Eigentlich nichts Neues, das Studierendenparlament hat – mal wieder – sein hochschulpolitisches Mandat überschritten. Die Vorgeschichte stellt sich jedoch anders dar.
Der Antrag, um den es dieses Mal geht, hat, wie so oft, antifaschistische Hintergründe. Das Studierendenparlament beauftragte auf seiner Sitzung den AStA, eine Exkursion nach Demmin am 8. Mai zu veranstalten. Neben der Planung sollte auch ein Bus für bis zu 800 Euro bereitgestellt werden. Ziel der Reise: Ein „Historischer Spaziergang durch Demmin“ Dass dieser mit dem geschichtsrevisionistischen Spaziergang der NPD zusammenfällt, der jedes Jahr veranstaltet wird, ist kein Zufall. In der Begründung der Antragsteller heißt es wie folgt:
„Demmin ist eines der schlimmsten Beispiele für Fanatismus und die Auswirkungen derNazipropaganda. Zwischen dem 30.4. und dem 4.5.1945 begingen mehrere Hundert Bürger*innen Demmins Suizid, aus Fanatismus und Furcht vor der näherrückenden Roten Armee. Im starken Kontrast dazu steht die fast zeitgleiche kampflose Übergabe Greifswalds am 30.4.1945. Der 8.5. bietet sich als Tag der Befreiung vom Deutschen Faschismus für die Exkursion an.“
Auszug: „Täterspurenrundgang am 8.Mai 2016 in Demmin“, Drs-Paket vom 19. April
Im Laufe des heutigen Tages wurden die Mitglieder des Studierendenparlamentes darüber informiert, dass der Beschluss von dem Justiziariat nicht genehmigt werde. In dieser Begründung heißt es, dass weder der Ort noch die Thematik einen spezifischen Hochschulbezug nach § 24 Abs. 2 (Nr. 6) des Landeshochschulgesetzes aufweisen.
Weiter lässt sich in der Begründung lesen:
„Der erforderliche konkrete Bezug zu spezifisch studentischen Gruppenbelangen (…) dürfte für die fragliche Exkursion auch nicht herstellbar sein, da das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und die Begehung des Tages der Befreiung vom Faschismus offenkundig ein übergeordnetes, gesamtgesellschaftliches Anliegen darstellt.“
Auszug: Stellungnahme des Justiziariat zum Beschluss Nr. 2016-04-19 / 39
Das Pikante an dem Antrag: In der vergangenen Legislatur war der Streit mit dem Justiziariat immer wieder Thema im Parlament, der Streit wäre fast in einem Rechtsstreit eskaliert. Während einer Sitzung wurden die Stupisten von Prorektor und Juraprofessor Wolfgang Joecks sowie dem zuständigen Justiziar Stefan Wehlte besucht – es sollte zu einer Aussprache kommen. Am Ende von dieser stand einstimmig eine Idee: Versucht doch einen Hochschulbezug herzustellen, indem ihr ein wenig umformuliert – zum Beispiel mit Exkursionen. Das diesjährige Parlament hat aus den Absprachen lernen wollen und genau das getan. Es wurde eine Exkursion nach Demmin gefordert, um die Studierenden der Universität in ihrer politischen Bildung weiter zu bringen. Das Verbot vom Justiziariat kam trotzdem. Der Tagesordnungspunkt wird auf der morgigen Sitzung des Parlamentes neu verhandelt; Herr Wehlte lässt die frischen Stupisten jedoch nicht ohne einen Tipp zurück. Laut ihm könnte der Antrag Bestand haben, wenn es nur um eine Veranstaltung innerhalb Greifswalds ging, welche zusätzlich die Frage aufwirft, „inwieweit die Befreiung vom Nationalsozialismus auch für die Universität (als Einrichtung der Lehre) und ihre Studierenden (als Lernende) eine des fortwährenden Gedenkens würdige Befreiung darstellt.“ Antworten darauf wird es wohl morgen geben.
Foto: Archiv
EDIT: Änderung des Titels erfolgte auf Grund eines formalen Fehlers. Der Beschluss wurde nicht einkassiert sondern lediglich beanstandet. Es liegt kein Bescheid des Rektorates vor.
Edit (15:00): Auf Nachfrage handelt es sich bei der Mail lediglich um eine formlose Information des Justiziariats.
Die Begründung der Rechtsabteilung ist ja wohl der totale Quatsch. Das StuPa hat bereits in der Vergangenheit Exkursionen zu Orten außerhalb Greifswalds gefördert. Zum Beispiel nach Brüssel. Oder war diese Förderung auch rechtswidrig?
Ich weiß nicht ob du dich darauf beziehst, aber die FSR-Jura-Fahrt hat u.a. den EuGH in Luxemburg und das Europäische Parlament und die Kommission in Brüssel besucht, also beides mit ziemlich eindeutigem Bezug für Jura-Studierende.
Genau das meinte ich. Demmin und seine Geschichte(Massenselbstmord, aktuelle „Gedenkkultur“) scheinen mir ein eindeutiger Bezug für Geschichtsstudierende zu sein oder?
Nur dass in Demmin im Gegensatz zu Brüssel und Luxemburg nicht zeitgleich zur „Exkursion“ eine NPD-Demo stattfindet. Hört doch bitte auch euch mit dem Bezug lächerlich zu machen. Als ob das eine Exkursion für Geschichtsstudenten wird. Der FSR Geschichte weiß vermutlich nicht mal was davon.
Statt kostenlos die Antifa nach Demmin zu kutschieren, hätte man auch auf eine Erhöhung der Semesterbeiträge verzichten können. Als Studentin und Mitglied dieser Studierendenschaft kann ich nur mit dem Kopf schütteln. Das sind Finanzen, die euch treuhänderisch anvertraut wurden und nicht euer persönliches Spielgeld. Also behandelt es auch so und gebt es zum Wohl aller Studierenden aus.
Und dieses scheinheilige Getue, es handle sich um eine Exkursion, die allen offen steht, ist der größte Witz der noch jungen Legislatur. Für 800 Piepen bekommt ihr vielleicht 100 Studierende nach Demmin. Wo bleiben die übrigen 10.900 Kommilitonen?
Was hat dieser Antrag des StuPa mit der Erhöhung des Semesterbeitrages zu tun? Die Erhöhung wurde doch basisdemokratisch bei der Vollversammlung der Studierendenschaft beschlossen. Ich habe im Übrigen kein Problem damit, wenn der StuPa meinen Anteil des Semesterbeitrages für solche Themen verwendet.
Basisdemokratisch? Wenn 600 von 11.000 an enier Vollversammlung teilnehmen, mag es vielleicht einen demokratischen Beschluss geben. Was meinst du, wie die übrigen 10.000 zu diesem Gehabe stehen?
Wenn 10.400 Studierende meinen, sich nicht für zentrale hochschulpolitische Themen, die sie selber betrifft, zu interessieren, ist das ein Armutszeugnis für die Studierendenschaft im Allgemeinen. Zumal jede Lehrveranstaltung an diesem Tag entfällt, damit auch jeder Studierende die Möglichkeit hat, sich für seine Belange an der Uni einzubringen. Wer da nicht hingeht, akzeptiert damit auch jeden Beschluss, der dort gefasst wird.
Wie andere Studierende zu dem Antrag des StuPa stehen, kann dir wohl keiner sagen, es sei denn, man führt eine Umfrage durch. Vielleicht hast du ja Lust dazu. 😉 Zumal gibt es auf jeder StuPa-Sitzung auch einen Tagungspunkt „Fragen und Anregungen aus der Studierendenschaft“. Würden die übrigen 10.000 nicht mit der Arbeit des StuPa einverstanden sein, würden sich wohl auch viel mehr bei diesem Punkt einbringen.
Und mit dieser Einstellung sorgst du dafür, dass mehr Studierende wählen gehen? Vielleicht solltest du deine Position mal reflektieren. Euch nimmt außer den (wohlwollend geschätzten) 600 Nasen doch keiner ernst.
Ich habe lediglich meine Meinung zu deinem Einwurf mit der Vollversammlung dargestellt. Wen du hier im übrigen mit „Euch“ meinst, ist mir schleierhaft, da ich weder dem StuPa, noch dem AStA angehöre. Im Übrigen lässt deine abschätzende Bezeichnung der teilnehmenden Studierenden an der Vollversammlung schon tief blicken (wobei du in einen anderen Kommentar doch meintest, selbst bei der VV dabei gewesen zu sein. Würdest du dich also auch selbst so bezeichnen?). Mir scheint es eher so, dass du im allgemeinen Differenzen zu den studentischen Gremien hast. Es hält dich keiner davon ab, dich konstruktiv einzubringen. Bis dahin verschone aber bitte diejenigen, die es tun, mit solchen stumpfen Phrasen.
Die fahren mit dem Zug.
ah ja. Na wollen wir mal hoffen, dass nicht das gegnerische Team am Ende mit den Bussen nach Demmin fährt. Soll ja allen offenstehen…
Zuerst dachte ich noch du wärest wirklich eine normale Studentin. Aber wenn ich lese wie du Neonazis als „gegnerisches Team“ mit Kommilitonen vergleichst die sich für Weltoffenheit einsetzen, dann fehlt mir jedes Verständnis. Bin mir auch ziemlich sicher das du mit dieser Einstellung garantiert NICHT stellvertretend für die restlichen 10000 Studierenden stehst.
Schönes Ding vom Justiziariat. Alle Sachen, die sehr hart nach Veruntreuung riechen stoppen. So muss das. Gotta <3 Rechtsstaat
Freue mich auf den Ersten, der Anzeige erstattet. Jedes Jahr auf’s neue unterhaltsam ^^
Sarah, das ist wie im Bundestag, wenn Viele von Wenigen vertreten werden. Nennt sich Demokratie. Vielleicht kümmerst du dich auch darum, dass die übrigen 10400 bei der nächsten VV dabei sind. Alles ander sind leider nur stumpfe Phrasen von dir. Grüße aus dem StuPa!
Paul, es ist mir neu, dass der Bundestag als Vollversammlungsgremium aller 80 Mio. Deutschen dient. Da habe ich wohl im Geschichts- und Politikstudium nicht aufgepasst. Grüße aus der Bibliothek.
PS: Ich war auf den letzten beiden Vollversammlungen. Die waren in großen Zügen so richtig peinlich: Die Redner waren entweder selbstdarstellerisch oder pseudosatirisch unterwegs. Beides keine gute Grundlage für Diskussion und Meinungsbildung der beteiligten.
Na Bravo, Herr Wehlte! Jetzt stellt das Justiziariat also noch in Frage, ob der Tag der Befreiung vom Nationalsozialismus gedenkenswürdig sei! Ich frage mich, warum die Rechtsabteilung der Universität Greifswald so redlich bemüht ist, jede Form der Auseinandersetzung mit Neofaschismus und Nationalsozialismus zu unterbinden versucht.
Naja, hauptsache man lässt Herrn R. Weber in Amt und Würden, der fleißig Neonazis promovieren lässt.
Tat er wahrscheinlich, weil im Gegensatz zu dem, was ein Herr R. Weber tut, Veruntreuung zweifelsfrei strafbar ist und die Alimentierung von (Gegen-)Demo-Tourismus nicht zu den Aufgaben einer Studierendenschaft gehört.
Im Rahmen der Aufgabe, politische Bildung zu betreiben, darf der AStA-Referent für politische Bildung durchaus auch Exkursionen zu bestimmten, der politischen Bildung dienenden Themen, organisieren. So hatte es jedenfalls Herr Joecks im Studierendenparlament erzählt.
Antrags- und Beschlusstext sagen nichts Anderes: Es wird eine Exkursion zu einem der politischen Bildung dienenden Thema geben. Was vielleicht zwischen den Zeilen stehen mag, oder steht, ist da zweitrangig. Meines Wissens nach zählt auch vor Gericht das, was im Text schwarz auf weiß steht, nicht das, was zwischen den Zeilen zu lesen ist. 😉
Nach § 263 StGB macht sich strafbar: „Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält.“
Fakt ist, dass es nicht um eine Exkursion im Sinne einer Weiterbildung/Fortbildung geht, sondern um eine Demo. Die Exkursion wird nur vorgespielt, damit der Demotourismus stattfinden kann. Sollten dann noch Nichtmitglieder der Studierendenschaft mitgenommen werden und dafür Studierendenschaftsmittel verwendet werden sind wir zudem bei Veruntreuung.
Kleines Beispiel für den Einsatz der Staatsanwaltschaft im AStA: http://www.welt.de/politik/deutschland/article13904712/Studentenvertreter-verprassen-Geld-der-Kommilitonen.html
Es wurde eine Exkursion beschlossen. Von einer Demo ist da nichts zu lesen. 😉
Sarah, ich verweise mal auf das Landeshochschulgesetz M-V. Unter „§ 25 Organe der Studierendenschaft“ kannst du dich dann mal belesen. Dein Vergleich driftet leider ab: es gibt ein demokratisches Grundverständnis, denn aus allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl werden VertreterInnen für das StudierendenPARLAMENT gewählt, welche dann dementsprechend arbeiten dürfen.
P.S. Schön, dass du auf den letzten beiden VVs warst. Sofern du keinen eigenen Antrag oder Redebeitrag eingebracht hast, würde ich dir vorschlagen, dass du dich selbst aktiv bei der nächsten VV (voraussichtlich am 28. Juni) einbringst.
Meckern kann jeder!