In den letzten Wochen häuften sich die Fälle von Clown-sightings. Das kontroverse Phänomen aus den USA führt in Deutschland zu einer Welle aus Empörung, die besonders zu Halloween an Brisanz gewinnt.

Coulrophobie ist die die Bezeichnung für die panische Angst vor Clowns. Am häufigsten trifft man sie bei Kindern an doch es gibt auch Erwachsene die schon bei Zirkusmusik erblassen. Die Phobie wurde schon oft in Filmen aufgegriffen – die wahrscheinlich besten (also gruseligsten) sind Pennywise aus Stephen Kings „Es“ oder Captain Spaulding aus „Haus der 1000 Leichen“.

2014 wurde die Phobie in mehreren sozialen Netzwerken aufgegriffen. Es entstanden Fotografieprojekte wie Wasco der Clown und Film- bzw. Videoprojekte. Auf dem YouTube-Kanal DmPrankProductions findet man beispielsweise Videos, in denen bewaffnete Clowns anderen Menschen auflauern und Morde nachstellen. So witzig und unterhaltsam sie auch sind, man stellt sich lieber nicht vor, einem dieser Motorsägen schwingenden Prankclowns zu begegnen. Der grenzwertige, makabere Humor brachte den Videos bis zu 90 Millionen Clicks pro Clip ein, was in der Rezeption zu einer Großzahl an Trittbrettfahrern und Nachahmern führte. Es entstand das Phänomen, welches man Clown-sighting oder Horror-Clowns nennt.

Laut dpa wurden im Oktober 2016 in Deutschland 370 Horror-Clown-Vorfälle registriert. Oft verletzten sich die Opfer auf ihrer Flucht, manchmal wehrten sie sich auch überraschend. So soll in Berlin ein 14-Jähriger Junge seinen 16-Jährigen Freund niedergestochen haben, welcher ihn als Grusel-Clown verkleidet erschrecken wollte. Auch in Greifswald kam es in der Makarenkostraße und auf dem Wall in Höhe Rubenowstraße zu Vorfällen, bei denen verkleidete Clowns Passanten einen Schrecken einjagten.

Auf Facebook begegnen viele dem Phänomen mit Gewaltdrohungen und einer Selbstjustiz, die einem Lynchmob gleicht. Selbst Innenminister Thomas de Maizière kommentierte in der Freien Presse, man müsse „solche Entwicklungen möglichst früh bekämpfen und den Tätern hart und mit null Toleranz entgegentreten. Sonst fühlen sich mögliche Nachahmer möglicherweise auch noch ermutigt“. Die Polizeiinspektion Anklam warnte, dass das Erschrecken im Clownskostüm unter den Tatbestand des groben Unfugs, also Erregung öffentlichen Ärgernisses falle und somit bis zu 1000€ Bußgeld kosten kann. Damit ist allerdings nur das „Im-Kostüm-aus-dem-Busch-springen“ gemeint. Juristisch gesehen spielt der genaue Verlauf der Situation eine immense Rolle. Verletzt sich das Opfer in Folge des Schreckens, zählt dies als Körperverletzung. Droht der Clown mit einem Verbrechen („Jetzt schlitz ich dich auf“), ist es schon Bedrohung, die mit bis zu einem Jahr Haft geahndet werden kann. Hat der Clown sogar eine Waffe, und sei es nur eine Attrappe, und schlägt damit zu, bedeutet dies schon gefährliche Körperverletzung. Dafür gibt es bis zu zehn Jahre. Das aus dem Busch hopsen ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit, alles, was darüber hinaus passiert – also alle Arten von Angriffen und Drohungen – sind schon Straftaten und sollten stets sowohl Opfern als auch Tätern bewusst sein.

Doch „why so serious?“, wie ein anderer Clown einst Batman fragte. Halloween mag in Deutschland noch recht neu sein, aber dabei ging es doch darum sich zu gruseln, oder? Ein Fest, an dem wir uns als harmlose Cowboys und Piraten verkleiden und Flachwitze ertragen, gibt es auch schon. Halloween ohne Horror-Clowns, wie es in den letzten Tagen gefordert wurde, wäre vielleicht politisch korrekter, aber faktisch falsch.

Unterm Strich ist das Clown-Sighting ein zugegeben radikaler Auswuchs der Prank-Kultur, die in den letzten Jahren vor allem auf YouTube floriert. Pranks sind Streiche oder Schabernack, die sich in ihren Effekten und der Radikalität gegenseitig hochschaukeln. Es geht um Geld und Ruhm in Form von Clicks, wenngleich sehr viele Videos stark gestellt wirken. Wie das Clown-sighting beweist, ist die Übertragung bestimmter Prank-Trends in die Realität problematisch und birgt Konfliktpotential mit gesellschaftlichen Regeln und Gesetzen. Also an alle Clowns da draußen: Bitte nicht alles unreflektiert mitmachen. Und an alle Opfer da draußen: Happy Halloween! (Und don’t feed the Trolls!)