Der Winter zeigt sich von seiner schönsten Seite, die Hausarbeiten sind zu einem Großteil abgegeben, und die Nächte sind noch länger als die Tage. Eigentlich der perfekte Zeitpunkt, um mal wieder in eine Geschichte abzutauchen. Genau das haben sich auch zwei Redakteurinnen gedacht, und sind in die Welt von Sophie Nuglischs Buch „Die Hässlichen“ abgetaucht. Heute und am Freitag berichten sie euch von ihren persönlichen Eindrücken.

 

Was passiert eigentlich wenn wir sterben? Genau das erfährt Miles als er bei einem Autounfall verstirbt.

„Du weißt, wie es sich anfühlt zu sterben, Miles.“ Mit dieser Feststellung beginnt das Buch und ein kurzer Dialog zwischen Miles und Alanna. Die Überlegung, was mit uns Menschen geschieht, wenn wir in jungen Jahren versterben, wird von Sophie Nuglisch auf eine sehr interessante und nachdenkliche Weise im Buch ‚Die Hässlichen‘ beantwortet. Herausgeber ist der Verlag Piper, der damit Sophie die Möglichkeit geboten hat ihr Erstlingswerk , das sie schon in ihrer Jugend begonnen hat, zu veröffentlichen. Es handelt sich dabei um einen Roman in Taschenbuch-Format, der besonders dadurch heraussticht, dass er nicht alles in verschönter Form darstellt, sondern eine etwas dunklere Atmosphäre über den Verlauf der Handlung hinweg beibehält. Trotzdem ist der Schreibstil meist eher locker, mit Humor gepaart und an einigen Stellen auch mit einer typischen, etwas vulgären Redeform der Jugend geschmückt. Das Erscheinungsjahr ist 2017.

Miles, der Protagonist, beschreibt aus der Ich-Perspektive die letzten Stunden vor seinem Tod. Nach seinem Ableben findet er sich in einem weißen Raum wieder. Mit ihm befinden sich weitere, erst kurz zuvor verstorbene Kinder und Jugendliche an diesem Ort: Nina, Laurie, Keira, Carter und später auch Georgia. Eine Frau, die sich als Alanna vorstellt und sich im Laufe der Handlung als eine Art Vorherseherin herausstellt, erklärt ihnen, dass sie an diesem Ort verweilen, weil sie sehr jung verstorben sind und nicht die Möglichkeit hatten richtig zu leben. Deswegen bietet sie ihnen die Chance „noch einmal etwas zu tun, das vollkommen richtig ist“. Alle entscheiden sich dafür, einem lebenden Menschen als Paten zur Seite zu stehen, welcher kurz davor ist sich selbst umzubringen. Da sie alle nicht eines natürlichen Todes gestorben sind und die Gestalt ihres verstorbenen Ichs beibehalten haben, entschließen sie sich, die Gruppe die Hässlichen zu nennen.
Nachdem Miles erster Pate nur wenige Augenblicke nach seinem Treffen mit ihm Selbstmordbegeht, bekommt er eine neue Patin, Betty. Da Miles, wie er es auch selbst beschreibt, eher der Arschlochtyp ist und es ihm schwer fällt, seinen Mitmenschen richtiges Interesse und auch Empathie entgegenzubringen, sind Zickereien zwischen den beiden Teenagern vorprogrammiert.
Durch den leichten Schreibstill lässt sich das Buch sehr angenehm lesen und ist auch nicht überladen mit zu vielen Detailbeschreibungen. Hier hat die Autorin genau das richtige Maß an wichtigen und nicht so relevanten Informationen gefunden, sodass man nicht abgelenkt wird und der Handlung gut folgen kann. Ein persönliches Plus würde ich es nennen, dass die Handlung auch nicht mit zu vielen Nebensträngen ausgeschmückt wurde. So sind kleine Liebesbeziehungen zwischen den verstorbenen oder auch die emotionale Gefühlswelt der anderen Mitglieder der Hässlichen nicht zu aufdringlich oder lang atmend, sondern in passender Menge und an den richtigen Stellen eingebracht worden.
Die Handlung hat von Beginn an einen aufsteigenden Spannungsbogen, welcher sich auch dadurch bildet, dass wir nicht alle Informationen zu den einzelnen Personen direkt auf einem Tablett serviert bekommen, sondern in jedem Kapitel immer wieder mit neuen Häppchen gefüttert werden. Im mittleren Teil wird diese Spannung gehalten und mit sehr durchdachten, aber auch besonders traurigen Handlungen aufrechterhalten. Erst zum Ende hin erreicht der Spannungsbogen seinen Höhepunkt, in dem sich Miles vor einer wichtigen Entscheidung sieht.

Natürlich wurde sich schon häufiger mit der Frage auseinander gesetzt, was mit uns passieren könnte nachdem wir sterben. Mit der Idee eines Zwischenreiches, in dem verstobene Teenies noch einmal die Möglichkeit erhalten etwas Gutes zu tun, wurde diese hier auf eine sehr schöne Weise umgesetzt. Trotzdem ist die Handlung doch an einigen Stellen sehr traurig und emotional, da man häufiger mit Fragen zum Tod und der Art und Weise, wie die Hinterbliebenen damit umgehen, konfrontiert wird. Ein paar Tränen beim Lesen sind also vorprogrammiert, was auch den sensiblen und durchdachten Dialogen und inneren Monologen Seiten Miles zu verdanken ist. Hier sieht man auch, dass sich die Autorin sehr viele Gedanken zu dem Thema gemacht hat und auch wenn das Buch eher düster wirkt, wurde an einigen Stellen doch auf eine sehr sensible Art auf das Thema eingegangen.
Trotzdem muss hier gesagt werden, dass die Beziehung zwischen Betty und Miles sehr schwierig zu durchschauen ist und ein doch eher überraschender Wandel zustande kommt. Dieser hätte aus meiner persönlichen Sicht etwas geschickter eingeleitet werden können. Auch das Ende der Handlung wirkt dann doch sehr kurz gehalten. Hier hätte es ruhig etwas offener gelassen werden können. Ob der Epilog notwendig war oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich hätte ihn weggelassen oder etwas anders umschrieben. Trotzdem ist hier anzuerkennen, dass die Autorin das Buch beendet wie sie es beginnt: mit einem kurzen Dialog.
Im Großen und Ganzen hat es mir sehr viel Spaß gemacht dieses Buch zu lesen. Die Idee war eine neue und die Handlung auch nicht in so klassischer Form, dass man sie direkt durchschauen kann. Das ist aber teilweise auch der Autorin zu verdanken, die an einzelnen Stellen immer mal kleinere falsche Fährten gelegt hat. Würde ich das Buch Kindern empfehlen? Eher nicht. Ich denke einige Kapitel sind doch etwas zu emotional geladen und Kinder könnten diese wahrscheinlich auch nicht richtig auffassen. Für Teenager ist das Buch durchaus geeignet, allerdings muss man überlegen welche Art Mensch man ist. Nicht alle können so gut mit dem Thema Tod umgehen. Aber auch für Erwachsene stellt das Buch eine interessante und spannende Lektüre dar. Schließlich ist das Thema alterslos und wer kann sich nicht mit der Vorstellung anfreunden, nach dem Tod noch einmal eine Aufgabe zu erhalten?