Luftaufnahme der CEP Erkundungsbohrung Lütow 51, 2011Insgesamt 500 Demonstraten sind am Ostermontag in Zinnowitz zusammengekommen, um gegen Bohrungen eines Erdölunternehmens zu protestieren, welches die Vorwürfe zurückweist. „Wir sind hier Merkels Wahlkreis und die lässt uns hier einfach vor die Hunde gehen!“, beschwert sich eine Zinnowitzer Rentnerin. Hauptorganisatorin und Anmelderin der Anti-Fracking-Veranstaltung war Christa Labouvie, die bereits Proteste gegen das Steinkohlekraftwerk in Lubmin organisierte.

Fracking ist eine Methode, bei der das Reservoirgestein mit Hilfe von Quarzsand und mit Chemikalien versetztem Wasser aufgebrochen wird, um auf diese Weise Zugriff zu in diesen Gesteinsschichten lagerndem Erdöl und Erdgas zu bekommen. Bewohner der Region befürchten, dass so das Grundwasser verseucht und tiefgreifende Schäden angerichtet werden können. Greenpeace befürchtet darüber hinaus, dass durch die Bohrungen geschützte Tierarten wie beispielsweise Kegelrobben, seltene Seevögel oder Schweinswale verschwinden würden.

Central European Petroleum (CEP), das Deutsch-Kanadische Erdölunternehmen, das diese Bohrungen durchführt, weist derweil die Befürchtungen zurück. In einer diesbezüglichen Pressemitteilung heißt es:

Umweltschutz hat für CEP allerhöchste Priorität. Der Einklang mit Natur und Tourismus ist Voraussetzung für jede einzelne Aufsuchungsaktivität und insbesondere für Planungen zur perspektivischen Ölgewinnung. Vor diesem Hintergrund nimmt unser Unternehmen alle Anliegen und Fragen der Bürger im Land außerordentlich ernst. In mehr als 100 Informationsveranstaltungen und 250 Bohrplatzführungen hat CEP viele tausend Bürger und interessierte Gäste des Landes über die geplanten Vorhaben informiert und dabei  keine Frage ausgeklammert.

Ferner wird darauf verwiesen, dass man nicht auf das „befürchtete Fracking“ setze, sondern es sich um die Erschließung einer konventionellen Erdöllagerstätte handele. Im Rahmen der Erschließung der konventionellen Lagerstätte werde auf ein Verfahren gesetzt, dass bereits in den 60er und 70er Jahren in Lütow zum Einsatz gekommen sein soll. Die Frackflüssigkeit werde hierbei mit Keramiksand zersetzt, sodass das Trinkwasser als „wichtigste Lebensgrundlage absolut geschützt“ sei. Die Demonstranten schenken den Äußerungen des Konzerns hingegen wenig Glauben.

Protestler halten CEP-Äußerungen für unglaubwürdig

Schematische Darstellung potentieller Umweltrisiken einer Fracking-Bohrung

Schematische Darstellung potentieller Umweltrisiken einer Fracking-Bohrung

„CEP hält uns für dumm, Fracking bringt die Umwelt um!“, lautet der Schlachtruf der Demonstrierenden. Unter ihnen befand sich neben aus der Lokalpolitik bekannten Gesichtern auch der Schauspieler Andreas Hoppe, der Tatort-Zuschauern als TV-Kommissar Kopper bekannt sein dürfte. Hoppe ist nach eigenen Angaben seit langem an Umweltschutz interessiert und folgte, nicht zuletzt, weil er „sein Herz an Usedom verloren“ habe, wie Christa Labouvie es meinte, der Einladung des Anti-Fracking-Bündnisses. In seiner Rede erwähnte Hoppe bereits in Kanada entstandene Umweltschäden und wies darüber hinaus auf den Umstand hin, dass der Staat inzwischen aus dem Kyoto-Protokoll ausgestiegen sei, um jenes Förderungsverfahren intensivieren zu können.

„Es ist vollkommen unmöglich, Fracking zu betreiben, ohne dass dabei Chemikalien zum Einsatz kommen!“, weisen die Gegner die Beschwichtigungen des Ölkonzerns zurück. Überdies werden heftige Vorwürfe gegenüber jenen Experten erhoben, die zur Anhörung im Landtag zugegen gewesen sind: „Die Experten sind von der CEP gekauft!“ Daher sei die Unabhängigkeit dieser Experten anzuzweifeln.

Bergbaufolgeschäden befürchtet

Demgegenüber wiesen CEP-Vertreter während einer Anhörung vor dem Landtag darauf hin, dass „Einheimische“ der Erdölförderung mehrheitlich aufgeschlossen gegenüber stünden und lediglich „Zugezogene“ Probleme damit hätten. Dieser Behauptung widersprachen einige Nicht-Zugezogene vehement. Viele Usedomer befürchten einen Rückgang der Tourismuszahlen auf der Insel, wenn sich Fracking in der Region etablieren würde.

Zudem werden Folgeschäden durch die Erdbeben verursachenden Bohrungen befürchtet. „In Söhlingen gibt es inzwischen kein Haus, das nicht durch Erdbeben geschädigt ist. Ursache für die Erdbeben waren Erdgasbohrungen nach dem Fracking-Verfahren“, ist während eines Redebeitrages zu hören. „Aus diesem Grund hat das Land Niedersachsen Fracking verboten“, heißt es im Folgenden.  „Ich bin Wirtschaftswissenschaftler und kenne den Kapitalismus. Und ich weiß, dass, wenn Umwelt und Kapital eine Ehe eingehen, dass das Ganze nicht funktioniert. Es wird zumindest eine sehr ungute Beziehung“, machte Dr. Harald Wilde von der Fachhochschule Stralsund aufmerksam. Er wies innerhalb seines umfangreichen Redebeitrages darauf hin, dass das Fracking-Verfahren nicht ansatzweise nachhaltig sei. Die ökologischen Schäden seien nicht kalkulierbar und auch ökonomisch betrachtet sei die Erdölförderung in dieser Region alles andere als gewinnbringend. Wilde geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass durch die Erdölförderung mehr Arbeitsplätze im Tourismus verloren gehen, als durch die Bohranlagen entstehen würden.

Fotos: Galeriebilder Tom Peterson (ohne CC-Lizenz), CEP-Pressefoto (ohne CC-Lizenz), Mikenorton/ Wikimedia-Commons