Vor einigen Wochen stieß ich beim Durchscrollen auf Facebook auf einen Post einer norwegischen Freundin, die darin nach Teilnehmern für einen weltweiten Büchertausch sucht, bei dem man bis zu 36 Bücher zugeschickt bekommen kann. Als leidenschaftlicher Bücherwurm hatte sie damit sofort meine Neugier geweckt, also kommentierte ich unter ihren Post. Ich wollte unbedingt mehr über dieses Projekt erfahren.
Schon wenige Stunden später war ich schlauer. Auf den ersten Blick erinnert das Bücherprojekt an den klassischen Kettenbrief von früher, jedoch steckt hier noch etwas mehr dahinter. Der Aufbau ist ein wenig kompliziert zu erklären, aber hier kommt mein Versuch: Meine norwegische Freundin Cathrine hat auf den Post einer isländischen Freundin reagiert, in dem sie nach Buchliebhabern sucht, die Interesse haben, an diesem Projekt teilzunehmen. Sie hat daraufhin ebenfalls den Aufruf auf ihrer Seite gepostet, denn so entsteht die eigentliche Kette der Buchsendungen. Diesen Post habe ich nun beim Scrollen gefunden und wie befohlen darunter kommentiert. Daraufhin bekam ich von ihr die Anleitung per Nachricht, den Text ebenfalls zu posten. Außerdem steht darin die Adresse der Isländerin, an die ich nun mein Lieblingsbuch auf Englisch schicken werde. Alle, die jetzt etwas unter meinen Post schreiben, werden ihre Bücher an die Adresse meiner Freundin aus Norwegen schicken und so geht es dann immer weiter. So bekommt beispielsweise Cathrine ein Buch von einem Freund von mir aus Chile zugeschickt.
Ich bin grundsätzlich immer erstmal skeptisch, wenn es um solche Aktionen in den sozialen Medien geht, jedoch empfinde ich es hier als harmlosen Spaß unter Leseratten. Ich bin sogar ziemlich begeistert von der Idee, denn sie ermöglicht einen großartigen Austausch von Literatur unter Lesebegeisterten aus der ganzen Welt. Jeder, der ein Buch versendet, schreibt noch eine kleine persönliche Notiz über das Buch und dessen Herkunftsland dazu. Ich bin gerade bei der Post gewesen, um mein Buch auf den weiten Weg nach Island zu bringen und in ein paar Tagen hält Rita in Reykjavík eines meiner Lieblingsbücher in der Hand, welches mich immer wieder zum Reisen inspiriert. Denn auch darum geht es in diesem Projekt: durch die Literatur einen Einblick in eine andere Kultur zu bekommen und Bücher zu lesen, die man selber vielleicht nie gefunden hätte.
Gibt man diesen Büchertausch aber mal bei Google ein, trifft man direkt auf viel Kritik und die Warnung davor, dass es sich dabei um Betrug handeln könnte. Darin heißt es, dass nur wenige Leute von dem Projekt finanziell profitieren und die meisten Teilnehmer Verlust machen würden. Natürlich kann es passieren, dass keiner unter deinem Post kommentiert oder dass manche gar nicht erst ein eigenes Buch abschicken und man somit leer ausgeht. Doch geht es bei diesem Projekt nicht darum, einen materiellen Nutzen daraus zu ziehen, sondern anderen ein Lieblingsbuch nahezulegen und im Gegenzug die Lieblingsbücher anderer Menschen weltweit kennenzulernen. Somit profitiert jeder, der auch nur ein einziges Buch zugeschickt bekommt.
Ein Aspekt, der allerdings etwas irritierend ist, ist das Versprechen von maximal 36 Büchern, die man bekommen kann. Ich habe das mal durchgerechnet. Das würde bedeuten, dass mindestens sechs Freunde auf meinen Post reagieren müssten und auf die Texte dieser sechs Freunde müssten ebenfalls jeweils sechs Menschen kommentieren, damit ich am Ende 36 Bücher bekommen würde. Diese Idee ist insbesondere bei dem schwindenden Gebrauch von Facebook heutzutage ziemlich utopisch. Aber das Versprechen von gleich 36 kostenlosen Büchern sorgt dafür, dass man beim Durchscrollen kurz stehen bleibt und sich den Text genauer durchliest.
Selbstverständlich wird auch dieser Social Media Trend wieder vorbeigehen wie so viele seiner Vorgänger. Aber dieser Büchertausch schafft es, einen Teil der Welt durch Literatur für einige Zeit näher zusammenzubringen. Durch meine Teilnahme an diesem Projekt bekommt eine Isländerin ein Buch aus Greifswald und eine Norwegerin mindestens ein Buch aus Valparaíso in Chile. Und ich warte nun geduldig, ob auch ich demnächst ein paar schöne Lieblingsbücher aus anderen Teilen der Welt in meinem Briefkasten finde. Bis dahin müssen dann aber wohl erstmal die eigenen Bücher herhalten.
Falls dieser Artikel nun auch deine Neugier geweckt hat, kannst du ganz einfach Teil des Projektes werden: Poste einfach den Text in der Abbildung auf deiner eigenen Facebook- oder Instagram-Seite und warte auf die Kommentare von Gleichgesinnten, um ihnen dann in einer privaten Nachricht die Anweisungen zu erklären. Da du in diesem Fall die Kette erst beginnst, werden du und diejenigen, die deinen Post kommentieren noch niemanden haben, an den ihr ein Buch schicken könnt. Dies geschieht erst ab der dritten Runde, die ihre Bücher dann an dich sendet und so geht es dann immer weiter. Aber natürlich werdet ihr so oder so neue spannende Bücher aus anderen Teilen der Erde zugeschickt bekommen.