In den Semesterferien sind ja viele nicht so oft in Greifswald, und so sieht es auch bei mir aus. Daher gab es in letzter Zeit auch keine Berichte. Vielleicht mag ja der ein oder andere etwas über den Fußball in der Partnerstadt lesen. Na ja, eigentlich ist es eher Landeskunde.
Kasta Szczecin, ein befreundeter Klub meines aus Berlin, musste nach Kołbaskowo. Ich weiß nicht, wie oft ich schon durch Kołbaskowo gefahren bin. Vielleicht sind es schon 100 Male gewesen, ich denke sogar noch mehr – doch den Platz kannte ich bisher nur vom Sichten Spieltagsfotos. Verpassen würde man auch nichts, wenn man ihn nicht gesehen hätte. Die Reihe Sitzbänke und der Zaun davor machen ihn sogar noch etwas attraktiver als das Bild der vielen unausgebauten Kunstrasenrasenplätze der Hauptstadt. In der Landesliga (okręgówka) hatten wir teilweise noch richtige Gästeblöcke. In der A-klasa sieht es schon eher nach Kreisliga aus. Gestern noch nach Trzebiatów und Łobez – heute, nach dem Abstieg, teilweise bittere Kost in Grzędzice und Niedźwiedź. Heute und gestern. Dort, wo einst Tagesvisa ausgestellt wurden und so mancher Autoschieber stark schwitzte, werden die Baracken der polnischen Grenzwacht jetzt durch Polen bewohnt. Die kleine Tankstelle mit ihren Phantasie-Kursen, auf die wahrscheinlich sehr viele hereingefallen sind, zog jetzt auch nach und bietet diese französischen Hot-Dogs an, die in Polen Kultstatus besitzen. Zu den Kursen kann ich nichts sagen. Einmal 3,30 bei eigentlich 1:4 reicht… Man hat vorher zu tauschen. Dann kommt auch schon das Ortseingangsschild von Kołbaskowo. Den Polen-Markt gibt es immer noch. Wahnsinn, dass sich diese Buden mit Gartenfiguren halten. Wer kauft das? Alles scheint, wie immer zu sein. Doch was ist da los?! Anscheinend wurde der 24h-Alkohol&Zigaretten-Kiosk geschlossen. Wie oft musste ich auf Wunsch meiner Mitfahrer noch spät in der Nacht hier halten? Und nun? Einfach weg! Eine Tragödie! Süchtige hätte heute nicht einmal der Blick über das Odertal aufheitern können. Der Himmel war mit Wolken verhangen und ließ keinen einzigen Sonnenstrahl hindurch – den ganzen Tag nicht. Da wirkt auch die West-Oder ziemlich düster. Bei schönem Wetter kann man hier bestimmt einen ganzen Tag verbringen. Die Zeit drückt, denn wir haben ja heute noch einen Termin. Mit „wir“ meine ich die elf Herren und die eine Dame, die von ähnlichem Kaliber warwie die Schiedsrichterassistentin. Der leere Heimbereich wurde von unserem Gäste-Pöbel erst okkupiert und dann mit drei Fahnen beflaggt (2x Kasta, 1x Berlin). Der Schiedsrichter im Rentenalter führte die Akteure aufs Feld. Der Blick geht nach links, der Blick geht nach rechts. Neben uns hat sich nur ein Weiterer eingefunden, dessen Gesicht mir unbekannt war. Dann kam noch ein zweiter Einheimischer. Dieser grüßt uns, als ob wir dazugehören würden. Das ist so auf den Dörfern. Da wird lieber einmal mehr gegrüßt. Das kenne ich aus Deutschland auch. „Wir sind Kasta!“, sagt einer von uns. Kein Problem. Der Rest der ca. 15 Einheimischen verfolgt das Spiel aus den Autos heraus. Das ist wiederum typisch polnisch. In den unteren Ligen wird eigentlich nie Eintritt verlangt, weshalb Zäune fehlen. Da passen bei schlechtem Wetter dann problemlos Autos hin.
Das Spielniveau hat sich der Liga angepasst. Für Feinschmecker ist das absolut nichts mehr. Fehler und Zufallsprodukte sind hier üblich, aber stören mich absolut nicht. Das 0:2 ist z.B. solch ein Ding. Eine Flanke eines Stettiners wird vom Torwart zunächst gefangen, aber wieder fallen gelassen. Und wohin lässt er ihn fallen? Ins eigene Tor. Er rudert noch mit den Armen, aber da ist’s schon passiert. Das war aber schon in der zweiten Hälfte. Das Highlight der ersten Hälfte war der Wolkenbruch zur 40. Minute. Irgendwann standen dann auch unsere Autos neben dem Spielfeld. Ab ins Trockene! Es folgte ein 8-Augen-Gespräch über alles Mögliche – dabei wurden deutsche Vokabeln zusammenhanglos zum Besten gegeben und auch viel gelacht – und nach der Pause ließ der Regen auch irgendwann nach. In der zweiten Hälfte konnten wir uns dann wirklich noch dazu aufraffen, etwas ins weite Rund zu blöken! Schluss, aus, Ende – 0:3, Kasta Szczecin ist Tabellenführer! Vielleicht noch ein paar Worte zu Zryw Kołbaskowo: Die Ärmel der Spieler zierten die Anker-Symbole. „PW“ steht für kämpfendes Polen uns stammt noch vom Warschauer Aufstand. Zryw bedeutet auch „Auflehnen“.
Polnischer Fußball der unteren Ligen. Wenn der gemeine Greifswalder Student auf Erstliga-Fußball Lust haben sollte, es gibt in Stettin auch einen Profi-Verein. Der Kartenkauf bei Pogoń Szczecin ist etwas umständlich, aber die Frauen an den Ticket-Schaltern haben häufig mit Touristen zu tun.
Die Relevanz des Themas ist leider unterirdisch. Ähnlich sieht es mit der inhaltlichen Auseinandersetzung mit unserem Nachbarland Polen aus. Eine Beschränkung auf Klischees und „Polen-Märkte“ ist für eine studentische Zeitschrift sehr peinlich. Wünschenswert wären niveauvolle Reportagen und Reiseberichte. Was lohnt sich beispielsweise in Szczecin zu besichtigen? Welche Insider-Tipps gibt es? Bitte überdenkt eure Art der Berichterstattung bezüglich Polen, da es sich aufgrund von weit verbreiteten Vorurteilen und Unwahrheiten um ein sehr heikles Thema handelt.
Es sind Semesterferien und da gibt es ein Sommerloch. In der Vergangenheit gab es immer wieder Artikel, auch im Heft, die nicht direkt etwas mit der Stadt und der Universität zu tun hatten. So wie diese Clubs wohl zum studentischen Leben dazu gehören, so gehören auch die Studenten dazu, die mal oder gelegentlich bis regelmäßig schauen, was der Fußball in Polen zu bieten hat. Mich begleiteten auch schon Studenten, die teilweise rein gar nichts mit Fußball am Hut hatten, und fanden die Fahrten interessant (neben Szczecin auch Krakow, Poznan und Gdansk).
Und, wenn die Artikel nicht gefallen, dann verweise ich auf die Redaktionssitzungen. Jeder Student, jede Studentin kann gern mitmachen.
Von Klischees lese ich hier eigentlich nichts. Der Bericht gibt die Fahrt wahrheitsgemäß wieder. Und wenn ich da an der einen Stelle „typisch polnisch“ schreibe, dann ist das so. Ich habe ein wenig mehr als 450 Spiele in Polen gesehen und weiß, worüber ich schreibe – von Swinoujscie bis Przemysl, von Walbrzych bis Bialystok.
Rund um das Spiel wurde alles so geschildert, wie es wahr und sieht der A-klasa-Alltag auch aus.
Von mir aus können wir den Rest auch noch betrachten.
– Grenzbaracken durch Polen bewohnt -> korrekt; das ist ein soziales Projekt; in Polen kauft man Wohnungen, die aber teuer sind (in Szczecin sehr arg); die Dinger an der Grenze waren relativ günstig zu haben und waren ärmeren Leuten angeboten worden
– Abzocke an der Tanke -> erst tauschen, dann tanken sollte man schon machen, bzw. mit Karte zahlen, wenn man sich dort nicht auskennt
– Klischee Polenmärkte – Polenmärkte erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit, es gibt sogar einen Shuttle-Service vom Alex; dennoch habe ich noch nie einen gesehen, der eine riesige Gartenfigur gekauft hat; wenn irgendwo im Garten gesichtet, bitte Foto
– 24-Alkohol-Läden; wenn niemand dort was kaufen würde, dann gäbe es sie nicht; vor der Grenze ist es beliebt, noch einmal Zigaretten und Alkohol zu kaufen, da es in Polen günstiger ist
Odertal bei schlechtem Wetter uncool -> korrekt, bitte selbst mal ausprobieren
– Hinweis auf Pogon Szczecin gab es auch; die haben häufig Touristen an den Ticketschaltern und müssen diesen erklären, dass es eine Fan-card gibt, die Regelungen sind von Verein zu Verein unterschiedlich
Mehr sehe ich da nicht. Dass man auf den 4,5 km vom Grenzübergang bis zum Ortsausgangsschild nicht das komplette Land gesehen hat, weiß auch ein Mensch, der nicht studiert hat.
Ansonsten macht bei uns mit, macht es besser, schreibt uns Ideen.