In der Sommerpause geschehen traditionell wenige Dinge in der Politik. Dabei gibt es immer wieder Prozesse, die mehr Öffentlichkeit verdient haben.
So auch in diesem Sommer: Bereits im März 2016 hatte die Bürgerschaft Greifswald beschlossen, dass der Oberbürgermeister Verhandlungen mit der Gemeinde Wackerow aufnehmen soll. Betreff: Die Eingemeindung der Gemeinde Wackerow. Keine große Sache – sollte man meinen – so groß ist Wackerow schließlich nicht. Die Gemeinde Wackerow umfasst allerdings nicht nur den Ortsteil Wackerow, sondern erstreckt sich von Greifswald bis fast zu Mesekenhagen und Horst. Flächenmäßig ist die Gemeinde nur wenig kleiner als die Hansestadt: Mit beinahe 32 km² würde sich das Stadtgebiet Greifswald mit seinen etwas über 50 km² deutlich vergrößern. Bei der Bevölkerungsanzahl sieht es schon deutlich anders aus. Während in Greifswald etwa 54.000 Personen leben, sind es in Wackerow gerade mal 1400 (Stand: 31. Dez. 2008). Wackerow ist damit deutlich ländlicher geprägt. Da fangen die Probleme aber erst an: Mit ihrem vergleichsweise geringen Bevölkerungsanteil befürchten die Wackerower EinwohnerInnen, als künftiger Greifswalder Stadtteil kaum noch Bedeutung zu haben. Auch die Selbstständigkeit als Gemeinde wollen viele nicht aufgeben, wie auf der Einwohnerversammlung in Wackerow am 21. August deutlich wurde. Knapp 150 Menschen waren gekommen, um sich über die Perspektive der Gemeinde informieren zu lassen.
Bei dieser Veranstaltung informierte der Beauftragte des Kreises über die Situation: Die Gemeinde Wackerow kann als eigenständige Gemeinde nicht mehr weiter existieren, sie erfüllt die neue Mindestbevölkerungsanzahl nicht. Eine Fusion mit Greifswald erscheint daher dem Bürgermeister Wackerows, Manfred Hering (CDU), altermativlos. Prof. Kohler, ehemaliger Rektor der Greifswalder Universität, bemängelte, dass die Basisinformationen für eine derartige Entscheidung fehlten. So seien die Alternativen zur Fusion mit Greifswald nicht ausreichend dargestellt worden. Die Frage, ob denn eine Großgemeinde mit den umliegenden Gemeinden möglich sei, wurde gleich mehrere Male gestellt – von der Gemeindevertretung gab es zu dem Thema nur ausweichende Antworten. So erklärte Hering, dass die Gemeindevertretung Neuenkirchens bereits 1998 eine Großgemeinde abgelehnt hatte. Inzwischen ist allerdings viel Zeit vergangen und die Bedingungen sind anders. Der Bürgermeister Neuenkirchens, der als Zuhörer anwesend war, erklärte, dass seine Gemeinde bereits Verhandlungen mit den umliegenden Gemeinden aufgenommen hat. Auch würde er bei einem derart wichtigen Thema nicht die Bevölkerung außen vor lassen. In Wackerow hatte sich die Bevölkerung bereits mithilfe eines Bürgerentscheids zu dem Thema positioniert: 2013 stimmte die Mehrheit gegen eine Fusion mit Greifswald. An diese Entscheidung war die Wackerower Gemeindevertretung gebunden – allerdings nur drei Jahre lang, sodass nun wieder mit den Verhandlungen begonnen werden konnte. Bei der Einbringung in die Bürgerschaft gab es 2016 einen Änderungsantrag, der vorsah, dass der Oberbürgermeister bei den Verhandlungen anregen solle, dass es erneut zu einem Bürgerentscheid in Wackerow kommen sollte; die Mehrheit der Bürgerschaftsmitglieder lehnte diesen Antrag ab.
Die Wackerower haben deshalb bei der Infoveranstaltung einen Einwohnerantrag eingereicht:
Die Gemeindevertretung beauftragt den Bürgermeister der Gemeinde Wackerow mit den im Amt Landhagen organisierten Gemeinden Verhandlungen über die Bildung einer Großgemeinde Landhagen zu führen. Über die Ergebnisse und den Verlauf der Verhandlungen ist der Gemeindevertretung öffentlich zu berichten.
Mit dem Antrag soll keineswegs der Eindruck entstehen, dass man Greifswald nicht möge, so die Antragsteller. Vielmehr wenden sie sich gegen das Vorgehen der Gemeindevertretung, die ihrer Meinung nach nicht hinreichend alle Optionen geprüft hat. In einer Großgemeinde sei Wackerow ihrer Meinung nach aber besser aufgehoben, da sie dort mit den anderen Altgemeinden auf Augenhöhe verhandeln könnten. Zudem wird befürchtet, dass bei der Eingemeindung viel Einfluss verloren ginge, so könnte beispielsweise die örtliche Feuerwehr wegfallen.
Ein weiterer Punkt, der in den Verhandlungen eine zentrale Rolle spielt: Die Schulden der Beteiligten. Greifswald hat derzeit rund 80 Millionen Euro Schulden*, Wackerow 2,8 Millionen. In Greifswald ist die Höhe der Schulden laut Stefan Fassbinder den derzeitigen Investitionen geschuldet, bei dem Abbau stünden kaum Probleme an. Anders in Wackerow, wo die Schulden über Jahre aufgebaut wurden. Die Einnahmen können laut Aussage des Beauftragten kaum gesteigert werden, Einsparungen seien ebensowenig realistisch. Vom Land gibt es bei Fusionen allerdings Finanzhilfen. Einmal den Konsolidierungsbeitrag, der pro Fusion gezahlt wird und die Fusionshilfe, die bei einer Fusion ab vier Gemeinde pro wegfallender Gemeinde gezahlt würde. In anderen Gemeinden scheint die Haushaltslage deutlich entspannter zu sein, lediglich in Dargelin und Behrenhoff beträgt die Verschuldung jeweils ca. 100.000€. Wie sich eine Fusion mit anderen Gemeinden auf den Haushalt auswirken würde, konnte der Beauftragte aufgrund fehlender Informationen nicht sagen. Insgesamt sind es zehn Gemeinden, in dreien – inklusive Wackerow – wurde eine Großgemeinde bereits durch die Gemeindevertretung abgelehnt. Durch den Einwohnerantrag könnte sich diese Tür nun zumindest in Wackerow wieder öffnen. Sollte die Gemeindevertretung gegen diesen entscheiden, können die Antragsteller ein Bürgerbegehren gegen die Entscheidung einreichen. Das Quorum dafür dürften sie bei der Wackerower Bevölkerung einfach erreichen.
Edit 12 Uhr: Die Fusionshilfe wird bei jeder Fusion gezahlt, unabhängig von der Menge der beteiligten Gemeinden. *Greifswald hat derzeit noch keine 80 Millionen Euro Schulden, durch die anvisierten Investitionen werden die Schulden aber voraussichtlich auf 80 Millionen anwachsen.
Bilder: Magnus Schult
Was würde die Fusion für Greifswald bringen?
Greifswald würde natürlich sein Stadtgebiet deutlich vergrößern und mehr Einwohner bekommen. Die Frage nach dem Vorteil für Greifswald, wenn sie bei der Fusion die Schulden der Gemeinde übernähmen, wurde auf der Versammlung auch gestellt, eine konkrete Antwort gab es dazu nicht.
Eventuell geht es um Bauland.
Wenn wackerow verschwindet könnte die Greifswalder Verwaltung entscheiden wo was gebaut wird und sich über die wünsche und Interessen der wackerower hinwegsetzen.
Also Sichtachsen verbauen bspw. Flächen umwidmen, das Wachstum durch Neubauten forcieren und damit aus ruhigen Sackgassen Durchfahrtsstraßen machen.
Ein Wachstum der Stadt in Richtung Stralsund würde leichter möglich werden.
Jede andere Stadt wächst stärker kreisförmig nur Greifswald ebend nicht so recht.
Das Bauland wäre näher am Marktplatz als viele Teile des süd-östlichen Stadtrandes. Damit wäre es von der Lage her schon attraktiv. Und über die Stralsunder str. Auch nutzbar.
Ich würde mich den Befürchtungen der wackerower anschließen und einwerfen, dass die das nicht aus christlicher Nächstenliebe machen…
Dass es um Bauland geht, ist wirklich klar. Überall wird gebaut, vor allem findet eine Zersiedelung der Landschaft statt. Ich frage mich immmer, woher plötzlich die Leute kommen, die hier überall ihre Häuser bauen.
Ja also wirklich ich versteh das nicht.
Schönwalde ist doch schön und waldig.
Wie der Name schon sagt.
Also das Konzept des einfamilien Hauses ist überholt und war eh nur so ein seit jahrhunderten überholter Trend.