Am vergangenen Dienstag, den 24. November 2015, war Sebastian Fitzek zu Gast in Stralsund, um aus seinem neusten Thriller „Das Joshua Profil“ zu lesen. webmoritz. hat Sebastian Fitzek interviewt, seiner Lesung gelauscht und sowohl in „Das Joshua Profil“, als auch „Die Blutschule“ reingelesen. Herzliche Einladung zur webmoritz.-Crime-Time!

Als wir ankamen war es noch hell, als wir vier Stunden später wieder gehen, ist es dunkel.

Das Interview

Was in der Zwischenzeit passiert ist, lest ihr jetzt. Vor seiner Lesung hat sich Sebastian Fitzek genug Zeit genommen, um all unsere Fragen zu beantworten, doch für alle, die Ihn noch nicht kennen, stellt er sich einmal ganz kurz vor:

https://youtu.be/UmeQ1WsO7WM

Herr Fitzek, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen, das freut uns sehr. Wo sind Sie heute Morgen aufgewacht?
Ich bin heute Morgen in Rostock aufgewacht, in einem Hotel.

Ich nehme an Sie hatten dort auch eine Lesung?
Ja genau. Und heute bin ich hier in Stralsund. – lacht

Was war Ihr erster Gedanke, an den Sie sich erinnern können?
Mein erster Gedanke war, dass die doch relativ früh anfangen den Weihnachtsmarkt zu säubern, der direkt vor dem Hotelzimmer in der Altstadt war. Sehr schön übrigens.

Wir machen eine kleine Zeitreise zurück in Ihre Vergangenheit, in Ihre Studententage. Sie haben drei Monate Tiermedizin und ein Jurastudium absolviert, an was aus Ihrem Studium erinnern Sie sich, was war damals typisch Studentenalltag?
Obwohl ich nur drei Monate Tiermedizin studiert habe, habe ich gemerkt, dass man in dem Tiermedizin-Studium sehr schnell viel mehr Leute kennen gelernt hat. Ich glaube, ich habe in diesen drei Monaten mehr Menschen dort kennen gelernt, vor allem andere Kommilitonen, als in einem Jahr Jura-Studium. Was auch daran liegt, dass man gemeinsam an einem Seziertisch steht, dabei habe ich auch gemerkt, dass Medizin – oder in diesem Fall Tiermedizin – nichts für mich ist. Und zu Jura ganz spontan, die erste Assoziation, wunderbare Mettbrötchen in der Mensa, toller Kaffee und stundenlanges Lernen in der Bibliothek.

Würden Sie sagen, die Juristen sind ein anderer Schlag Mensch als die Tiermediziner?
Ich glaube auf jeden Fall, ja. Juristen sind vor allen Dingen in der Überzahl, das ist ja auch schon damals ein Studium gewesen, das jeder gemacht hat, der nicht wusste, was er machen soll. Entweder Jura oder BWL. Bei mir war‘s ehrlich gesagt genauso, aber trotzdem gibt’s unter diesen vielen Leuten auch sehr, sehr viele nette.

Gab es an Ihrer Uni auch studentische Medien beziehungsweise eine Unizeitschrift?
Ja – Unicum, die gibt’s bestimmt heute noch. Und bestimmt gab es da auch noch andere, denen ich jetzt Unrecht tue, weil ich sie vergesse.

Und sie selbst haben da nie mitgemacht? Beziehungsweise hatten kein Interesse daran?
Nein – also selbst mitgemacht nicht. Ich wurde nie gefragt. Das lag vielleicht aber auch daran, dass ich parallel ein Volontariat beim Radio gemacht habe. Da wäre auch gar keine Zeit mehr gewesen, etwas für eine studentische Zeitschrift zu machen.

Wie kamen sie denn zum Radio?
Eigentlich wollte ich gar nicht zum Radio, sondern in eine Plattenfirma. Es war mein großer Wunsch, im Management einer Plattenfirma mit Bands zu tun zu haben. Doch ich hatte keinerlei Kontakte – Lehrerkind (lacht) – und hab mich überall beworben, auch beim Radio, dort hat man mir eine Chance gegeben, das war irgendwie toll! – Dort habe ich dann gemerkt: Das interessiert mich, da will ich bleiben. Ich hab um ein Volontariat gebettelt, das hat man mir schließlich gegeben, und so bin ich da hängen geblieben.

Sie haben ja später beim Rundfunk auch die Rolle des Chefredakteurs innegehabt. Was für eine Art der redaktionellen Arbeit haben Sie dort kennen gelernt?
Natürlich habe ich die klassischen Arbeiten machen müssen. Von Umfragen, Nachrichten schreiben, Bänder schneiden – damals noch – das war ganz toll. Es war ja noch nichts digitalisiert. Ich kann mich noch erinnern, als ich 1993 angefangen habe, da war Internet noch kein großer Begriff – ich weiß noch, wie wir damals überlegt haben, was denn das @-Zeichen ist, und ob das jetzt in eine Mail- oder in eine Internetadresse gehört? Ja, das war alles immer ganz kompliziert. Heute kann ich mir gar nicht mehr vorstellen, wie der Redaktionsalltag ohne Internet wäre. Aber, um auf die Frage zurück zu kommen, alle klassischen Stationen habe ich da durchlaufen.

Sie werden lachen, bis vor kurzem hat unsere TV Redaktion auch noch mit Bändern und Schnittgeräten gearbeitet, die digitalen Kameras haben erst vor kurzem Einzug bei uns gehalten.
Ich fand das damals ganz gut, wir hatten so eine Kiste, da waren die ganzen Bänder, die ganzen Beiträge, die man für die Sendung gemacht hat, drin. Man hatte das Gefühl, man hat etwas produziert. Heute ist das halt alles im Computer, man hat gar nicht mehr das Gefühl für die gesamte Sendung. Aber jetzt höre ich mich schon wie einer an, der sagt, früher war alles besser. – lacht – War nicht alles besser, war eben nur anders.

Das Interesse fürs Schreiben kam also erst mit dem Vorhaben beziehungsweise der Idee, dass sie ein Buch schreiben wollen?

https://youtu.be/UmeQ1WsO7WM?t=18s

Zu den Anfängen Ihres Schreibens. Sie haben 2000 die erste Idee gehabt, für Ihren ersten Roman. Wann war denn wirklich der Zeitpunkt , an dem Sie bewusst gewusst haben, jetzt fange ich an zu schreiben, das ist das erste Wort für mein Buch.

https://youtu.be/UmeQ1WsO7WM?t=1m1s

Sie haben jetzt gerade erwähnt, dass man als Jurist auch viel schreiben muss. Haben sie die Fälle und Fallbeschreibungen dahingehend inspiriert, dass es das Genre, das sie nun immer schreiben, beeinflusst hat?
Strafrecht hat mich auf jeden Fall interessiert. Ich hätte mir auch vorstellen könne, Strafverteidiger zu werden. Allerdings habe ich mehr gelernt zu recherchieren und zu gucken, wo finde ich denn eigentlich die Fälle, die die Geschichte, die ich erzählen will, unterstützen. Man sucht ja immer nach Präzedenzfällen, beispielsweise, oder nach jemandem, der schon mal ähnlich gedacht hat, womit man das belegen kann, was man eigentlich erzählen will. Und insofern bin ich dem Strafrecht schon in gewisser Art und Weise treu geblieben.

Sie haben es jetzt schon einmal kurz angeschnitten. Recherche ist das A und O, das kennen wir als Journalisten auch. Wie gehen sie an die Recherche ran, haben Sie da inzwischen schon ein paar Methoden entwickelt? Haben Sie da ein, zwei Nummern, nach dem Motto, den ruf ich auf jeden Fall mal an, der hilft mir immer weiter?
Es hängt ja ganz vom Thema ab, zu dem ich schreibe. Das Wichtigste finde ich, ist ganz zum Schluss, dass ich das fertige Buch, den jeweiligen Experten aus den jeweiligen Gebieten zum Lesen gebe. Passagier 23 zum Beispiel, hat ein Kapitän gelesen. Zu Medizinern habe ich einen kurzen Draht, weil mein Bruder und meine Schwägerin Ärzte sind. Aber ich kenn auch Psychologen und Rechtsmediziner, mit einem hab ich auch schon gemeinsam ein Buch geschrieben. Wenn ich keine Kontakte habe, suche ich mir neue, das ist wichtig.
Jetzt aber zur Recherche: Ich fange an erst einmal mit einer Vorrecherche an. Dann steht aber die Geschichte – natürlich – im Mittelpunkt. Ich schreibe ja kein Fach- Sachbuch, sondern ich will unterhalten. Und nach der Vorrecherche kommt eben die Endrecherche, bei der dann noch wichtiger ist, dass da kein Blödsinn drin steht.

Was würden Sie uns als Journalisten mit auf den Weg geben? Ein Tipp, was für Sie bei der Recherche gemerkt haben, das ist das Wichtigste.
Die journalistische Arbeit unterscheidet sich ja noch einmal vom Autorendasein. Autoren berichten ja relativ einseitig, da sie ihre These belegen möchten. Aber auch hier gilt für uns beide, ob für journalistische oder literarische Arbeiten, sich nicht nur auf eine Quelle zu verlassen, schon gar nicht auf Wikipedia. – beginnt zu schmunzeln, bevor er weiter redet – Da steht auch über mich Quatsch drin. Beispielsweise stand jahrelang, ich weiß gar nicht, ob das jetzt immer noch so ist, dass ich 20 Millionen Bücher verkauft hätte, das sind aber nur – in Anführungsstrichen – sechs bis acht Millionen, so genau weiß ich es selbst nicht, aber 20 ist viel zu hoch! Das schlimme ist ja, das wird immer wieder abgeschrieben.
Man sollte also die Betreffenden direkt fragen, man sollte sich auch nicht scheuen, einfach mal zum Telefonhörer zu greifen, wenn man gar keinen offiziellen Kontakt hat. Und das hab ich aus dem Jurastudium auch gelernt, die Dinge von einer komplett anderen Seite zu betrachten. Jeder von uns hat eine voreingenommene Meinung, wir leben ja nicht im luftleeren Raum. Wenn man sich trotzdem einfach mal die Brille der Gegenseite aufsetzte, wie sieht das dann aus? Könnte man es nicht auch von einer anderen Warte aus beleuchten? Dieser Perspektivenwechsel ist, glaube ich, das Wichtigste bei einer objektiven journalistischen Berichterstattung.

Wir sind jetzt mittendrin im Schreibprozess. Wenn sie prozentual angeben müssten, finden sie den Schreibprozess, oder die Recherche wichtiger und wie gewichtet sich das?

https://youtu.be/UmeQ1WsO7WM?t=1m53s

In etlichen Interviews haben Sie schon Fragen zu Ihrem Alltag als Schriftsteller beantwortet. Mich würde interessieren, haben Sie Rituale, vor, währenddessen oder nach dem Schreiben, die sie weiter bringen?
Naja, es ist tatsächlich so, dass ich kein bestimmtes Ritual habe, das ich machen muss, um jetzt in die Gänge zu kommen. Das an den See fahren, beispielsweise, ist eher so in dieser Nachdenkphase, bei der ich die Geschichte von allen möglichen Ecken aus in meinem Kopf betrachte, sie auf den Kopf stelle, um mir dann eine Inhaltszusammenfassung zu schreiben. Wenn man das als Ritual zählen will… Die Zusammenfassung ist notwendig. Ich schreibe ja immer ein Exposé, erst dann setze ich mich wirklich an die Arbeit. Und das ist dann tatsächlich Arbeit. So früh wie möglich sitze ich am Schreibtisch und hoffe darauf, dass es auch so früh wie möglich losgeht. Arbeite dann so lange, wie es geht. Ich brauche dabei einen schönen Ausblick, viel Kaffee, ein paar Süßigkeiten, aber im Grunde genommen unterscheidet sich dann dieser Kern nicht mehr als von der Arbeit eines anderen, der im Büro arbeitet und viel am Schreibtisch sitzen muss.

Wir sind jetzt mitten im Schreibprozess angekommen, bei ihren Romanfiguren. Dass Sie aus der Realität Vorbilder für Ihre Charaktere nehmen, ist bekannt. Wie oft machen sie das?
Selten. Ich probiere in der Regel Figuren selbst zu schaffen, wo nachher keiner kommen kann und sagen: Mensch, bin das ich? Das ist im Psychothriller ja nicht immer ganz so erwünscht, dass man sich da wiedererkennt. Aber tatsächlich, wenn eine Person eben ganz prägnante Eigenschaften hat, dann frage ich im Übrigen auch nach, ob ich das dann benutzen darf. Wenn ich Namen benutze, gebe ich mir Mühe, nie Vor- und Nachnamen gleichzeitig zu benutzen, dass möglichst keine Rückschlüsse möglich sind. Aber wenn dann jemand den schönen Namen Zorbach hat, wie ich finde, dann benutze ich den auch. Könnte für einen Helden oder einen Schlitzer benutzt werden. Ist dann letztendlich ein Held geworden in den Büchern Augensammler und Augenjäger. Damals fragte ich meinen Freund Thomas Zorbach: Sag mal, kann ich deinen Namen verwenden? Ich habe daraus Alexander Zorbach gemacht. Er zeigt mir heute noch Post, die er bekommt, die an Herrn Alexander Zorbach adressiert ist.

Sie sagen, Sie machen das nicht sehr oft, aber wenn ein reales Vorbild existiert, wie viel davon übertragen Sie in Ihren Roman?
Ich reduziere diese Person zuerst einmal auf die hervorstechendsten Merkmale, um dann eine fiktive Hülle drumherum zu basteln. Am Ende sind es dann wirklich wieder Fantasiegestalten. Es sei denn, es ist wirklich eine ganz kleine Nebenrolle, bei der Name und Beruf ausreicht, um diese Person zu definieren und das Äußere vielleicht. Aber wenn die Vergangenheit, die Psyche, die soziale Einbettung dieser Figur, Vorlieben, Geschmäcker und politische Ansichten hinzukommen sollen, dann ist das eine Kunstfigur.

Zu Ihrem neusten Buch, das Sie gleich auch vorstellen werden: Wie viel von Ihnen steckt denn wirklich in Max?
Da muss er schon lachen, bevor er überhaupt anfängt, die Frage zu beantworten.
Auf meinen Lesungen versuche ich hauptsächlich, die Gemeinsamkeiten und die Unterschiede zwischen mir und Max Rhode, einem erfolglosen Schriftsteller, der die Hauptrolle in „Das Joshua-Profil“ spielt, zu definieren. Natürlich – einige, die mich kennen, sagen, es sei mein persönlichstes Buch. Ich selbst würde sagen, natürlich habe ich mich da leicht hineinversetzten können, aber natürlich gibt es deutliche Unterschiede.
Als ich angefangen habe, dieses Buch zu schreiben, habe ich gedacht, Max und ich haben den selben Schreibstil. Und dann habe ich mich während des Buches in Mak hineinversetzt, um ihn näher kennenzulernen, das ist auch so eine Phase, klingt etwas multipel, ist aber tatsächlich so, dass wir Schriftsteller uns ja immer in die Figuren hineinversetzten müssen. Als ich überlegt habe, wie schreibt der denn eigentlich? Da hab ich gemerkt, er schreibt ganz anders als ich. Sein erzählerischer Stil, ist auch in einem ganz andern Genre unterwegs als ich, also zwar Spannung, aber mit Mystery- und Horrorelementen gespickt. Und am Ende des Schaffensprozesses wollte ich mal wissen, wie er, also die fiktive Gestalt Max Rhode, schreibt. So ist das Buch im Buch real geworden. Klingt vielleicht etwas verwirrend, war es dann auch für mich und auch für den Verlag. Als die dann auf einmal zwei Bücher bekamen, da wollten die dann Sebastian Fitzek auf beide draufschreiben, aber ich hab dann gesagt: Ne ne, das hat Max Rhode geschrieben. Also insofern gibt es Gemeinsamkeiten – ja , aber eben auch deutliche Unterschiede. Zum Glück natürlich auch, was das Privatleben anbelangt.

Abschließend noch eine Frage. Manche Filmregisseure setzten sich in ihre eigenen Kinofilme, um die Reaktion des Publikums auf den eigenen Film zu beobachten. Nun können Sie ja schlecht Leute beim Lesen beobachten, aber wollen Sie manchmal wissen, welche Reaktionen ihr Bücher auslösen?

https://youtu.be/UmeQ1WsO7WM?t=3m21s

Wo geht’s denn heute Abend hin? Oder bleiben Sie in Stralsund?
Ich bleibe heute Abend in Stralsund. Ich war ja hier schon einmal, da wurde mir eine Eckkneipe empfohlen. Ich kann vor Lesungen immer nichts essen, da werde ich sonst zu müde oder muss die ganze Zeit aufstoßen, das ist ja dann auch kein schönes Erlebnis für die Zuschauer, deshalb werde ich da nachher hingehen. Und was essen, da freu ich mich schon.

Dann wünschen wir eine angenehme Lesung, später einen guten Appetit und die nächsten Tage viele weitere gute Lesungen und bedanken uns sehr herzlich für dieses tolle Interview!
Vielen Dank.

Die Lesung

Nach dem Interview ist noch ein bisschen Zeit, bis die Lesung beginnt. Wir sichern uns Plätze in der ersten Reihe und die Zuschauer, die noch nicht hinein dürfen, starren uns neidisch an.

Sehr pünktlich, um 19.00 Uhr, beginnt Sebastian Fitzek dann mit seiner tiefen Stimme das Publikum, das zum größten Teil aus weiblichen Fans besteht, zu verzaubern.

Wer eine reine Lesung erwartet hat, wird nun enttäuscht. Fitzek erzählt viel mehr, als dass er liest. Doch das ist tausendmal interessanter als würde er nur stupide vorlesen. Über den Satz, den man schon aus vielen Fitzek-Interviews kennt, dass Autoren die Realität abmildern müssen, damit der Leser glaubt, was er liest, musste ich schon oft nachdenken. Ich konnte diesem Satz keinen Glauben schenken. Bis jetzt.

Eben diesen Satz griff Sebastian auf und hat auch gleich zwei Beispiele parat, die mich zu hundert Prozent von der Wahrheit seiner Aussage überzeugt haben. Ich will ein Beispiel kurz zusammen fassen, damit ihr versteht, was ich meine. Auch Fitzek selbst hatte sichtlich Spaß bei der Sache.

2015-11-24_sebastian fitzek - interview - Till_Junker_Bearbeitet - 3

Fitzek erzählt, dass ein Freund von ihm gemeinsam mit der Familie, die Schwiegermutter war auch dabei, einen Ausflug in den Serengeti-Park nach Hannover gemacht hat. Sie haben sich entschieden, dort mit ihrem Privat-PKW auf Safari zu gehen. Alles läuft reibungslos, bis die Schwiegermutter, die auf dem Beifahrersitz sitzt, den Fahrer, Fitzeks Freund, darum bittet, anzuhalten, weil sie den Elefanten füttern möchte, der gerade des Weges kommt. Man muss wissen: Sowohl Anhalten, als auch Füttern der Tiere ist eigentlich verboten. Doch wer kann Schwiegermama diese Bitte abschlagen!? Also wird das Auto angehalten und Schwiegermama kurbelt eifrig das Fenster runter. Der Elefant, zutraulich und neugierig wie er ist, steckt den Rüssel zum Fenster herein und tastet suchend durch die Gegend, schließlich riecht es doch so herlich nach Essbarem. Da bekommt Schwiegermama es doch mit der Angst zu tun und kurbelt das Fenster hektisch zu. Was macht der Elefant, der nicht weiß wie ihm geschieht?! Natürlich, er beginnt das Ding, das ihn da festhält zu treten. Keine Sorge nichts passiert, bis auf ein sehr lädiertes Auto, das aber noch fahrtüchtig ist. So kommt es, dass eben dieses Auto wieder in Berlin auf den Straßen sein Unwesen treibt und von der Polizei angehalten wird. Was würdest du als Polizist tun, wenn du diese Erklärung für einen Autoschaden hörst: „Hatten Sie einen Unfall?“ „Nein, da hat ein Elefant dagegen getreten.“ Erst jetzt wird dem Fahrer klar, wie sich dieser Satz anhören muss. Nervös versucht er zu erklären: „Meine Schwiegermutter wollte den Elefanten füttern, da hat sie Angst bekommen und die Scheibe hochgekurbelt, da hat der Elefant…“ „Aussteigen, den Führerschein und die Fahrzeugpapiere bitte, und dann einmal kräftig pusten.“ – Hätte er doch mal erwähnt, dass er in Hannover im Serengeti-Park war.

Das schallende Lachen des Publikums, als Sebastian Fitzek diese Story vom Stapel ließ, hallt noch immer in meinen Ohren.

Und so geht es fast am laufenden Band weiter. Auch als Sebastiann erzählt, wie sein Freund und inzwischen auch Schriftsteller-Kollege Michael Tsokos ihn einmal vor einer Talk Show so richtig rein gelegt hat, wird wieder herzlich gelacht. Aber ich will jetzt nicht den Eindruck erwecken dies sei eine Comedy-Veranstaltung gewesen, nein!

Es war faszinierend. Von der ersten bis zur letzten Sekunde hing jeder an Sebastians Lippen.

Die wenigen Stellen, die er sich doch rausgesucht hatte und vorgelesen hat aus seinen Büchern, waren wie Schlagsahne auf Eis. Einfach nur herrlich. Von einem auf den andern Moment schien er abwesend zu sein und ließ in sich, durch Gestik, Mimik und Sprache die Geschichte zum Leben erwecken. Dabei waren die Coolness und Lässigkeit, die er dabei an den Tag legte, pure Ehrlichkeit, nichts war aufgesetzt oder gespielt, das hat jeden der Anwesenden komplett überzeugt, selbst die, die unfreiwillig von ihren Frauen dorthin geschleppt worden waren.

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Das Joshua Profil

Fitzeks neuster Thriller. Wie immer: Wer in einmal ihn den Händen hält und anfängt zu lesen, legt ihn nicht mehr weg.

Hauptprotagonist ist Max Rhode, ein erfolgloser Schriftsteller. Er hatte nur einen einzigen Erfolg, mit seinem Roman „Die Blutschule“. Als Max den Anruf eines Unbekannten erhält, mit der Bitte, eben diesen im Krankenhaus zu besuchen, leistet Max dieser Bitte Folge. Im Krankenhaus liegt ein schwer verletzter und entstellter Mann, der in den letzten Minuten seines Lebens versucht, Max zu warnen. Doch wovor und warum versteht Max nicht. Erst als er im Krankenhaus liegt, seine Tochter verschwunden ist und er ein Verdächtiger ist, macht die Warnung, die er anfangs so mir nichts, dir nichts in den Wind geschlagen hat, irgendwie Sinn.

Fitzeks Können fesselnd zu schreiben wurde einmal mehr unter Beweis gestellt. Auch ist nichts, wie es scheint und die ein oder andere Wendung kann den Leser schon überraschen. Wer sowas gerne liest, kann sich über dieses neue Werk bestimmt freuen.

Sebastian Fitzek
Das Joshua-Profil
Lübbe Verlag
Hardcover; 19,99 Euro

Ganz neue Schule

Damit hätte wohl letzten Herbst niemand gerechnet, dass wir dieses Jahr gleich zwei Bücher von Sebastian Fitzek zu lesen bekommen. Wobei ich muss mich verbessern, das eine, „Die Blutschule“, ist ja von Max Rhode. Verwirrt? Ich erkläre das noch einmal. Das Buch im Buch existiert tatsächlich. Die Hauptperson aus „Das Joshua-Profil“ hat tatsächlich ihren Roman veröffentlicht. Das Genre kann ich nicht besser beschreiben, als Sebastian Fitzek es im Interview gesagt hat: Thriller mit Mystery- und Horrorelementen. Blutig. Brutal. Gewaltsam. Aber faszinierend. Ich habe mich selbst immer dabei ertappt, auf der Suche nach ähnlichen Formulierungen wie in „Das Joshua-Profil“. Ich konnte auch meinen Kopf nie ganz ausschalten, weil ich ja weiß, dass Max Rhode nur ein Pseudonym für Sebastian Fitzek ist. Man sollte für diese Lektüre nicht zu zart besaitet sein, aber das sollte man bei Fitzek generell nie. Es ist auf jeden Fall eine neue Leseerfahrung.

Max Rhode
Die Blutschule
Lübbe Verlag
Taschenbuch; 12,99 Euro

 

Fotos: Till Junker, Laura Promehl