Am gestrigen Sonntag waren die Wähler in Mecklenburg-Vorpommern aufgerufen ein neues Parlament zu wählen. Nach 18 Uhr stand fest, dass der Landtag für die kommenden fünf Jahre kräftig durchgerührt wird. 

Die Fakten voran:

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Die NPD und Bündnis 90/ die Grünen sind es mit 3,0 bzw. 4,8 Prozent an der 5 % Hürde gescheitert und haben es nicht mehr in den Landtag geschafft.

Durch das Wahlergebnis ergibt sich folgende Sitzverteilung der insgesamt 71 Plätze im Landtag für die kommenden fünf Jahre.

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Dadurch ergeben sich Regierungskoalitionen aus SPD und CDU oder SPD und der Linken. Erwin Sellering, der als Ministerpräsident im Amt bestätigt wurde, erklärte bereits kurz nach der Wahl, dass seine Partei das Gespräch mit allen möglichen Regierungspartnern suchen werde und keine Koalition ausschließen wolle. Gerade in der jungen Bevölkerungsschicht gibt es einen deutlichen Trend, der eine Rot-Rote Koalition aus SPD und Linken befürwortet.

In Greifswald konnte Christian Pegel (SPD) mit 28,3 Prozent das Direktmandat erreichen. Er setzte sich deutlich gegen seine Kontrahenten Egbert Liskow (CDU, 20,6 %) und Nikolaus Kramer (AfD, 19,9 %) durchsetzen, die auf den Plätzen 2 und 3 landeten.

AfD mit viel Rückenwind in Vorpommern

Mit einem Gesamtblick auf die einzelnen Wahlkreise zeigt sich, dass die AfD besonders in den Kreisen in Vorpommern viel Rückenwind durch die Bevölkerung erfahren hat. In den Wahlkreisen Vorpommern-Greifswald II, III und V konnte sie sogar die Direktmandate für sich gewinnen. Darunter auch Prof. Dr. Ralph Weber, welcher an der Universität Greifswald doziert. Er setze sich in seinem Wahlkreis, Vorpommern-Greifswald III mit 35,3 Prozent durch.

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Gewonnene Wahlkreise nach Zweitstimme, rot-SPD, schwarz-CDU, blau-AfD

Laut Umfragen der ARD bezieht die AfD in Mecklenburg-Vorpommern ihr Wählerpotenzial immer noch zu 60% aus Protestwählern. Dieser Verdacht erhärtet sich, blickt man auf die Google Trends. Nach 18 Uhr stieg der Suchbegriff „afd“ stark an. Ebenso beliebt waren die Suchergebnisse „ziele adf“ und „liste afd„. Nun ist die Frage, ob die Wähler den gleichen Fehler gemacht haben wie die Briten beim Brexit und eigentlich nicht wussten, wen und was sie gerade als zweitstärkste Kraft in den Landtag gewählt hatten.

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Quelle: google trends

Presseschau

Nicht nur in den Medien vor Ort, sondern deutschlandweit wurde das Wahlergebnis ausgewertet. Im Folgenden eine kurze Presseschau:

Beifall von Rechtsaußen aus EuropaNach ihrem starken Abschneiden erhält die Rechtsaußen-Partei AfD Beifall von anderen Rechtsparteien aus Europa. Die Vorsitzende der französischen rechtsradikalen Front .National, Marine Le Pen, schrieb auf Twitter: »Was gestern noch unmöglich war, ist möglich geworden: Die Patrioten der AfD fegen die Partei von Frau Merkel hinfort. Herzlichen Glückwunsch!«

Neues Deutschland

Die Wähler in MV nutzten die Wahl vor allem als Abrechnung. Alle bisher im Landtag und im Bundestag vertretenen Parteien mussten Verluste einstecken. Richtig ausgelassen feierte gestern Abend in Schwerin die AfD, die als politischer Newcomer die CDU überholte und zweitstärkste politische Kraft im Land wurde. Vor allem in Vorpommern war die Partei stark, wo sie drei Direktmandate eroberte.

Ostsee-Zeitung

Es ist eine kleine, eher unwichtige Wahl, aber sie kommt ein Jahr vor der großen, superwichtigen Wahl. Für die Sozialdemokraten hat sich ihr geschmacksarmer Wahlkampf gelohnt. Der zweite große Sieger heißt AfD – mit einem Spitzenkandidaten, der so sympathisch aussieht wie Schlagersänger in der Bonner Republik. Längst reicht der Alternative ein ziemlich durchschnittlicher Wahlkampf zu wirklich außerordentlich beeindruckenden Ergebnissen.

die Welt

Die Partei (AfD, Anm. d. Red.) hat 2015 geschickt umgeschwenkt. Der Euro ist kein Thema mehr, heute mobilisiert sie ihre Wähler einzig und allein mit der Angst vor Fremden. Ihre Lösung: Abschottung. Wer heute AfD wählt, wählt keine real existierende Partei. Er wählt Protest und eine Stimmung. Keine etablierte Partei, keine anständige Partei macht den Menschen vor, sie könne ihnen die Unwägbarkeiten des Lebens abnehmen. Die AfD tut genau das.

Berliner Zeitung

Die Anhänger der AfD haben Angst vor Flüchtlingen. Das geben 86 Prozent von ihnen in den Nachwahlbefragungen an. Im Vergleich: Bei allen Wählern ist es nicht mal jeder zweite, der eine solche Angst äußert. 83 Prozent der AfD-Anhänger sind außerdem davon überzeugt, dass für Flüchtlinge mehr getan werde als für Einheimische.

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Zwischen Schwerin und Swinemünde leben gerade mal so viele Menschen wie in München. Wer nun aber die Ergebnisse der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern mit dem Hinweis auf die geringe Einwohnerzahl kleinzureden versucht, verkennt gleich zwei Dinge: Zum einen hat ein Trend einen enormen Schub erfahren, der seit Längerem zu beobachten ist. Und zum anderen hat sich ein geradezu unerhörter Verdacht zur Gewissheit verdichtet.  Der Trend heißt: Die AfD verändert das Land. Und der zur Gewissheit verdichtete Verdacht: Angela Merkel ist nicht mehr die Sonnenkönigin der deutschen Politik. Vier Erkenntnisse lassen sich aus dem Schweriner Ergebnis für die Bundespolitik ableiten.

Zeit online