Von 8,50 Euro kann man sich achteinhalb Burger im Fastfood-Unternehmen seiner Wahl kaufen. Seit dem 01. Januar 2015 müssen Studierende und alle anderen der Bundesrepublik dafür nur noch eine Stunde arbeiten. Klasse! Oder vielleicht doch nicht?
Der Mindestlohn, ein Gespenst, das seit Anfang dieses Jahres durch unsere Köpfe spukt. Gerade für Studenten bedeutet er viel Veränderung, die leider nicht immer positiv ist. Die Idee brachte die SPD in die Große Koalition ein. 8,50 Euro – das ist am Monatsende gerade für Studenten eine Menge Geld. Wer sich in Greifswald schon mal nach einem Job umgeschaut hat, musste schnell feststellen, dass ein Stundenlohn über 5 Euro außerhalb universitärer Mauern fast schon utopisch ist. Für alle, die also bereits einen Job vor der Einführung des Mindestlohns bei einer in ihrer Blüte stehenden Unternehmung hatte, erfüllt sich ein kleines Gehalts-Wunder. Plötzlich können die 450 Euro neben den Lernpflichten fast spielend erreicht werden. Hier stiftet der Mindestlohn den gewünschten sozialen Ausgleich.
Einigen Unternehmen hingegen ist das nicht ganz so leicht gefallen. Das Pommersche Landesmuseum zum Beispiel war durch die Einführung des Mindestlohns gezwungen, die Verträge mehrerer Aufseher mit dem Ende des Jahres 2014 auslaufen zu lassen, egal ob studentisch oder nicht. „Wir haben mit der Einführung des Mindestlohns erhebliche Schwierigkeiten bekommen und versuchen jetzt einen Weg zu finden, um den fehlenden Betrag aufzubringen“, so die Sprecherin Jenni Klingenberg. In diesen Fällen heißt es dann: kein Lohn statt Hungerlohn. Jetzt arbeiten nur noch zwei Studenten in den einzelnen Museumsbereichen als Aufsichtskraft. Dennoch: „Momentan haben wir genügend Personal im Aufsichtsbereich, aber klar, sollte sich das einmal ändern, ist es durchaus denkbar, wieder mehr Studenten einzustellen.“ Aha. Allein an diesem kleinen Beispiel aus unserer Hansestadt zeigt sich, dass nicht alles Gold ist, was glänzt.
Der Mindestlohn hat auch seine Kehrseiten. Gerade wer für das kommende Semester nach einem Praktikum Ausschau gehalten hat, wird das bereits bemerkt haben. Denn nur noch durch die Studienordnung vorgeschriebene Pflichtpraktika müssen nicht durch den Mindestlohn vergütet werden. Ein Pech für alle, die sich außerhalb von Pflichten und Regeln in der Praxis ausprobieren wollen. Noch gibt es keine Zahlen zu finden, aber es ist damit zu rechnen, dass die Praktikumsplätze fürs Erste zurückgehen werden. Und noch etwas bringt der Mindestlohn mit sich: Papierkram und Gedankenexperimente, denn wer mit dem Mindestlohn seinen Kontostand aufbessert, muss auch Einiges beachten.
Papierkrieg im Mindestlohn-Land
Gerade für BAföG-Empfänger ist das nicht ganz leicht. Die Deutschen Studentenwerke liefern für Probleme dieser Art eine hilfreiche Übersicht, die dennoch zu Verwirrung führen kann. Junge Menschen, die studieren und trotzdem Geld verdienen, werden in drei Kategorien eingeteilt. Geringfügig entlohnte Beschäftigte, die unter der 450-Euro-Grenze bleiben, müssen eigentlich nichts befürchten. Sie sind auch weiterhin nicht steuerpflichtig, sofern sie sich von der Rentenversicherung befreien lassen. Studierende, die mit der Einführung des Mindestlohns nun regelmäßig mehr als 450 Euro verdienen, fallen in die Kategorie der sogenannten Midi-Jobs. Das gilt bei einem Einkommen bis 850 Euro. Alle, die sich in diesem Spektrum bewegen, sind reduziert rentenversicherungspflichtig und auch die Familienversicherung der Krankenkassen greift nicht mehr. Aber keine Sorge, um den Papierkram kümmert sich in der Regel der Arbeitgeber. Man darf sich nur nicht wundern, dass weniger Gehalt ausgezahlt wird als die eigenen Berechnungen ergeben. Außerdem darf eine Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche nicht überschritten werden. Die dritte Kategorie bezieht sich auf Studenten, die sich ihr Taschengeld in der vorlesungsfreien Zeit verdienen. Hält man sich tatsächlich an die freien Tage, dann bleibt ein Nebenjob dieser Art versicherungsfrei. Die Rentenversicherung bei einer fehlenden Befreiung fällt trotzdem an. So, und nun zu der Sache mit dem BAföG: Studierende, Mindestlohn hin oder her, dürfen nicht mehr als 4.888,20 Euro im Jahr, also umgerechnet 407,35 Euro pro Monat, verdienen, wenn sie weiterhin gefördert werden wollen. Da bleibt Studierenden fortan wohl nur die Möglichkeit ihre Stunden zu reduzieren, wenn sie durch den Mindestlohn und ihre bisherige Stundenzahl den Freibetrag knacken.
Doch auch für den Arbeitgeber ist die Einführung mit einigen Veränderungen verbunden. So müssen nun die Arbeitszeiten wesentlich genauer dokumentiert werden, als es vorher der Fall war. Das kostet wertvolle Arbeitszeit. Außerdem werden sich einige Unternehmen dazu entschließen müssen die erhöhten Arbeitslöhne auf die Endkunden umzulegen. Im Strandbad Eldena ist dieser Schritt bereits in Planung. In einer Mail der Stadt heißt es dazu: „Die Einführung des Mindestlohns bedingt höhere Preise im Strandbad Eldena. Die neue Kalkulation wird ab 3. März in den bürgerschaftlichen Gremien vorgestellt, sie muss durch die Bürgerschaft beschlossen werden.“ Seit 2010 waren die Preise bisher konstant geblieben. Doch für Studenten mit einem Job, der ja nun auch nach dem Mindestlohn vergütet wird, sollte das ja wohl kein Problem sein, oder?
Foto: Dennis Skley via flickr
Es wurde ja auch wirklich mal Zeit, dass Arbeit etwas besser bezahlt wird. Denn es kann nicht angehen, dass die Lebenshaltungskosten immer höher werden und die Löhne auf einem so niedrigen Niveau dümpeln. Mir kann auch keiner erzählen, dass es den Unternehmen sooo schlecht geht, wenn sie ihren Arbeitnehmern ein paar Euro mehr zahlen. Dann gibt es halt etwas weniger Gewinn für den Chef, na und? Der verdient immer noch genug daran, andere die Arbeit machen zu lassen. Und die Studenten werden hoffentlich nach der Beendigung ihres Studiums an Jobs mit besserer Bezahlung rankommen und nicht den Rest ihres Arbeitslebens als Päckchenkurier oder Taxifahrer fristen (okay, das gibt es zwar auch, ist aber zum Glück eher die Ausnahme – Augen auf bei der Studienwahl).