Die Studierendenzahlen in MV sind bekanntermaßen rückläufig. Grund genug für die Landesregierung, wieder in Werbung zu investieren.
Doch womit wirbt Mann für ein Land, in dem auch die Bevölkerungszahlen rückläufig* sind und sich die Unternehmen in den Städten nicht ansiedeln wollen, weil der Verkehr wegen der Fahrradstreifen nicht flüssig läuft? Das Landesmarketing hatte dazu eine revolutionäre Idee:
Ein Bild mit einem Bikinioberteil und dem schmissigen Titel Oben Ohne sollte wieder Studierende an die Ostseeküste locken. 160.000 € wurden alleine dafür bereitgestellt, dass die Werbung auf Spiegel Online erscheinen sollte. An dem Wochenende, an dem die Werbung dort planmäßig laufen sollte, lief indes nur Werbung für Spiegel Online. Der Grund dafür ist im Rektoratsbericht für die kommende Senatssitzung zu finden: Die Hochschulleitung der Universität Greifswald hat wegen der “sexistischen und insgesamt peinlichen Werbung” Protest eingelegt. Von der Gleichstellungsbeauftragten der Universität Greifswald, Ruth Terodde, erhielten die Bildungsministerin und die Sozialministerin einen Brief, dem sich innerhalb weniger Stunden auch die Gleichstellungsbeauftragen der Universität Rostock, der Universitätsmedizin Greifswald sowie der Hochschulen aus Neubrandenburg, Stralsund und Wismar und des Leibnizinstituts für Plasmaforschung anschlossen:
Sehr geehrte Frau Ministerin, liebe Frau Hesse,
im Auftrag der Landeskonferenz der Gleichstellungsbeauftragten M-V und im Namen der unten aufgeführten Gleichstellungsbeauftragten der Hochschulen und Forschungseinrichtungen des Landes wende ich mich heute an Sie. Wir Gleichstellungsbeauftragte sehen uns aufgrund der neuen Landesmarketing-Kampagne „Oben ohne“ veranlasst, gegen die sexistische Aufmachung dieser Werbekampagne zu protestieren. Werbemaßnahmen, die mit sexistischen Bezügen arbeiten, halten wir für diskriminierend und niveaulos; als Werbung sind sie grundsätzlich unangemessen und als Marketingstrategie für unsere Hochschulen völlig ungeeignet.
Neben der sexistischen Konnotation des Bikinioberteils wie auch des „Oben ohne“-Spruchs verleitet letzterer zu ungewollten Assoziationen – die meistgehörten waren „Oben ohne Verstand“ bzw. „Oben ohne Geschmack“. Der Zusammenhang zwischen einem Bikinioberteil und dem Hochschulmarketing erschließt sich nicht.
In unserer Funktion als Gleichstellungsbeauftragte distanzieren wir uns ausdrücklich von dieser Werbekampagne. Wir wenden uns entschieden gegen die Verwendung dieses in jeder Hinsicht inadäquaten Werbeprodukts für unsere Hochschulen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn Sie unser Anliegen unterstützen und die Werbekampagne in dieser Form nicht gestartet würde.
Neben der Werbung auf Spiegel Online umfasst die Werbekampagne auch einen Radiospot, der inzwischen im Internet aufgetaucht ist. Dort zeigt sich ein Mann von einer Frau begeistert, die Oben Ohne studiert. Das Ohne bezieht sich selbstredend wie auch in der Onlinewerbung auf WG-Castings, Hipster, überfüllte Hörsäle und gelangweilte Professoren. Die Werbekampagne wurde ohne Rücksprache mit den Hochschulen entworfen und zieht nun einen entsprechenden Sturm der Entrüstung nach sich. Die Ministerin hätte gut daran getan, sich vor Beginn der Kampagne bei der Uni Greifswald über den “Erfolg” derartig sexistischer Werbung zu informieren. Unter dem damaligen Pressesprecher warb die Universität 2006 zum 550. Jubiläum unter anderem mit folgendem Plakat:
Als “Universität mit Strand” fand Mann die Werbung damals wohl naheliegend, ebenso wie das Landesmarketing die neue, fehlgeschlagene Kampagne. Bleibt abzuwarten, wie die neue Kampagne aufgezogen wird, die Werbeplätze bei Spiegel Online bleiben weiter reserviert. Eins ist jedenfalls sicher: Mit ausfinanzierten Universitäten und Hochschulen ließe sich deutlich besser Werbung für ein Studium in MV machen – auch glaubwürdiger.
Beitragsbild/ GIF: Landesmarketing MV (kein CC), Wi55en lockt: Fleischervorstadtblog
Nachtrag: Von 2014 auf 2015 sind die Bevölkerungszahlen erstmals wieder gestiegen.
Hallo,
diese reaktionäre Spießigkeit ist geradezu unerträglich. Früher waren es die Saubermänner der CDU, jetzt sind es die Sauberfrauen von Grün und Links.
Derselbe Mist nur anders verpackt.
Darf ich etwas fragen?
Diese unmittelbare Zuordnung zu Parteien verweist auf eine gewisse Nähe zu sog. „Alternativen“ – kann das sein?
sonst erkläre doch bitte unter Anwendung von logischen Argumentationen, inwiefern es sich bei dem angebrachten Protest um reine Spießigkeit handelt, der damit vermeintlich unangebracht wäre.
(zum Zusammenhnag meiner Frage: es sit ein Merkmal der Alternativ-Anhänger, alles mit links oder grün abstempeln zu wollen, um sich nicht weiter, zB. auch inhaltlich, damit zu beschäftigen. Es ist nicht persönlich gemeint – es ist eine auffällige Beobachtung)
Ich hab tatsächlich animierte Gifs im Browser ausgeschaltet – für mich sind sie erst einmal bloße Standbilder. Die Werbung hat mich damit komplett verfehlt, weil sich mir genau wenig der Zusammenhang zu den Unis von MV erschloss. Die Werbung war arg nichtssagend und auch ohne sexistische Komponente enttäuschend.
Hallo Herr Schult,
die Bevölkerungszahl von Mecklenburg-Vorpommern ist seit 2014 leicht steigend, bitte um Richtigstellung:
http://www.regierung-mv.de/Landesregierung/stk/Themen/Demografischer-Wandel/Daten-und-Fakten/
Kann jemand erklären, was genau an dem Bikini-Oberteil sexistisch ist? Die rosa Farbe? Die Assoziation mit Nacktheit? Wäre es denn in Ordnung, wenn man dazu ein Männer-T-Shirt abbilden würde?
https://de.wikipedia.org/wiki/Oben_ohne
hilft das? Oder siehst du diese allgemeine Assoziation einfach nicht ein? Du kannst sie testen, indem du nicht-zensierende Suchmaschine nutzt und mal die Bildersuche unter „oben ohne“ anwirfst. Die Gegenprobe wird dir diese gängige Assoziation dann bestätigen.
Hier wird nicht einfach ein Wortspiel betrieben, hier wird bewusst die clickbait-Assoziation von entflößter Frauenbrust als Aufhänger aufgegriffen. Und das ist nun plötzlich Fokus der Kampagne. Die nackte weibliche Brust wird zum Aufhänger, um Studierende herzulocken.
Abgesehen von der sexistischen Komponente ist das im Niveau gar flacher als MV selbst. 😉
Entschuldigung, die Aussage beruht noch auf den Prognosen von 2005.
Danke für die Richtigstellung. Die Bevölkerungszahl stieg sogar schon von 2013 auf 2014 leicht an, von 2014 auf 2015 ebenso.
Hallo,
das ist mittlerweile die typische Reaktion auf Kritik an linken oder feministischen Thesen und Handlungen.
Jeder der das tut, wird mittlerweile in die Nähe zur AfD gerückt oder ihm/ihr noch Schlimmeres unterstellt und damit mundtot gemacht.
Ich empfinde das als eine bodenlose Frechheit, da mein Vater im KZ gesessen hatte und mein Großvater von SA-Schergen halbtot geschlagen wurde, da er einer Jüdin in der Straßenbahn seinen Platz angeboten hatte.
Und diese Verhunzung unserer Sprache durch die Genderei. Lesen Sie dazu einmal Orwells Buch 1984 mit dem Ministerim für Neusprech.
P.S. In Berlin, wo ich wohne hatte, der grüne Justizminister als wichtigstes Anliegen die Einrichtung von Unisextoiletten gefordert.
Sorry, wie gesagt, war ja nicht persönlich gemeint.
ich frage ja auch nicht, weil ich schon feste Schlüsse gezogen hätte. Aus genanntem Grund lag der Verdacht nur nahe. Und das ist wohl ärgerlich, verständlich.
Wie dem auch sei!
Dann bitte liefere also stattdessen eine argumentative Auseinandersetzung, warum dieser Beitrag ein bloßer Ausdruck von Spießigkeit sei. Bislang wurde es nur damit begründet, dass die Autoren wohl „Sauberfrauen von Grün und Links“ wären. Kannst du das näher ausführen? Vielleicht, wie gesagt, mehr argumentativ, idealerweise sogar logisch?
Dafür wäre ich dankbar.
Ich weiß auch nicht, wo ich jetzt gegendert haben sollte, sollte das auf mich bezogen sein. Wenn ich das getan haben sollte, so geschah das wohl unbewusst. aber darin seh ich gerade in dieser Debatte für meinen Beitrag wirklich kein Problem.
Sie bestätigen gerade indirekt die Kritik an Ihrem Beitrag, indem Sie sich als „mundtot gemacht“ inszenieren. Was für Sie Spießigkeit ist, haben Sie immer noch nicht erklärt 🙂
Den Zusammenhang Ihrer restlichen Ausführungen zu dem Artikel müssen Sie erklären.
Noch ein Tipp: Wenn Sie an einer inhaltlichen Auseinandersetzung interessiert sein sollten, bleiben Sie bitte sachlich und beziehen Sie sich auf den Artikel 😉
Ich hätte da eine Alternative:
http://www.fg.hs-wismar.de/documents/DIA_17.jpg