Das Studententheater (StuThe) hat gestern Abend um 20 Uhr die Premiere von „Andorra“ im Rahmen des StadtImPuls aufgeführt. Basierend auf dem Drama von Max Frisch ist dieses Stück sehr modern und adaptiert umgesetzt. Themen wie Rassismus, Antisemitismus und Diskriminierung werden thematisiert.

Eine Frau. Bei der Arbeit. Belauert von einem lüsternden Mann. – Von der ersten Sekunde an merkt der Zuschauer, dass unter der weißen Fassade, unter der reinen Weste Andorras ein großer Konfliktherd brodelt.

„Eines morgens früh um vier werden sie kommen, mit 1.000 schwarzen Panzern, die kreuz und quer über unsere Äcker rollen und mit grauen Fallschirmen vom Himmel herab, wie schwarze Heuschrecken.“

Die Andorraner haben ein striktes schwarz-weiß Denken, bei allem und jedem. Ob es um ihr Nachbarvolk, die Juden oder ihre eigenen Landsleute geht. Dies ist die Ausgangslage und der Grund für all die verschiedenen Konfliktherde, die im Laufe des Stücks alle zusammen geführt werden und zu einem großen, sich heraus kristallisierenden Problem werden. Auffällig dabei ist, dass die Andorraner immer vor fremden Haustüren kehren, anstatt sich selbst einmal kräftig an der eigenen Nase zu packen. Moralpredigten mit erhobenem Zeigefinger vom Feinsten, dass es nur so trieft vor Verlogenheit, Ironie und Sarkasmus.

Das Stück wurde in drei Größere Teile untergliedert. Oftmals wechseln sich Gruppenszenen mit Einzelauftritten ab.

Während dem ersten Teil wechseln sich auf der Bühne verschiedene szenische Einstellungen, mit jeweils zwei Protagonisten, zeitgleich wird das Publikum von der Armee der Andoraner umkreist. Diese marschiert in Zeitlupe und untermalt das Geschehen auf der Bühne mit Acapella-Sprechgesang, der dem Ganzen einen skurril aber dennoch spannungsgeladenen Rahmen liefert.

Der zweite Teil ist als Fußballspiel inszeniert, eine Massenszene, bei der auch viel mit repetitiven Mitteln gearbeitet wird. Nach dem Einschub mehrerer Einzelszenen, kommt der dritte Teil, in dem wieder eine Massenszene angesetzt ist, das besondere hierbei, die Farbe schwarz kommt ins Spiel. Das Finale, der letzte Akt – Wort wörtlich – auf den das ganze Stück über hin gearbeitet wurde, treibt das Drama auf den Höhepunkt. Die Eskalation ist unvermeidlich.

Eindrucksvoll und fesselnd, doch für Zuschauer, die sich nicht mit dem Werk vorher beschäftigt haben, das hier umgesetzt wird, ist es schwierig und anstrengend sich auf dieses Stück einzustellen. Anfangs ist es verwirrend, dass alle komplett weiß gekleidet sind und somit optisch die Charaktere nicht auseinander zu halten sind. Zusätzlich wechseln die Charaktere während des Spiels, sodass die Verständlichkeit des Stücks etwas darunter leidet.

Die sehr moderne, weiße, steril wirkende Kleidung wirkt Wunder. Sie sticht definitiv hervor und kreidet das kontroverse Verhalten der Andorraner an. Vor allem in den Gruppenszenen wird es etwas langatmig, da die vielen Wiederholungen bei mehreren Darstellern eben einfach seine Zeit braucht. Dennoch hat dieses Stück es definitiv in sich. Dass „schneeweiße Westen“ Moral predigen, sich selbst doch am allerwenigsten daran halten, ist nichts Neues. Interessante Auseinandersetzung mit dem Stoff von Max Frisch.

Wo? Stralsunder Straße 11 im Zirkuszelt
Wann? 1. Juli 2015 um 20 Uhr
Was? „Andorra“
Wer? StuThe
Wie viel? Vier Euro

Bilder: Katrin Haubold