Anfang des Jahres wurde klar, dass Professor Donges, Lehrstuhlinhaber der Kommunikationswissenschaft, Greifswald verlässt. Er bekam einen Ruf nach Leipzig und wird diesem folgen. Im Interview erzählt Professor Donges von seiner Entscheidung zu gehen, von seiner Anfangszeit in Greifswald und über seine Errungenschaften für die Universität und die Studierendenschaft.
Webmoritz: Professor Donges, letzten Donnerstag fand Ihnen zu Ehren eine Verabschiedung durch den Alumni-Verein statt, wie war das für Sie?
Prof. Donges: Ich habe mich sehr darüber gefreut. Ich war überrascht, dass so viele Alumni von weither gekommen sind. Ich wollte mich mit meinem wissenschaftlichen Mitarbeiter Jakob Jünger treffen und wurde dann überrascht.
Sie waren einer der Gründer des Alumni-Vereins. Warum erschien es Ihnen damals notwendig oder auch sinnvoll, den Verein zu gründen?
Das Interessante ist, dass die Initiative eigentlich immer von den Alumni ausging. Ich fand die Idee immer klasse und wollte sie unterstützen. Ich habe mich aber immer eher im Hintergrund gesehen, als jemanden, der unterstützt. Wir waren aber insgesamt sieben Personen und ohne die anderen sechs würde der heutige Alumni-Verein heute eben auch nicht existieren.
Was ist die wichtigste Aufgabe des Alumni-Vereins?
Ich glaube, Studierende sind heute sehr unsicher, was aus ihnen werden soll, ob mal etwas aus ihnen wird. Woran ich meist keinen Zweifel habe. Beim Alumni-Verein ist es eben schön zu sehen, dass aus Leuten mit dem gleichen Abschluss etwas geworden ist. Das ist für viele Studierende beruhigend. Zudem kann hier eine Vernetzung der Studierenden oder Absolventen untereinander stattfinden.
Wie schwer fiel es Ihnen die Entscheidung zu treffen, nach Leipzig zu gehen?
Sehr schwer. Ich lasse in Greifswald meine Kollegen zurück, mit denen ich jahrelang zusammengearbeitet und auch viele Studierende und Alumni, die ich kennengelernt habe. Ich habe mich in Greifswald immer sehr wohl gefühlt und gerne doziert. Als ich von Leipzig den Ruf bekommen habe, musste ich wirklich lange darüber nachdenken. Ich wollte meine Entscheidung in fünf Jahren nicht bereuen. Deshalb habe ich mich letztendlich dafür entschieden.
Welchen Lehrstuhl sollen Sie in Leipzig übernehmen?
Früher hieß der Lehrstuhl „Historische und Systematische Kommunikationswissenschaft“, was mir persönlich besser gefallen hätte, denn „systematisch“ ist immer gut. Aber ich glaube, heute heißt er einfach „Kommunikationswissenschaft“.
Webmoritz: Worauf freuen Sie sich in Leipzig?
Auf das Dozieren, auf die Studierenden, auf die neuen Kollegen, spannende Projekte und auch auf Leipzig.
Haben Sie schon bestimmte (Forschungs-)Projekte in Leipzig geplant?
Erst einmal steht ja eine große Veranstaltung bevor: „100 Jahre Kommunikationswissenschaft in Deutschland“, die Jahrestagung der DGPuK*. Praktischerweise auch in Leipzig. Naja, dann habe ich ja noch zwei DFG** Projekte, die ich mitnehme. Ansonsten lasse ich es erst einmal ruhig angehen und schaue, wie sich das entwickelt.
Gibt es bestimmte Kollegen, mit denen Sie sich eine Kooperation wünschen würden? Zum Beispiel mit Herrn Zerfaß oder Herrn Bentele?
Es wäre gelogen zu sagen, ich hätte nicht darüber nachgedacht. Ich hoffe an der Universität mit vielen Kollegen zusammenarbeiten zu können und freue mich auf zukünftige Projekte.
Welche Vorteile bietet Ihnen die Universität Leipzig im Gegensatz zu Greifswald?
Ich denke, die Größe des Instituts spielt eine große Rolle. Es gibt verschiedene Fachbereiche und daher auch eine größere Vielfalt. Das gefällt mir sehr gut. Außerdem gilt Leipzig als Geburtsstätte der Kommunikationswissenschaft.
Welche Schwierigkeiten haben Sie in Greifswald an der Universität wahrgenommen?
Eigentlich keine. Wir gehen im Guten auseinander.
Hatten Sie je das Gefühl, die Universität Greifswald, verlange zu viel von Ihnen ab?
Nein, eigentlich nicht. Aber ich erinnere mich, wie ich damals einige Monate nach meinem Antritt als Lehrstuhlinhaber in Greifswald als Studiendekan gewählt wurde. Ich war sehr unsicher, was von mir erwartet wird und ich musste mich in viele Dinge einlesen und mich zurechtfinden. Aber irgendwie war diese Zeit auch sehr lehrreich für mich. Ich habe vieles über die Organisation Universität gelernt.
Was werden sie an Greifswald vermissen?
Vieles… Meine Kollegen, Studierende… wirklich vieles. Ich bin auch etwas wehmütig, muss ich sagen. Das war wirklich keine leichte Entscheidung für mich.
Was sind Ihrer Meinung nach Ihre größten Errungenschaften in Greifswald?
Ich denke, das Institut für Kommunikationswissenschaft ist mittlerweile sehr gut aufgestellt und wir haben einen Qualitätsstandard in der Lehre etablieren können. Wir haben zwei DFG Projekte nach Greifswald geholt und damit den Anstoß auch zu einer zukünftigen Forschung gegeben. Der Bachelor läuft sehr gut, die Studierendenzahlen haben sich verdoppelt. Bei dem Master „Sprache und Kommunikation“ besteht eine stabile Kooperation mit den Philologien und auch der Master „Organisationskommunikation“ ist nach seiner Gründung sehr stark nachgefragt.
Vielen Dank für Ihre Zeit.
Kein Problem.
*DGPuK Deutsche Gesellschaft für Publizistik und Kommunikationswissenschaft
**DFG bezeichnet die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Sie fördert (und finanziert) wissenschaftliche Forschungsprojekte jeder wissenschaftlichen Fachrichtung in ganz Deutschland. Eine finanzielle Förderung muss beantragt werden und durchläuft meist viele Überprüfungen. Nicht jeder Forschungsantrag wird bewilligt. Professor Donges und sein Team konnten die DFG zur Förderung von zwei Projekten überzeugen.
Was Professor Donges nicht im Interview aufgezählt hat, aber in der Studierendenschaft bekannt ist:
Professor Donges setzte sich stets für seine Mitarbeiter und Kollegen ein. Zum Beispiel als Personalkürzungen bevorstanden und jemand aus dem Kollegium drohte, entlassen zu werden. Diese Situation kam nicht nur einmal vor. Wir als Außenstehende wissen nicht, wie viel Professor Donges zur Erhaltung seines Teams beigetragen hat. Fakt ist jedoch: Aus seinem Kollegium musste bisher niemand gehen. Seit Jahren nicht.
Professor Donges hatte Humor. Er schnitt zum Beispiel nach einer Lehrveranstaltungsevaluation ein Kommentarkästchen eines Studierenden aus, in dem stand: „Ich mag Professor Donges‘ Hut“.
Er schien außerdem immer über seine Studierenden Bescheid zu wissen. Ob Hochschulpolitik, ehrenamtliches Engagement oder studentische Medien, wenn sich jemand engagierte, wusste er das. Er zögerte auch nicht, sein Wissen in einem unverbindlichen Gespräch anzubringen und Studierende damit zu überraschen.
Er nahm gerne an Veranstaltungen des Fachschaftsrates teil. Auf einer IPK-Party war auch er meist anzutreffen. Er versteigerte sich oder legte in der Mensa Musik für den guten Zweck auf. Als Dozent auch auf sozialen Veranstaltungen anwesend und nah an der Studierendenschaft zu sein, empfand er stets als wichtig.
Er führte seine Veranstaltungen immer mit der Intention, den Studierenden zu lehren, sie sollen kritisch sein, Dinge zu hinterfragen und zu diskutieren. Er stand dabei ungern selbst im Mittelpunkt, es sei denn, er konnte einen ironischen Kommentar beisteuern.
Foto: Sandra Fikus