IMG_5921Seit letztem Samstag kam es im Ryck zu einem massenhaften Fischsterben. Dieses Ereignis war nicht das erste seiner Art. Nach Angaben des Umweltamtes der Stadt Greifswald handelt es sich um ein jährlich auftretendes Phänomen nach dem Laichen der Bleie. Grund dafür sei außerdem der Sauerstoffmangel im Gewässer. Dieser wiederum hänge mit den warmen Wetterbedingungen der vorhergehenden Tage zusammen. Die genauen Ursachen sollen entnommene Wasserproben liefern.

Inzwischen sind bereits Vermutungen aufgekommen. So könnte der massenhafte Tod der Fische auch mit Düngemitteln von den angrenzenden Felder oder Hinterlassenschaften der Werft zusammenhängen. Auch Krankheitserreger werden nicht ausgeschlossen. Ob etwas davon zutrifft, werden die Ergebnisse der Proben zeigen.

Die Mitarbeiter der Berufsfeuerwehr Greifswald waren von Samstag bis Mittwoch damit beschäftigt, in mühsamer Kleinarbeit mit Käschern die Kadaver aus dem Fluss zu holen, in Müllsäcken zu verstauen und abzutransportieren. An einigen Tagen erhieltensie dabei auch von der Freiwilligen Feuerwehr Greifswald Unterstützung. Die ganze Zeit über blieb der Ryck für Wassersportler frei zugänglich, sofern diese nicht vom Gestank der verwesenden Fische abgeschreckt wurden.

Nicht nur bei uns

Der kleine Fluss in Greifswald war aber nicht der einzige Ort, in dem es in der letzten Woche zu einem großen Fischsterben kam. Auch in der Gegend zwischen Heiligendamm und Graal-Müritz wurden mehrere Tonnen toter Süß- und Salzwasserfische angeschwemmt. Hier sei die Ursache ein Eindringen salzhaltigeren Wassers aus der Nordsee in die sonst eher salzarme Ostsee. Verbunden mit dem Absinken absterbender Planktonschichten führt dies zu einer starken Abnahme des Sauerstoffgehaltes im Wasser. Bei ablandigen Winden verteilt sich dieses dann durch alle Wasserschichten hindurch. Das salzhaltige, sauerstoffarme Meerwasser ist wahrscheinlich in die Flüsse eingedrungen, die in die Ostsee münden. Dadurch starben auch hier die Fische, die nicht schnell genug fliehen konnten. Auch das sei ein immer wieder auftretendes Phänomen.

All die weißen Punkte im Wasser sind tote Fische.

All die weißen Punkte im Wasser sind tote Fische.

Die Zunahme der Todeszonen

Dennoch rücken Ereignisse wie diese ein großes Problem in den Blick der Öffentlichkeit: Das Ausbreiten sogenannter „Todeszonen“. Dabei handelt es sich um Gebiete der Meere, in denen es sehr oft zu extremem Sauerstoffmangel kommt. Diese Zonen haben in ihrer Verbreitung in den letzten Jahrzehnten dramatisch zugenommen. Als Grund dafür gelten der Einsatz von Düngemittel und die globale Erwärmung. Durch diese Faktoren kommt es zu vermehrtem Planktonwachstum. Stirbt dies ab, wird es von Bakterien unter enormen Sauerstoffverbrauch zersetzt, wodurch die anaeroben, also sauerstofffreien, Bedingungen erzeugt werden. Besonders betroffen von der Zunahme der Todeszonen ist die Ostsee. Diese ist aufgrund ihres Charakters als Binnenmeer, das von fast allen Seiten von Landmassen umgeben ist, äußerst anfällig für das Entstehen von Sauerstoffmangel. Eine Durchmischung des Wassers mit dem anderer Meere ist stark eingeschränkt, was den Effekt verstärkt.

Die Folgen der Todeszonen für das gesamte Ökosystem Meer sind nach Abschätzungen einiger Wissenschaftler verheerend. So führt die Ausbreitung anoxischer (sauerstofffreier) Verhältnisse zum Absterben ganzer Lebensgemeinschaften. Möglicherweise waren solche Bedingungen einer der Gründe für das Massenaussterben am Ende des Devons. Bei diesem verschwanden viele marin lebende Tiergruppen vollständig oder in großen Teilen. Die damaligen Ursachen für das Ausbreiten der Todeszonen sind unklar. Die heutigen, wie schon beschrieben, hingegen gut zu erkennen. Es ist also gut möglich, dass es in Zukunft noch öfter zu Massensterben in der Ostsee kommt. Wie es im Ryck aussieht, ist noch nicht zu sagen.

Fotos: Katrin Haubold