Habt ihr euch eigentlich schon mal gefragt, welche Persönlichkeiten hinter den Namensgebern unserer Straßen stehen? Wir haben uns interessante Persönlichkeiten herausgesucht und möchten euch diese im Wochentakt vorstellen. Als nächstes folgt Rudolf Ditzen alias Hans Fallada:

Ihr seid bestimmt schon einmal an der Hans-Fallada-Straße vorbeigefahren, als ihr auf dem Weg zur Sporthalle wart. Sie befindet sich im Herzen von Greifswald in der Nähe des Karl-Marx-Platzes.

Wusstet ihr schon, dass der Name Hans Fallada nur ein Pseudonym war? Der Greifswalder kam mit dem Namen Rudolf Ditzen zur Welt. Die Namen Hans und Fallada entnahm er zwei Märchen der Brüder Grimm. Er bastelte sich sein Pseudonym aus dem Vornamen des unbeschwerten Protagonisten bei „Hans im Glück“ und „Fallada“, dem alten und stets die Wahrheit sprechendem Gaul aus dem Märchen „Die Gänsemagd“.

Mit Werken, wie „Kleiner Mann was nun?“ erlangte er als Schriftsteller internationales Ansehen. Seine Romane sind ein Paradebeispiel für die Literaturströmung der Neuen Sachlichkeit und werden auch heute noch im Deutschunterricht besprochen.

Die Neue Sachlichkeit entstand zur Zeit der Weimarer Republik (1919-1933). Besondere Merkmale sind die illusionslose und nüchterne Darstellungsweise sowie der thematische Fokus auf politische und gesellschaftliche Missstände. Denn ein großer Teil der Bevölkerung hatte zu der Zeit mit den Folgen der Weltwirtschaftskrise 1929 zu kämpfen. Viele verloren ihre Arbeit. Einige Familien trieb es bis in den Ruin. Die Autoren versuchten mit ihren Werken, den Nerv der Zeit zu treffen und berichteten daher vor allem über das Leben ganz gewöhnlicher Bürger.

Rudolf Ditzen wurde am 21. Juli 1893 als drittes Kind einer gutbürgerlichen Greifswalder Familie geboren. Sein Vater arbeitete als hoher Justizbeamter. Aufgrund seiner Versetzung an das Kammergericht in Berlin verließ die Familie jedoch im Jahr 1899 Greifswald. 

Rudolf Ditzens Jugend war alles andere als leicht. Er fühlte sich von seinem Vaters in die Ecke getrieben. Dieser wollte, dass sein Sohn in seine Fußstapfen trat. Allerdings interessierte sich der junge Mann nicht für Jura und äußerte stattdessen schon früh den Wunsch Schriftsteller zu werden. Dies stieß wiederum bei seinem Vater auf völliges Unverständnis. Die Ablehnung seines Vaters führte bei Rudolf Ditzen zu Versagensängsten.

Auch seine Schulzeit stellte kein schönes Kapitel in seinem Leben dar. Oft zog er sich vor seinen Mitschülern zurück und galt daher als Außenseiter. Mit Hanns Dietrich von Necker verband ihn eine verhängnisvolle Freundschaft. Die beiden Schüler hegten Selbstmordgedanken, die sie am 17. Oktober 1911 in die Tat umsetzten wollten. Der Selbstmord war als Doppelduell getarnt. Beide hatten vor, den anderen mit einer Waffe zu erschießen. Soweit der Plan. Allerdings überlebte Rudolf Ditzen das Duell schwer verletzt, wohingegen sein Freund an den Schussverletzungen starb. Der Einfluss seines Vaters auf die Justiz verhinderte jedoch die Mordanklage. Die Anklage wurde wegen Schuldunfähigkeit fallen gelassen. Der psychisch kranke Sohn wurde daraufhin für zwei Jahre in die Psychiatrie eingewiesen.

Nach seinem Klinikaufenthalt machte er eine landwirtschaftliche Ausbildung. Als der erste Weltkrieg ausbrach, meldete sich Rudolf Ditzen freiwillig als Soldat. Doch nach nur wenigen Tagen wurde er als „dauernd untauglich“ abgewiesen. Stattdessen zog der junge Mann nach Berlin, wo er beim Kartoffelanbau half. Nach Kriegsende nahm er Unmengen an Morphium zu sich und wurde abhängig. Seine Sucht war stärker als sein Wille. Trotz des mehrjährigen Aufenthaltes in einer Entzugsklinik, wurde er nach der Entlassung schnell wieder rückfällig. Um seine Sucht zu finanzieren, unterschlug er viel Geld. Als der Betrug aufflog, drohte Rudolf Ditzen eine lange Gefängnisstrafe. Daraufhin musste er im Jahr 1926 eine zweieinhalbjährige Gefängnisstrafe absitzen. Während seiner Haft fand er Inspiration für sein späteres Werk „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“.

Nach seiner Entlassung im Jahr 1928 startete er einen Neuanfang. Er beschloss nach Hamburg zu gehen und schlug sich einige Zeit als „freier Mann“ mit seiner Schreibmaschine durch. Dort lernte er Anna Issel kennen, verliebte sich in sie und heiratete sie kurz darauf im Jahr 1929. Diese Ehe sollte jedoch nicht seine einzige bleiben. Im Jahr 1944 ließ sich das Paar scheiden.

Die 1930er Jahre waren für seine Karriere besonders bedeutend. Er arbeitete als freiberuflicher Schriftsteller und veröffentlichte seine ersten Werke. Der Durchbruch gelang ihm mit seinem 1932 veröffentlichten Roman „Kleiner Mann – was nun?“. In diesem schilderte er das elende Schicksal einer kleinen Arbeiterfamilie zur Zeit der Weltwirtschaftskrise.
Weitere bedeutende Werke sind „Bauern, Bonzen und Bomben“ (1931), „Wer einmal aus dem Blechnapf frisst“ (1934) und „Wolf unter Wölfen“ (1937). Außerdem schrieb er in den folgenden Jahren noch zahlreiche Märchen und Kinderbücher.

Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, zog sich Fallada in sein Anwesen in Mecklenburg zurück. Doch auch hier blieb er von der Regierung nicht ganz unbeachtet. Einige seiner Werke missfielen den Nazis und so landete Falladas Name auf der Liste der „unerwünschten Autoren“. Eingeschüchtert fügte sich Fallada der Regierung und veröffentlichte von da an hauptsächlich nur noch Kinderbücher. Seinen letzten Lebensabschnitt verbrachte er jedoch wieder in Berlin, wo er 1945 nochmal heiratete. Dort starb er mit gerade einmal 53 Jahren an den Folgen seiner langjährigen Drogen- und Alkoholsucht.

Wer sich für Fallada privat interessiert oder gerne mehr sehen möchte, bis zum 11. September findet die Ausstellung „Der Trinker“ –  Eine Graphic Novel von Jakob Hinrichs statt.

Fallada verfasste „Der Trinker“ 1944 heimlich im Gefängnis. Er war nach einem mutmaßlichen Totschlagversuch an seiner Frau als nicht zurechnungsfähig inhaftiert worden und saß mehrere Monate in der Landesanstalt Neustrelitz-Strelitz. In „Der Trinker“ hat Fallada nicht nur die eigenen Erfahrungen mit der Alkoholsucht verarbeitet, der Roman ist auch eine Auseinandersetzung mit seinen persönlichen Krisen und Demütigungen.

Der bekannte Illustrator und Comiczeichner Jakob Hinrichs hat sich intensiv mit dem Werk und dem Leben Falladas beschäftigt. Seine Graphic Novel beginnt in der Landesanstalt Neustrelitz-Strelitz und erzählt von dort aus die sehr persönliche Geschichte Falladas.

Jakob Hinrichs lebt in Berlin und arbeitet als selbstständiger Illustrator und Comiczeichner für internationale Publikationen. Seine Ausstellung von Originalzeichnungen und Entwürfen zur Graphic Novel ist bis zum 11. September in der Stadtbibliothek zu sehen.

Bilder: Jule Tappmeyer