Wer die Greifswalder Hochschulpolitik aufgrund geographischer, arbeitszeittechnischer Begebenheiten oder eines sowieso schon zu hohen Blutdrucks nicht mehr vor Ort verfolgt und sich nicht nur auf Hörensagen der wenigen Anwesenden verlässt, hat verschiedene Möglichkeiten.
Bei SchülerVZ Jodel kommen die Fakten naturgemäß zeitnah, ungeschönt und objektiv daher, bei anderen Medien muss man oft zwischen den Zeilen lesen. Das ist natürlich nicht jedermanns Sache. Muss es ja auch gar nicht, Protokolle haben auch ihren Charme. Ist für die meisten aber nicht so spannend. Spannend ist meistens auch nicht die Arbeit von Bewerbern. Konnte man am Mittwoch wieder gut sehen. Da gab es nämlich einen Kandidaten für den AStA-Vorsitz, dessen Kandidatur und Wahl man auch als Außenstehender gut hätte einschätzen können. Nicht, weil er bereits in der Hopo aktiv ist und im Stupa sitzt. Der Kandidat war in der Vergangenheit bereits Vorsitzender des Ausschusses. Es wäre also ein Leichtes gewesen, sich über seine damalige Arbeit im Ausschuss zu informieren. Für die Kommentatoren war hingegen nur eine Sache von Bedeutung: Das Alter bzw das Hochschulsemester des Kandidaten. Weil wir ja alle wissen, dass es im Endeffekt genau darauf ankommt. Wen interessiert schon die tatsächliche Arbeit, wenn man sich genausogut auch über “Scheinstudenten” aufregen kann? Da wünscht man sich ja fast, nicht im studentischen Journalismus tätig zu sein. Unterdessen, beim professionellen Journalismus in einem Paralleluniversum: Der Chefredakteur einer regionalen Tageszeitung fragt bei einem Interview mit einem AfD-Kandidaten kritisch nach, was dieser mit dem “Bevölkerungsaustausch” meint, nachdem er zuvor bereits von Überfremdung gesprochen hat. Vermutlich hat sich der hiesige Chefredakteur des schlechten Journalismus’ davon beruhigen lassen, dass der Kandidat bereits zu Anfang klargestellt hat, dass die AfD nicht fremdenfeindlich und rasisstisch sei. So läuft das wohl hier in diesem Universum. Es käme sicher auch niemand auf die Idee, zu sagen, dass er kein Nazi sei, nur um dann mit Inbrunst die Ideologie der Nazis zu propagieren. Da wünscht man sich doch glatt, dass es nie wieder Montag wird. Da erscheint dann nämlich wieder die nächste Ausgabe.