Ein Kommentar

Im Studierendenparlament (StuPa) scheint es momentan an allem zu mangeln. Mangelnde Disziplin, mangelnde Motivation, mangelnde Manieren. Man wird den Eindruck nicht los, dass die studentische Selbstverwaltung vor dem Aus steht.

Eigentlich wollte man auf der vergangenen StuPa-Sitzung am Dienstag über die AStA-Struktur debattieren. Eigentlich. Aber die fortgeschrittene Uhrzeit motivierte die Mehrheit der Abgeordneten des „hohen Hauses“ dazu, die Debatte zu vertagen. So kommt es nun am kommenden Dienstag erneut zu einer außerordentlichen Sitzung.

Ein kurzer Rückblick auf die Sitzung: Nach den üblichen TOPs folgten drei absolut legitime InfoTOPs. Einer zum Erdbeben in Nepal, einer zu der Erhöhung des Semesterbeitrags und einer zu den Problemen in der Organisation des Hoffestes. Dann der Finanzantrag der Mediziner und Zahnmediziner. Doch schon danach geht das bunte Durcheinander los: Die freien Posten im AStA sollen besetzt werden. Für Martin Hackbarth sind die Wahlen jedoch unsinnig, da nächste Woche ohnehin die Referate neu besetzt werden müssten. Also wird der TOP gestrichen.

Motzende StuPisten und Beleidigungen

Weiter geht es mit dem Austritt aus dem freien zusammenschluss der studentInnenschaften (fzs). Der konservative Block des StuPa und einige Sympathisanten hatten den Antrag bereits zweimal gestellt, aber immer wieder zurückgezogen. Warum, gerade unter diesem Blickwinkel, eine einstündige Diskussion vom Zaun gebrochen werden muss, versteht außer den StuPisten niemand. Der Austritt wird abgewendet, der Beitrag der Greifswalder Studierendenschaft soll aber heruntergesetzt werden.

50 Euro, 500 Euro, 50 Cent, oder 1 Cent. Die Zahlen fliegen nur so durch den Raum. An eine Rednerliste hält sich schon lange keiner mehr. Warum wird hier nicht härter durchgegriffen? Sven B. rastet aus, weil sein Antrag nicht durchgeht und in der Pause motzen sich die StuPisten gegenseitig an. Man hat den Eindruck in einem Heim für Schwererziehbare zu sein. Nicht zum ersten Mal in dieser Legislatur legen die StuPisten ein Verhalten an den Tag, dass für einen Studierenden nicht angemessen ist. Da beleidigt man sich schonmal elegant als Arschloch. Wir reden hier immer noch von der dritten Sitzung. Die Vertretung der Studierenden ist schon jetzt in den Hintergrund gerückt. Es geht nur noch um persönliche Feindschaften.

Kindergarten mit der Rechtsaufsicht

Hinzu kommt noch der Streit mit der Rechtsaufsicht. Die Thematik der beanstandeten Beschlüsse kommt mindestens einmal pro Sitzung zur Sprache. Seit Monaten philosophiert man über das weitere Vorgehen, ohne aber etwas Handfestes vorweisen zu können. Da soll die Universität verklagt werden, ohne vorher mit den betreffenden Personen zu sprechen. Warum? Kommunikation stand in nahezu allen Bewerbungen der Abgeordneten. Durchgeführt wird sie aber nicht. Vielleicht sind sich konservative und links-“progressive“ Abgeordnete ja doch nicht so fern, immerhin hatte schon CDU-Parteiikone Konrad Adenauer gesagt: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“

Der ewige Vorschlag Herrn Wehlte von der Rechtsaufsicht einzuladen wird nicht durchgesetzt, obwohl dies doch der einfachste Weg wäre Missverständnisse auszuräumen. Jetzt muss eine klare Linie her. Auch zu ungeliebten Gremien muss sich das StuPa öffnen. Möchte die Rechtsaufsicht dann nicht mit den Abgeordneten reden, muss dies publik gemacht werden, sodass man etwas gegen sie in der Hand hat. Ein weiteres Palaver über eine imaginäre Rechtsschutzversicherung ist nicht der richtige Weg. Ganz nach Oliver Kahn sind jetzt Eier gefragt. Hat man den Mumm, sich mit den Personen an den Tisch zu setzen und sie zu verklagen, wenn das Gespräch nicht konstruktiv geführt wird, oder zieht man wieder zurück.

Mangelndes Interesse an der HoPo

Trotz all dieser offensichtlichen Fehler fragen sich die Abgeordneten aber immer noch, warum sich niemand mehr für die Hochschulpolitik (HoPo) interessiert. Dabei scheint das Desinteresse sogar auf Seiten der StuPisten vorhanden zu sein. Auf Sitzungen der Arbeitsgemeinschaften (AG) sind maximal drei Abgeordnete zugegen, beim AStA freut man sich, wenn überhaupt soviele StuPisten erscheinen.

Zur Zeit gibt es kein handlungsfähiges StuPa. Dienstags treffen sich maximal 24 Studierende, um ihre politischen Grabenkämpfe auszutragen, Alkohol zu trinken, Fußball zu gucken und sich gegenseitig zu beschimpfen. Ihrer Verantwortung, die sie mit ihrer Wahl aufgetragen bekommen haben, sind sie sich nicht bewusst. Man kommt zu spät, oder gar nicht und geht, sofern man da ist, auch noch früher.

Zeit etwas zu verändern

Es ist an der Zeit, dass sich die StuPisten Gedanken machen, wie sie die Disziplin in dem „hohen Haus“ verbessern. Hannes Nehls, einer der wenigen disziplinierten StuPisten, hatte es auf der Sitzung richtig erkannt: „So wie wir uns hier präsentieren, ist es kein Wunder, dass wir nicht ernstgenommen werden.“ So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen, denn konstruktiven Output gibt es momentan nicht und in dieser Verfassung braucht man sich erst recht keine Hoffnung machen, einen Rechtsstreit mit der Universität zu gewinnen.

 

Foto: Katie Wagner