Es ist die normalste Sache der Welt, der tägliche Gang zur Universitätsbibliothek. Man schließt in aller Seelenruhe sein Fahrrad an wie durch ein Wunder noch freie Fahrradständer an, affirmiert sich motivierende Worte: „Ich werde das packen, ich werde das packen,“ und versucht sich dann während des Lernens noch daran zu erinnern, um nicht in Tränen auszubrechen.
Man wird rausgerissen aus dieser heilen Welt, wenn man dann schlürfend und müde des ganzen aufgesaugten Wissens vor seinem Fach steht, es aufschließen will und dabei feststellt, dass jemand einem zuvorgekommen ist. Die Kinnlade sinkt, Fassungslosigkeit macht sich breit und das Einzige, was man hervorbringen kann, ist ein gestammeltes, verzweifeltes „Fuck“.
Solch eine oder ähnliche Situation ist im letzten Jahr 13 Studierenden widerfahren. Zweien davon im ersten Halbjahr in Fachbibliotheken. Von August bis November 2016 gab es neun Diebstähle in der Zentralen Universitätsbibliothek, einen in der Bereichsbibliothek und einen in der Alten Universitätsbibliothek.
Woran kann das liegen? Ist die Universität nicht dazu verpflichtet, durch verschließbare Spints Sicherheit für unserer Habseligkeiten zu garantieren? An der alten Universitätsbibliothek in der Rubenowstraße war dies nicht möglich. Der Diebstahl, der sich zum Ende des Jahres 2016 dort ereignete, fand in der Eingangshalle des alten Gebäudes statt. Ein Bereich, der weder vom Personal noch von Kameras überwacht wurde. Nach dem Vorfall reagierte die Universität mit dem Abbau der Schließfächer. Die Pressestelle gesteht zu dem ein, dass „die Schränke im Erdgeschoss […] zum großen Teil defekt [waren]. Sie muss[t]en auch aus Brandschutzgründen entfernt werden.“ Wie immer brauchen solche Erkenntnisse einen Präzedenzfall, der zu Einsichten und Veränderungen bewegt.
Die Universität argumentiert zwar, dass „die Garderobenschränke im Obergeschoss vor dem Freihandbereich [sich] als ausreichend erwiesen [haben], da die Nutzerzahlen seit Ende 2015 zurückgehen,“ ob das jedoch tatsächlich der Wahrheit entspricht, wird sich spätestens zur nächsten Prüfungszeit herausstellen.
Die mit Abstand häufigsten Fälle von Diebstahl fanden in der ZUB am Beitz-Platz statt. Trotz Kameras. Auf die Frage hin, ob es genügend Personal gäbe, um die Kameras, die im Übrigen nur sich alle paar Sekunden wechselnde Standbilder aufnehmen, zu überwachen, wollten die Mitarbeiter der Zentralbibliothek keine Auskunft liefern. Die Pressestelle der Universität äußert sich dazu folgendermaßen:
„Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen an der Servicetheke beobachten den Überwachungsmonitor, soweit es die Arbeiten an der Theke zum jeweiligen Zeitpunkt zulassen.“
Das lassen sie wohl nur in geringem Maße zu. Anders wären die Diebstähle in der ZUB nicht zustande gekommen. Dies soll keine Kritik an der wertvollen Arbeit der Bibliothekare sein. Jedoch sollte man sich die Frage stellen, ob nicht zusätzliches Sicherheitspersonal eine Überlegung wert wäre. Oder zumindest die Aufzeichnungen der Kameras für sieben Tage zu speichern.
Immerhin konnte man 2005 dank dieser Maßnahme sechs Vorfällen auf den Grund gehen und die Täter schnappen. 2013 wurde dann die Videoüberwachung (Livebild auf einem Bildschirm und Aufzeichnung für sieben Tage) außer Betrieb genommen, da zum damaligen Zeitpunkt nicht alle Freigaben vorlagen. Anfang 2015 wurde die Liveübertragung wieder erlaubt. Eine mögliche Aufzeichnung der Bilder wurde in Aussicht gestellt, sollte es zu polizeilich dokumentierten Vorfällen kommen. Dieser Fall trat im Herbst 2016 ein und es wurde ein Antrag auf kurzzeitige Datenspeicherung der Aufnahmen aus der ZUB an den Datenschutzbeauftragten gestellt. Das Verfahren wird noch geprüft.
Moral der Geschichte: Lasst eure Rolex-Uhr, wenn ihr die süße Punk-Maus in der Unibib umgarnen wollt, nicht im Schließfach, sondern dort, wo sie hingehört: In der Büroschublade eures Vaters, dann gibt es im Nachhinein kein großes Geschrei. Ach naja, machen wir uns nichts vor. Gebt einfach auf eure Club Mate und euren Jutebeutel Acht. Das reicht schon.
Beitragsbild: Philipp Schulz (Archiv)
Meine Uhr bleibt im Jaguar aber was ist das für 1 Punkmaus vong süßness her?
Ich habe es in der ZUB schon gelegentlich erlebt, dass Nutzer der Uni die Spinde gant ohne Schloss besnutzen. Die schließen den Spind dann ganz einfach, und wenn man dann selbst nach einem unbenutzten sucht, öffnet man dann einen an dem keine Schloss hängt. Und dann sind da Sachen drin. Gewagt gewagt, denke ich dann immer.
Die Frage bei den Diebstählen ist dann, waren die Bestohlenen auch solche Wagemutigen, die ihre Sachen ohne den Spind abzuschließen und auf den Gerechtigkeitssinn ihrer Kommilitonen vertrauten?
Und, kann ein Diebstahl eigentlich eine Exmatrikulation nach sich ziehen? Ich meine, wie wurden die Täter in den aufgedeckten Fällen belangt?
Das tue ich tatsächlich auch selbst in der alten Bibliothek in der Rubenowstraße in ähnlicher Form, allerdings lerne ich dort nicht, sondern leih mir dort nur Bücher aus oder gebe sie dort ab. Wenn ich aber so geschickt vorbereitet war, dass ich mal wieder das Schloss daheim vergessen hab, stell ich meinen Rucksack / Beutel / was auch immer einfach beiseite vor den Schwingtüren ab und entflieh mal kurz zu den entsprechenden Bücherreihen. Das geht ja alles ganz geschwind. Das Portmonee hat man ob des Ausweises ja doch bei sich – was will man mir da noch klauen? Meine Medi-Notfallspritze vielleicht. Tja, wenn’s wen glücklich macht.
wenn ich nur Bücher abgeben will, bin ich, offen gesagt, sogar zu faul, um einen Spind zu nutzen.
Bei den anderen Bibliotheken wären mir allerdings auch die Wege zwischen Schließfächern und den jeweiligen Bücherreihen viel zu weit. Andererseits kann man sich ja aber auch Schlösser ausleihen, so weit ich weiß? Blöd natürlich, wenn die aufgeknackt werden.
Übrigens – wenn das übrigens so überhaupt legitim sein sollte – müssten die Täter oder Täterinninninnen erstmal an der Uni eingeschrieben sein, damit überlegt werden könnte, ob man sie nach solch einem Delikt exmatrikuliert. da wäre ich vorsichtig, gleich davon auszugehen, dass es sich tatsächlich um Studierende handelt.;)
in die Bibliothek kommt ja erstmal jeder.
Sind die letzten Sätze eine Anspielung auf „Die Geheimnisse von Pittsburgh“? Hört sich so an.