Wie bereits allgemein bekannt, ist die Debatte um den Namenspatron bereits im vergangenen Spätsommer in eine neue Runde gegangen. Nun schaltet sich eine weitere Partei ein.
Eigentlich war dieses Mal schon alles geklärt. Die studentischen Senatoren stellten auf der Sitzung am 20. Juli einen Antrag und im Senat einigte man sich auf eine Marschrichtung. Diese hieß, wie allgemein bekannt, nicht, dass der Antrag direkt angenommen wurde. Stattdessen wurde eine Kommission einberufen, die beriet, wie die Universität mit einer Namensdebatte umgehen möchte. Am vergangenen Mittwoch erklärte die Kommission, dass es am 11. Januar zu einer hochschulöffentlichen Debatte kommen soll und auf der anschließenden Sitzung, welche am 18. Januar stattfinden wird, zu der Abstimmung. Die Nameskommission erklärte jedoch auch, dass es nur eine Entscheidung sein wird, ob der Namenspatron gehalten wird oder die Uni in Zukunft schlicht „Universität Greifswald“ heißen soll. Keine neuen Namen in den Ring werfen, nur ja oder nein.
Eine weitere Stimme kam jetzt jedoch aus einer ungewohnten Richtung. Am gestrigen Mittwoch veröffentliche Nikolaus Kramer, der Greifswalder Direktkandidat der AfD und mittlerweile Landtagsmitglied, eine Stellungnahme zu dem Thema auf seiner Facebookseite. In dieser attackierte er die Gegner des aktuellen Namenspatrons scharf:
(…) kommen irgendwelche selbsternannten Weltverbesserer und linken Nestbeschmutzer ans Tageslicht und wollen irgendwas verändern.
zuvor betonte er, eigentlich nur ein gutes Buch lesen zu wollen. In dem Text heißt es weiter, dass die Namensdebatte neben der Verwendung des generischen Maskulinums unfassbar furchtbar ist. Danach verliert sich das Mitglied des Landtages in einigen Witzeleien über Gendern in der Sprache. Damit bezieht er sich immerhin auf das Wahlprogramm der AfD. Auch auf Podiumsdiskussionen zu der Landtagswahl betonte er immer wieder, dass Gender Studies keine Forschung sei und diese laut AfD abgeschafft gehöre. Das Interdisziplinäre Zentrum für Geschlechterforschung konnte trotz des Wahlerfolgs in der vergangenen Woche noch seinen 20. Geburtstag feiern, immerhin.
Neben einem markigem Bild, welches einem AfD-Wahlplakat ähnelt und mit dem ganz neuem Spruch „Arndt ist unser Ernst“ titelt, erklärt Kramer weiter, das „wir es (die Umbenennung, Anm d. Red.) aber trotzdem nicht wollen.“ Wer ist denn wir? Professoren und Studierende können es nicht sein, diese ließen auf den Sitzungen des Senates und in den vergangenen Debatten mehr als einmal durchblicken, dass durchaus Interesse an einer neuen Diskussion besteht. Auch in mehreren Medien haben aktuelle Lehrende immer wieder erkennen lassen, wie negativ sie dem Namen Arndt gegenüberstehen. Eine Interessenvertretung der AfD, beispielsweise eine Orts- oder Hochschulgruppe der Jungen Alternativen gibt es in Greifswald ebenfalls nicht. Hinzu kommt, dass die AfD bei den Landtagswahlen in den von Studierenden gerne bewohnten Stadtteilen und Wahlbezirken vergleichsweise schlechte Ergebnisse erzielte.
Trotzdem ist der Vorstoß von Kramer logisch. Er greift die teils populäre Meinung, die von einigen besonders in den sozialen Medien ausgeführt wird, auf. Hier grassiert die Auffassung, dass es für einen Greifswalder nicht tragbar ist, wenn ein paar Studierende den schönen Namen Arndt wegnehmen wollen – aus patriotischer Sicht. Sollte Kramer diese Menschen ansprechen wollen, so hat das „wir“ seine Berechtigung. Die Mitarbeiter, Professoren und Studierenden haben jedoch gezeigt, dass sie an einer differenzierten Debatte Interesse haben. Wie das ausgeht, sehen wir dann im Januar.
Foto: Magnus Schult
Ehrlich gesagt finde ich es schon arrogant, dass dann entschieden werden soll, ob entweder Arndt oder überhaupt kein Name.
Sicherlich spreche ich auch nur von der „Universität Greifswald“ und würde dieses auch tun, wenn die Uni einen andren Namen haben würde.
Aber trotzdem bieten sich einige Namen an, mit der die Uni sehr gut leben könnte.
Wie wäre es mit dem Gründer, Heinrich Rubenow (klingt vielleicht n‘ bisschen altbacken), oder C. D. Friedrich.
Wenn es schon eine brühmte Person wie zweiteren gibt, sollte man die Gelegenheit nicht ungenutz lassen.
Leider muss ich auch, vielleicht etwas spießig, anmerken, dass ich es immer lächerlich finde, wenn solche Sachen nur von Auswärtigen entschieden und diskutiert wird. Man sollte in solchen Fällen auch mal die Greifswalder fragen.
Arndt ist natürlich nicht wirklich haltbar, die Uni hätte nie nach ihm benannt werden dürfen, auch schon im Bezug zur Zeit, in der die Bennennung stattfand und durch wen sie vollzogen wurde.
Aber Arndt zu nutzen um eine Namenslosigkeit zu diktieren, trotz C.D.F. und anderer Berühmtheiten aus Greifswald halte ich, wie schon oben geschrieben, für arrogant.
Dann hätte der Antrag aber besser von Beginn an auf „Umbenennung in…“ plus drei oder vier Alternativvorschläge lauten sollen, über die dann die Uni abgestimmt hätte.
Allerdings kann nach einem Ablegen des Namens ein erneuter Vorschlag für eine erneute Patronage unterbreitet werden. Theoretisch zumindest.
Dass ein Mitglied der rechtskonservativen Burschenschaft Markomannia irgendwann so ein stulleblödes Zeug rausposaunt, war doch absehbar. Business as usual, schon bei mden vorherigen Prozessen zur Umbenennung hat sich die Seite der Arndt-Bewahrer statt durch Argumente durch Hetzkampagnen, Desinformation, Spaltung der Stadt und rechtsoffenes Getrolle ausgezeichnet. Die Sprachwahl lässt doch auch diesmal tief blicken. Da geht es um „Nestbeschmutzer“ die „ans Tageslicht kommen“, von „Personal solcher Kampagnen“ ist die Rede und davon, dass „wir“ es „trotzdem nicht wollen“. Noch eindeutiger kann man ja nicht verlautbaren, dass einem demokratische Werte, Pluralismus etc. eigentlich scheißegal sind, aber leider sind die Zeiten ja so, dass selbst einem Vollklops wie Kramer damit die Herzen der Unterdrückten und Ausgebeuteten zufliegen.
Erst nahmen sie uns den Broiler, dann den Negerkuss und nu‘ auch noch den Arndt…
PS: Heitmeyer (HG): Deutsche Zustände, Folge 9
Nikolaus Kramer ist nicht MItglied der Burschenschaft Markomannia.
Gruß Klaus
Ah. Hat Herr Kramer dann noch schnell einen Austritt eingefädelt, bevor er sein Mandat angetreten hat? Oder war er stets einfach nur so der Burschenschaft freundschaftlich sehr verbunden?
Nikolaus Kramer ist jedenfalls nicht Mitglied der Burschenschaft Markomannia und er ist es auch noch nie gewesen.
Gruß Klaus
„Damit bezieht er sich immerhin auf das Wahlprogramm der AfD. Auch auf Podiumsdiskussionen zu der Landtagswahl betonte er immer wieder, dass Gender Studies keine Forschung sei und diese laut AfD abgeschafft gehöre. “
Wer vermag die Wissenschaftlichkeit einer Wissenschaft denn besser einzuschätzen als ein Polizist, der in seinem Leben vermutlich jede Menge Vorlesungen besucht hat und im wissenschaftlichen Arbeiten ebenso versiert sein dürfte wie im populistischen Stimmenfang. Leider präsentiert Kramer vor allem seine eigene Unkenntnis, die selbst in seinen zweifelhaften Witzchen über geschlechtergerechte Sprache zum Ausdruck kommt. Aber dieses Fahrwasser wurde ja bereits von der Landes-AfD gut vorbereitet, die in ihrem Programm u.a. die Abschaffung von Studiengängen fordert, die es gar nicht gibt. Man könnte ebenso fordern, dass Kramers Konditorei geschlossen gehört und er mit einem Berufsverbot als Zuckerbäcker bestraft wird, das ginge aber ähnlich weit an der Realität vorbei wie die Forderung der AfD.
„Weltverbesserer“ und „linke Nestbeschmutzer“ — Kramer hat eigentlich nur noch vergessen, die Westprofessoren und Sebastian Jabbusch höchstpersönlich aus der Schublade mit den Billigressentiments zu holen. Der Typ hat echt so einen verkramt, dass sogar Kollegen bei der Polizei schlecht über ihn reden. Traurig, dass solchen Leuten Vertrauen geschenkt wurde und sie jetzt im Landtag sitzen!
Ziemlich unheimlich das so jemand bei der Polizei ist…oder war
Das ist deshalb nicht unheimlich, weil das eher normal ist. Der Großteil der Justizsystems und des Beamtenwesens ist mit Menschen solcher oder ein wenig schwächeren Einstellung gefüllt.
…Nun mal nicht übertreiben. Allaussagen waren immer schon blöd und empirisch hinfällig. Und was soll das überhaupt sein, eine „schwächere Einstellung“?
Ich finde es ganz besonders putzig, wenn hier der Vorschlag gemacht wird, statt Ernst Moritz Arndt solle die Universität nach Caspar David Friedrich benannt werden. Dem Vorschlagenden fehlt leider jegliche Sachkenntnis. Denn Caspar David Friedrich teilte nicht nur die politischen Auffassungen Arndts, er schätzte diesen sehr. So verewigte Caspar David Friedrich den Namen Arndt sogar auf einem seiner Gemälde und erwies ihm damit hohe Ehre sowie sicherte diesem ein langes Gedenken. Es zeigt sich wieder einmal, dass Leute, die sich anmaßen, über Arndt zu urteilen, kaum Sachkenntnis haben. Mal die Fantasie bemühen und sich vorstellen, hier nach Deutschland kommen fremde Herrscher und zwingen die männlichen Studenten in einen blutigen Eroberungskrieg, in dem die meisten dann furchtbar zu Grunde gehen müssen. Oder deren Brüder und Väter. Arndt setzte sich mit Leib und Leben für die Befreiung seines Vaterlandes ein, sowie für die Beendigung von Leibeigenschaft und Fürstenwillkür – damals übrigens linke Einstellungen, für die er u.a. 20 Jahre seines Amtes enthoben worden war. Damals mussten leider viele Studenten ihr Leben geben für die Befreiung ihres Landes (s. Gemälde von Hodler: Auszug der Jenenser Studenten; 2017 jährt sich der 200. Jahrestag des Wartburgfestes. 2017 soll ausgerechnet gegen Arndt agiert werden? Das wäre sowohl Schande als auch Zeichen von Selbstverstümmelung und Selbstverachtung. Beschämender Vorgang!!!
Beschämender Vorgang? Weil sich zum wiederholten Male mit dem schwierigen Erbe des Patronats auseinandergesetzt wird? Ihr Kommentar dazu ist beschämend!
„…dass Leute, die sich anmaßen, über Arndt zu urteilen, kaum Sachkenntnis haben.“ So ein verallgemeinerter Bullshit! Schon bei der letzten Umbennenungs-/Namensablegungsinitiative wurde eine breite Materialsammlung angelegt, unter Mitarbeit von Historikern. Die mangelnde Sachkenntnis dazu können Sie gern mal hier einsehen: http://www.uniohnearndt.de/
Und klar, wir können alle mal die Fantasie bemühen und uns vorstellen, hier wäre wieder Krieg, dann erübrigt sich natürlich eine kritische Auseinandersetzung in Friedenszeiten. Und dass Arndt deshalb gerade von den Nationalsozialisten als Patron eingesetzt wurde… naja, man muss mal die Fantasie bemühen und sich vorstellen, in Deutschland wird eine völkische Rassenlehre und die entsprechenden Konsequenzen wieder en vogue, dann passt so ein Hetzer natürlich super als Gallionsfigur einer Hochschule. Alles nur eine Frage des Träumens.
Ihr Beitrag steht stellvertretend für die Art und Weise, wie sich Arndt-Bewahrer mit der Thematik und der Gegenseite auseinandersetzen – auf unterstem, polternden, ewig gestrigem Niveau.
Guten Tag!