Mit einem Festakt wurde am gestrigen Dienstag, dem 20. Mai, der Fusionsreaktor Wendelstein 7-X in Betriebsvorbereitung gesetzt. Nach der Grundsteinlegung 2005 soll nächstes Jahr der Experimentierbetrieb starten. Die zahlreichen Redner betonten die Chancen der Fusionsenergie, die einen Beitrag zur künftigen weltweiten Energieversorgung bilden könne. Bis zum Jahr 2100 wird ein Versechsfachung des weltweiten Stromverbrauchs erwartet. Jedoch waren sich die Redner auch einig, dass die Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst genommen werden müssen.
Der Wendelstein 7-X ist eine Grundlagenexperimentieranlage zur Plasmaphysik, welche sich im Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) gegenüber vom Elisenpark befindet. Mit der Anlage soll herausgefunden werden, ob mithilfe eines magnetischen Feldes 100 Millionen Grad heißes Plasma von den kalten Wänden optimal isoliert werden kann. Die Forscher wollen nachweisen, dass die Fusionsenergie das Zeug für ein Kraftwerk hat. Dabei soll mehr Energie herauskommen als eingesetzt wird. Weitere technische Einzelheiten sind hier zu finden.
Versechsfachung des Stromverbrauchs
Durch das Bevölkerungswachstun vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern auf neun Milliarden Menschen weltweit bis 2100 gehe eine Versechsfachung der Stromverbrauchs umher, unterstrichen sowohl Max-Planck-Präsident Peter Gruss als auch die wissenschaftliche Direktorin Sibylle Günter die Notwendigkeit der Fusionsenergieforschung. Dies könne nicht alles durch Wind- und Sonnenenergie gedeckt werden, denn sonst müsste die Fläche von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien mit Solarzellen komplett zugebaut werden, fügte Gruss vor einem großen Fachpublikum hinzu.
„Unser Stillstand nicht nur auf den Bezug auf grüne Gentechnik kann uns in Deutschland zum Verhängnis werden“, beklagte Gruss die große Skepsis in der deutschen Bevölkerung hinsichtlich neuer Technologien. Stattdessen warb er nachhaltig für die Fusionsforschung, die sich wesentlich von der Atomenergie unterscheide, zum Beispiel, dass es in einem Fusionsreaktor im Gegensatz zu einem Kernkraftwerk zu keiner unkontrollierten Kettenreaktion (Kernschmelze) kommen könne. Weiterhin komme es zu weniger Müll, der auch eine wesentlich geringer Halbwertzeit habe. Zudem gelten strenge Sicherheitsvorschriften für den Strahlenschutz, was der TÜV bestätigt habe.
Kritik vom BUND
Allerdings erneuerte der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in einer Pressemitteilung seine Kritik am Forschungsvorhaben, da der Stahlbeton für die Tore fehlerhaft konstruiert sei und dem Strahlenschutzbeton nicht wie geplant und genehmigt angemischt und verwendet wurde. Dies wurde vom IPP umgehend zurückgewiesen.“Sorgen Sie wie bisher mit Transparanz dafür, dass Sie den Menschen die Ängste nehmen“, äußerte Ministerpräsident Erwin Sellering in einem Grußwort, der im Übrigen von einem „großen Tag für Mecklenburg-Vorpommern“ sprach. Die Anlage sei einer der komplexesten der Welt und befinde sich technologisch an der Weltspitze.
Lösung der weltweiten Energieprobleme?
Mit der Fusionsforschung können weltweite Probleme gelöst werden, machte Bundesbildungsministerin Johanna Wanka deutlich, während es arrogant sei, sich mit alternativen Energien nur auf Deutschland zu beschränken. Beim Wendelstein 7-X gehe die Technologieforschung an ihre Grenze, stimmte sie ihren Vorrednern zu. Nach der jetzt starteten Betriebsbereitschaft will der Wendelstein 7-X nächstes Jahr in die Experimentierphase gehen.Die Kosten liegen bei etwa einer Milliarde Euro. Das IPP ist stolz – anders als bei einigen anderen Großprojekten – noch im Kosten- und Zeitplan zu sein. Die Fusionsenergie sei eine sichere und effiziente Energiequelle, die in zweiten Jahrhunderthälfte eine hohe Versorgungssicherheit leisten solle, äußerte wissenschaftliche Direktorin Sibylle Günter.
Fotos: Tom Peterson