Seit November des vergangenen Jahres diskutieren Bund und Länder über die Einführung der sogenannten Mietpreisbremse. Das Gesetz soll nun Mitte des Jahres in Kraft treten. In der vergangenen Woche veröffentlichte die Greifswalder SPD eine Beschlussvorlage, die die Mietpreisbremse für Greifswald einfordert.
Zu dem Thema „Mietpreis“ hat jeder Greifswalder eine Meinung, die Mehrheit meint, er sei zu hoch. Das zeigt auch die aktuelle Umfrage von Greifswald TV. Tatsächlich liegt der Durchschnitt in der Hansestadt gut 50 Prozent über dem mittleren Landeswert, in Zahlen bei 7,80 Euro/Quadratmeter kalt, Tendenz steigend. Um dieser Entwicklung entgegen zu wirken, möchte die SPD am 13. April 2015 in der Greifswalder Bürgerschaft einen Antrag verabschieden, welcher in vier Punkten die Mietpreisbremse beinhaltet. Zum einen wird die WVG aufgefordert sich von selbst die Mietpreisbremse zu halten. Zum anderen soll städtischer Baugrund bevorzugt an soziale Wohnungsbauunternehmen, wie die Wohnungsbau- und Verwaltungsgesellschaft mbH Greifswald (WVG), die Wohnungsbaugenossenschaft Greifswald (WGG) und das Studentenwerk verkauft werden, unter der Prämisse, es wird sozial verantwortbarer Wohnraum geschaffen. Außerdem fordert die Bürgerschaft den Landesminister für Wirtschaft, Bau und Tourismus Harry Glawe auf, Greifswald zu einem Bezirk mit angespannten Wohnungsmarkt zu erklären und einen Maßnahmenkatalog zu erarbeiten um die Situation zu bereinigen.
Uneinigkeit in den Ausschüssen
Seit der Veröffentlichung des Antrages wurde er bereits in mehreren Ortsteilvertretungen (OTV) sowie den Ausschüssen für Finanzen, Soziales und Bildung diskutiert. Das Abstimmungsverhalten auf den einzelnen Sitzungen zeigt: Die Mietpreisbremse ist ein Thema bei dem die Meinungen auseinander gehen. Auf fünf von sieben OTV-Sitzungen wurde der Antrag abgelehnt, genauso bei der Finanzausschusssitzung am 9. März. Nur in den beiden Ausschüssen für Bildung und Sozial sowie den OTV Schönwald I und Eldena/ Wieck fand der Antrag eine Mehrheit. CDU und FDP bemängelten das harte Eingreifen in dem Markt und die unnötige Beschneidung der WVG. Weiter wurde die mangelnde Absprache zwischen SPD und dem Geschäftsführer der Gesellschaft, Klaus-Peter Adomeit, kritisiert. Der Antrag setzt an den falschen Punkten an.
Diskussion auf dem Rücken der Studierenden
Für Dr. Sascha Ott (CDU) sind das gerade die Studenten, welche in die Innenstadt drängen und nicht in der Peripherie leben wollen. Auch der Fraktionsvorsitzende der CDU, Axel Hochschild, will vor allem das Studentenwerk in die Pflicht nehmen, bezahlbaren Wohnraum für Studierende zu schaffen. Dr. Cornelia Wolf-Körnert, Geschäftsführerin des Studentenwerks, weist darauf hin, dass bereits Gespräche mit der Stadt geführt wurden, jedoch momentan kein Baugrund zur Verfügung steht. Erik von Malottki, studentischer Senator und Bürgerschaftsmitglied meint, dass die Mietpreisbremse gegen die Vorwürfe aus dem konservativen Lager argumentiert. „Der Antrag zur Mietpreisbremse und zur Schaffung von bezahlbaren Wohnraum hilft allen Mietern in Greifswald, davon werden natürlich auch besonders Studierende profitieren.“
Fakt ist, das Studierende in privat Vermieteten Wohnungen oft bis zu 15 Euro/Quadratmeter bezahlen müssen, ein Wert, der weit über den oft zitierten fünf Euro den Quadratmeter liegt und sich nicht vor Münchner Verhältnissen verstecken braucht. Deswegen geht dem Bürgerschaftspiraten und studentischen Senator Milos Rodatos der Antrag nicht weit genug: „Der Antrag ist sicherlich ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir brauchen aber langfristige Lösungskonzepte damit wir potentielle Studierendenanfänger nicht durch hohe Mieten abschrecken. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Universität, in Zukunft zusätzliche Studierende für Greifswald zu gewinnen, dass schaffen wir nur, wenn wir auch bezahlbaren Wohnraum anbieten können.“ Laut Aussage im Bildungsausschuss will er ihn trotzdem mit ja abstimmen.
Eine weitere Angst ist, dass der Antrag nicht genug Zug- und Symbolkraft besitzt, um private Vermieter und Investoren zum Handeln zu bringen. Sie wären anfangs nicht von der Zehn-Prozent-Deckelung bei Neuvermietung betroffen. Die Bürgerschaft tagt am 13. April um über den Antrag zu entscheiden.
Die Recherche und redaktionelle Arbeit wurde zu großen Teilen im Rahmen eines Praktikums bei Greifswald TV durchgeführt.
Fotos: Philipp Schulz (Beitragsbild), Archiv (Brinke 16/17)
Es ist mir völlig schleierhaft, warum hier schon wieder die "Brinke" reingewürgt werden muss, noch dazu als "Symbol für den Streit um sozialen Wohnraum". Fakt ist doch, dass dort über ein Jahr lang (rechtswidrig) die Schaffung von Wohnraum verzögert worden ist. Städtischer sozialer Wohnungsbau stand dort nie zur Debatte, kann also mit Bezug auf die "Brinke" auch nicht im Streit gewesen sein. Dass sozialer Wohnungsbau in Greifswald (wie im Übrigen bundesweit) ein drängendes Thema ist, bleibt in der Sache natürlich unbestritten. Aber bitte nicht immer alles wild in einen Topf schmeißen, was in verschiedene Töpfe gehört.
Hatte mich auch schon gefragt was die Behinderung eines Eigentümers in der Ausübung seiner Eigentumsrechte mit sozialem Wohnungsbau zu tun haben soll. Danke!
In der Brinke wurde selbstorganisiert sozialer Wohnraum geschaffen. Durch die Besetzung wurde das Wohnraum Thema auf die Tagesordnung gebracht. Die Initiative plante dort sozialen Wohnraum zu günstigen Preisen, was durch Erhalt des Hauses und behutsame Sanierung realisiert werden sollte. Nur weil das nicht städtisch abgesegnet war, macht es das nicht weniger zu sozial verträglichem Wohnraum. Die Eigentumswohnugnen, die dort jetzt gebaut werden sollen sind der Entschärfung des Wohnraumproblems jedenfalls nicht sehr viel zuträglicher.
"Studierendenanfänger" Welches Wort soll hier von dem aufstrebendsten Piraten Deutschlands gegendert worden sein? Wäre mir neu, dass man nun auch schon die Studien gendern kann. Wenn unbedingt gegendert müsste es wohl eher in Richtung die zukünftigen Studenten gehen.
Aber abgesehen vom Formalen: Natürlich treiben die Studenten die Mietpreise in der Innenstadt massiv nach oben. Die unverschämten Preise könnten nicht verlangt werden wenn a) nicht viele Studenten mit Eltern, deren Einkommen weit über dem eines durchschnittlichen Greifswalders (oder dem vollen Bafög-Satz) liegt, diese Wohnungen nachfragen würden b) die Uni die Aussetzung des NC damals mit der Stadt abgestimmt hätte und diese daraufhin nicht Wohnraum abgerissen hätte so dass heute noch ausreichend Wohnraum vorhanden wäre (Prinzip: das Angebot regelt die Nachfrage, so sehr sich einige auch ärgern mögen leben wir immernoch in einer sozialen MARKTWIRTSCHAFT).
Versucht ruhig mich zu widerlegen! Ich warte auch Argumente!
"Fakt ist, das Studierende in privat Vermieteten Wohnungen oft bis zu 15 Euro/Quadratmeter bezahlen müssen, ein Wert, der weit über den oft zitierten fünf Euro den Quadratmeter liegt und sich nicht vor Münchner Verhältnissen verstecken braucht."
Werden hier etwa reine Quadratmeterpreise mit möblierten Wohnungen einschließlich Nebenkosten verglichen?
Münchner Verhältnisse: http://www.immowelt.de/immobilien/immoliste.aspx?…
"die unnötige Beschneidung der WVG, welche zu 70 Prozent der Kommune gehört" Häh?
Das wäre selbst bei der Stadtverwaltung nicht unbemerkt geblieben, wenn sich 30 Prozent der Anteile in Luft aufgelöst hätten …
Danke für den Hinweis, schön, dass es aufmerksame Leser gibt.
Da hat sich wohl der Fehlerteufel eingeschlichen. Ich habe den entsprechenden Nebensatz gelöscht.