraktivität für Touristen und Besucher der Stadt Greifswald, für die der botanische Garten ebenfalls ein beliebter Anlaufpunkt ist“, ergänzt Milos. Erst 2013 feierte der Botanische Garten 250jähriges Jubiläum. Neben den 1886 erbauten historischen gibt es noch 13 weitere Gewächshäuser auf dem Gelände, die in den 1950er und 1960er erbaut und in den letzten Jahren schon saniert wurden.
Kreative Lösungen gesucht
Die studentischen Senatsmitglieder und auch der Direktor des Botanischen Gartens, Professor Martin Schnittler, suchen nun nach kreativen Lösungen, um die Gewächshäuser zu retten. So wird am 27. Juni im Klex eine Charity-Tanzveranstaltung vom Allgemeinen Studierendenausschuss unter dem Namen „Tanzen fürs Gewächshäusle“ organisiert, deren Erlös den Häusern und Pflanzen zu gute kommt. Auch wird dafür geworben, eine Fördermitgliedschaft zu übernehmen. Mit dem Geld habe man „dann eine Chance, zuerst einmal das kleinste der drei Häuser zu retten und den Garten weiter für Studierende und Besucher offenzuhalten“, erklärt Schnittler in einem Rundschreiben. Die Universitätsleitung steht dem skeptisch gegenüber. „Ob private Spendenaktionen für die Maßnahme in Höhe von mehreren Millionen Euro derart kurzfristig Erfolg haben, ist zu bezweifeln“, so Meßerschmidt. Doch Schnittler zeigt sich kämpferisch: „Wir hoffen sehr, einen Weg zu finden, die historische Gewächshausanlage, vor allem aber deren Pflanzenbestand, zu erhalten.“
Fotos: Freunde des Botanischen Gartens (kein CC)
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